"Wir sind an der Belastungsgrenze", sagte Matthias Keller, Leiter der Kinderklinik Dritter Orden in Passau und Vorsitzender der süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Die Zimmer seien oft doppelt belegt, es fehlten zum Teil Monitore, um die Kinder zu überwachen und Geräte zur Atemunterstützung. "Wir haben Regionen in Bayern, wo wir schon im Normalzustand auf Kante genäht sind." Die Folge: "Manche Patientenzimmer sind wie Bettenlager, da muss man wirklich über die Betten krabbeln, um zum kranken Kind zu kommen, weil sich Elternbett an Patientenbett reiht."
Außerhalb des Freistaates ist die Lage nicht besser. "Von 110 Kinderkliniken hatten zuletzt 43 Einrichtungen kein einziges Bett mehr auf der Normalstation frei. Lediglich 83 freie Betten gibt es generell noch auf pädiatrischen Kinderintensivstationen in ganz Deutschland - das sind 0,75 freie Betten pro Klinik, also weniger als eines pro Standort", teilte die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) in München mit.
Einen der Hauptgründe für die Infektionswelle sehen die Mediziner in den Corona-Maßnahmen. Normalerweise steckten sich 90 Prozent aller Kinder in den ersten beiden Lebensjahren mit dem RS-Virus an. "Das hat nicht stattgefunden, dann fehlen die Antikörper, deshalb haben wir jetzt diese ausgeprägte Welle", erläuterte Keller.
Zudem habe die Pandemie "die Infektwellen über das Jahr, die normalerweise einem gewissen Rhythmus erfolgen, verschoben, so dass wir seit einem Jahr eine kontinuierliche Infektwelle haben", sagte Dominik Ewald, Vorsitzender des hiesigen Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Krippen- und Kindergartenkinder seien ebenso wie Grundschüler einem andauernden Infektstress ausgesetzt, der das Immunsystem nie richtig zur Ruhe kommen lasse.
Holetschek appellierte an alle Pflegekräfte, die nicht mehr in dem Beruf arbeiten, in der Krise zu helfen: "Die aktuelle RSV-Welle trifft die beruflich Pflegenden mit voller Wucht - das gilt insbesondere für Kinderpflegerinnen und -pfleger! Jede weitere helfende Hand zählt." Trotz der schwierigen Lage müsse sich niemand Sorgen machen, dass kranke Kinder nicht behandelt würden.