Kampf gegen die Fluten Das ist die aktuelle Hochwasser-Lage

Markus Brauer/

Das verheerende Hochwasser bringt Tausende Menschen von Polen über Tschechien und Rumänien bis nach Österreich in große Not. Jetzt bedrohen die Wassermassen auch Regionen in Deutschland.

 
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Das Hochwasser der Elbe tritt in der Flutrinne zwischen den Dresdner Stadtteilen Kaditz und Mickten über das Ufer. Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Unmengen von Wasser und Schlamm, aber endlich auch Hoffnung auf nachlassenden Regen: In weiten Teilen des riesigen Katastrophengebietes von Rumänien, Polen über Tschechien bis Österreich und Deutschland herrscht weiter Land unter.

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Weite Flächen sind überflutet

Straßen und Felder sind überschwemmt, Keller und Häuser vollgelaufen, Dämme und Deiche teils zerstört. Im Osten Deutschlands müssen sich die Menschen an Oder und Elbe auf die Wasserwalze aus Zuflüssen in angrenzenden Ländern einstellen. An diesem Dienstag (17. September) wird in einigen der betroffenen Gebiete mit nachlassenden Niederschlägen gerechnet.

Bisher kamen mindestens 18 Menschen beim verheerenden, tagelangen Regen ums Leben. In Österreich wurde am Montagabend ein weiterer Toter in den Fluten entdeckt. Ob der etwa 40- bis 50-jährige Mann auch ein Hochwasser-Opfer ist, blieb zunächst unklar. Zahlreiche weitere Menschen werden vermisst.

Innenstadt sieht aus wie nach Bombenexplosion

  • In der polnischen Kleinstadt Klodzko rund 100 Kilometer südlich von Breslau sah ein Teil der Fußgängerzone aus wie nach einer Bombenexplosion. In den Läden im Erdgeschoss waren Schaufenster und Türen herausgerissen. Drinnen waren Regale umgestürzt, lose Kabel hingen herum. In Klodzko war die Glatzer Neiße, ein Nebenfluss der Oder, über die Ufer getreten.
Klodzko (Glatz): Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde die Stadt von Wassermassen überflutet. Foto: PAP/Dariusz Gdesz/dpa
  • In der Kleinstadt Nysa rund 90 Kilometer südlich von Breslau (Wroclaw) drohen die Wassermassen der Glatzer Neiße einen Deich zu durchbrechen, der das Stadtzentrum schützt. In der Nacht halfen viele Bewohner der Stadt den Einsatzkräften von Armee und Feuerwehr, die angegriffene Stelle im Deich mit Sandsäcken zu verstärken.
  • Ebenfalls in Nysa drang das Wasser in die Notaufnahmestation des örtlichen Kreiskrankenhauses ein. 33 Patienten wurden mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht, darunter Kinder und Schwangere.
Dieses von der polnischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Foto zeigt ein überschwemmtes Gebiet in der Nähe des Flusses Nysa Klodzka (Glatzer Neiße). Foto: KG PSP via AP/KG PSP/dpa
  • Mit vereinten Kräften kämpfen Menschen im Südwesten Polens gegen das Hochwasser. Örtliche Behörden ordneten Evakuierungen in Nysa sowie in Paczkow an. In der Kleinstadt im Südwesten Polens war ein Riss in der Staumauer eines Stausees festgestellt worden. 4900 Soldaten wurden zur Unterstützung der lokalen Behörden der vom Hochwasser betroffenen Gebiete abgestellt.
Aus einem Hubschrauber aufgenommenes Foto von den Überschwemmungen in der Nähe des Flusses Nysa Klodzka (Glatzer Neiße). Foto: AP/KG PSP/dpa

Umfangreiche Unterstützung für Opfer angekündigt

Regierungschef Donald Tusk kündigte für die Hochwasseropfer im Südwesten des Landes zudem die Bereitstellung von Hilfsgeldern in Höhe von einer Milliarde Zloty (rund 240 Millionen Euro) an.

In Österreich stehen nach Angaben von Kanzler Karl Nehammer aus dem Katastrophenfonds zunächst 300 Millionen Euro zur Beseitigung der Schäden zur Verfügung. Der Hilfstopf könne bei Bedarf noch aufgestockt werden, hieß es.

Dresden: Bange Blicke gehen nach Tschechien

  • In Sachsen richtet sich der bange Blick auf Tschechien und die Elbe. Wassermassen aus dem Nachbarland erreichen mit Verzögerung Deutschland. In Dresden ist der Wasserspiegel der Elbe schon mehr als viermal so hoch wie der dortige Normalstand von 1,42 Metern, im Tagesverlauf wurde mit einem Überschreiten der Sechs-Meter-Marke gerechnet. Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter.
Absperrungen stehen gegenüber der Altstadtkulisse auf den von der Elbe überfluteten Elbwiesen. Foto: dpa/Robert Michael
Die Anleger für die Schiffe der Sächsischen Dampfschifffahrt sind vom Hochwasser der Elbe umspült. Im Hintergrund ist die Altstadtkulisse und die teilweise eingestürzte Carolabrücke zu sehen. Foto: dpa/Robert Michael

Wieder steigende Pegelstände in Bayern

  • Der ergiebige Regen im Süden und Osten von Bayern soll laut Prognose des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bis zum Dienstagmittag nachlassen. Vorher müssen sich die Menschen aber auf erneut steigendes Wasser einstellen.
Ein Schild warnt vor dem Hochwasser des Flusses Regen im bayerischen Cham. Foto: dpa/Armin Weigel
  • In Passau überschritt der Pegelstand der Donau am frühen Morgen den Richtwert der Warnstufe 3, wie der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete. Mehrere Straßen, Fußwege und Parkplätze wurden gesperrt.
  • Auch der Fluss Sempt in Oberbayern schwillt nach einem ersten Rückgang des Wassers wieder an. Am Pegel Berg nahe der Gemeinde Wörth (Landkreis Erding) wurde ebenfalls die Warnstufe 3 erreicht.
Die aktuelle Hochwasserlage im Süden und Osten Deutschlands. Foto: dpa-Infografik

Tschechien setzt Armee im Katastrophengebiet ein

Die Regierung in Tschechien beschloss wegen der Hochwasser- und Überschwemmungskatastrophe den Einsatz der Armee. Es sei geplant, dass bis zu 2000 Soldaten mit entsprechender Technik die zivilen Behörden bis Ende Oktober unterstützen, wie Verteidigungsministerin Jana Cernochova mitteilte.

Ein Mann bewegt sich über Hochwasser in Litovel im Osten Tschechiens. Foto: CTK/Deml Ondřej/dpa

Armeehubschrauber sollen Menschen in den am stärksten betroffenen Regionen im Nordosten Tschechiens mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgen. Soldaten sollen zudem bei den Aufräumarbeiten nach der Flut helfen.

Rettungskräfte arbeiten im Hochwasser in Chomutov nahe der deutschen Grenze. Foto: CTK/Deml Ondřej/dpa

Nach intensivem Regen sind in Tschechien zahlreiche Flüsse und Bäche über die Ufer getreten. Bisher wurden drei Todesfälle bestätigt, mindestens sieben weitere Menschen gelten als vermisst.

Velké Zernoseky (Groß Tschernosek): Boote liegen bei Hochwasser im sicheren Hafen des Žernosecké-Sees. Foto: CTK/Hájek Vojtìch/dpa
  • In Ostrava, der drittgrößten Stadt des EU-Mitgliedstaats, kam es zu Dammbrüchen am Zusammenfluss von Oder und Opava. Vielerorts sind Geschäfte und Supermärkte überflutet, Wasser- und Stromversorgung sowie die Mobilfunknetze ausgefallen.
Mitglieder der Hochwasserkommission überwachen den Zustand des Flusses Moldau in Prag. Foto: XinHua/Dana Kesnerova/dpa

In Österreich herrscht Sorge vor Dammbrüchen

  • Im Osten Österreichs herrscht große Sorge vor weiteren Dammbrüchen. „Es besteht höchste Dammbruchgefahr“, heißt es von den Behörden. Mehr als 200 Straßen in Niederösterreich waren gesperrt, 1800 Gebäude geräumt worden. Es gab auch Stromausfälle.
  • In Niederösterreich waren in den vergangenen Tagen regional bis zu 370 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen - ein Mehrfaches der üblichen Monatsmenge.
Böheimkirchen: Im Ort Prinzersdorf in Niederösterreich ist eine Möbelschreinerei vom Wasser umschlossen, Mitarbeiter wurden evakuiert. Foto: dpa/Christoph Reichwein
  • In Wien gibt es noch Probleme im öffentlichen Verkehr. Am Wienfluss, der sonst als Rinnsal, seit Sonntag aber als reißender Fluss mitten durch die Stadt geht, gab es leichte Entspannung.
Zillenfahrer der Feuerwehr im vom Hochwasser getroffenen Rust im Tullnerfeld. In Niederösterreich kommt es weiterhin zu starken Niederschlägen und Überschwemmungen. Foto: APA/Helmut Fohringer/dpa

Sieben Tote in Rumänien

  • In Rumänien ist vor allem der Osten des Landes betroffen. Am Montag (16. September) sei das siebte Opfer im ostrumänischen Dorf Grivita nahe der Stadt Galati gefunden worden, berichtete die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax unter Berufung auf den Katastrophenschutz.
Ein Mann geht in einem von den Überschwemmungen betroffenen Hof im Kreis Galati. In Rumänien bleibt die Hochwasserlage weiter angespannt. Foto: XinHua/Cristian Cristel/dpa

Rund 6000 Bauernhäuser wurden vom Hochwasser erfasst, viele liegen in abgelegenen Dörfern. Menschen kletterten auf Hausdächer, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz.