Jeanne Fredac: Wider den Konsumwahn

Von Michael Weiser

Verlassene Orte haben ihre Reize. Auch für die Fotografin Jeanne Fredac. Die dann diese "Lost Places" doch wieder verließ, um ein größeres Thema anzupacken. Zu sehen - im Kabinett des Kunstmuseums.

 
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Es war wie im richtigen Leben. Man hatte sich auf etwas geeinigt, und dann kam etwas anderes. Nicht, dass Kunstvereinschef Hans Hubertus Esser damit Probleme hätte, im Gegenteil. Aber es ist schon so: Im Kunstkabinett des Kunstmuseums sind gerade nicht nur „Verlassene Orte“ zu sehen. Genauer ist von der ursprünglich gedachten Ausstellung nur noch ein Foto übrig geblieben. Künstlerin Jeanne Fredac hat vielmehr ihre Aufgabe weiter gefasst. Und so eine neue Ausstellung zusammengestellt, die nun von der Vergänglichkeit allgemein kündet. Und von billigem Einkauf und schnellem Überdruss, kurz: vom Konsumwahn. „Ex- und Hopp-Gesellschaft“ – so heißt nun die aktuelle Ausstellung im Kabinett. „Künstler sind doch keine Beamten“, sagt Jeanne Fredac. „Freiheit muss schon sein.“

Wider den Konsumwahn

Man sieht also unter anderem: ein Bild von einem Gebäude, das noch im Verfall so etwas wie Größe ausstrahlt. Und fragt sich, warum eigentlich so viel gutes Altes abgerissen wird, um Platz schaffen für irgendeinen neuen Schrott, der in zehn Jahren schon wieder baufällig ist. Man sieht eine Latzhose und Schuhe, vielfach geflickt. Und entdeckt Konsumverweigerung solcherart gleichermaßen als ästhetisches Problem wie als Kunstform.

Die Fotos dürfen auch noch kommen

Packungen von Druckerpapier regen zum Nachdenken übers papierlose Büro an. Als Kontrast zum glatten, einheitlichen, gesichtslosen Papierprodukt hat die Künstlerin ein Stück Baum, charaktervoll zerfurcht, hinzugefügt. Ein Punching Ball lädt zum Losdreschen ein, bis man feststellt, dass es sich um den Erdball handelt. Tückischerweise fehlt das „Nicht berühren“-Schild. In einem Video hat Fredac den Exodus der Gegenstände inszeniert. Das ist eine schöne und kurzweilige Choreografie, man darf raten, was als letztes liegen bleibt. Und welche Farbe das Auto der Künstlerin hat. „Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, wenn man den Menschen ein schlechtes Gewissen einredet“, sagt Jeanne Fredac. „Man kommt mit Humor viel weiter.“ Das stimmt. Und ganz besonders weit kommt man womöglich mit Bildern pittoresker Morbidität und würdevollen Verfalls. Im Kabinett ist auch der Katalog „Verlassene Orte“ zu finden. Man blättert drin und sieht Bilder, die sich in ihrer Qualität vom üblichen Ruinen-Porno weit abheben. Also, diese Fotos von Frau Fredac würde man gerne auch noch mal in Bayreuth sehen.

INFO: Im Kabinett des Kunstmuseums, bis 14. Juni. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, jeweils 10 bis 17 Uhr.

Bilder