Jahrzehnte lang Chefin einer Bayreuther Institution: Margot Rösner feiert Geburtstag Margot Rösner: Das Gesicht der Bayreuther Milchbar wird 85

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Die Erinnerungen sprudeln, als hätte sie die Milchbar gestern erst zugesperrt. Margot Rösner, die Chefin der Milchbar, wird 85. Foto: Eric Waha Foto: red

Milchbar. Seit Jahrzehnten verschwunden. Aber immer noch in den Köpfen der Bayreuther und vieler Gäste der Stadt präsent. Ein Treffpunkt. Im Sommer wie im Winter. Besonders natürlich zur Festspielzeit. Bekannt für handgemachtes Eis, für unendlich viele Milchgetränke. Für legendären Milchreis. Die Frau, die für die Milchbar gelebt hat, wird heute 85 Jahre alt. Margot Rösner, die Chefin einer Bayreuther Institution.

 
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Die Erinnerungen auf Papier füllen ein paar Karton-Sammelordner. Bilder. Zeitungsberichte. Die eine oder andere Karte, wunderschön aufgemacht, mit den typischen Zeichnungen der 50er Jahre. Die schönen Geschichten über die Zeit mit der Milchbar, mit ihrem Mann Rudi Rösner, aber hat Margot Rösner im Kopf. So frisch, als hätte sie erst gestern den Schlüssel rumgedreht und die Milchbar in jüngere Hände gegeben. Aber: Das war schon 1980. Nach einer intensiven Zeit. In der sich alles im Leben der Rösners um Milch, um Eis, um die Gäste gedreht hat.

Margot Rösner erzählt wunderschön. Es sind so viele Details, die wie Puzzleteile an ihren Platz fallen. Ein Bild ergeben. Vom Sternplatz, später vom Luitpoldplatz, vom geschwungenen Schriftzug „Milchbar“. Margot Rösner kommt durch puren Zufall zum Eis und zu ihrem Mann. In Hof geboren als Tochter des kaufmännischen Direktors des Milchhofs - „so hat sich für mich irgendwie auch ein Kreis geschlossen“, sagt sie - macht sie erst eine Ausbildung zur Kaufmanns-Gehilfin, wie das damals heißt. Und als in Hof eine Milchbar eröffnen soll, weckt das ihr Interesse. Sie geht nach Ruhpolding, macht einen Kurs. Einen Milchbar-Kurs. Denn Milchbars sind der letzte Schrei Anfang der 50er Jahre. „Man hat sich offenbar nach ein bisschen Luxus gesehnt“, sagt Gaby Rösner-Oliver, die Tochter Margot Rösners.

Dort trifft Margot Rösner 1953 auf ihren Zukünftigen. Der ist 16 Jahre älter, hatte seit 1947 eine Eisdiele in Bayreuth in der Badstraße, will ebenfalls eine Milchbar in Bayreuth aufmachen. Wozu auch er den Kurs braucht, wo man den Umgang mit Milch beigebracht bekommt. „Bei ihm hat es offenbar sofort gefunkt. Ich musste erst mal noch ein bisschen schauen“, sagt sie. Bei einem Ausflug des Kurses sagt er im Vorbeigehen zu ihr, sie könne bei ihm im Wagen mitfahren: „Das war schon etwas anderes, als ich es so kannte: ein Borgward. Da dachte ich mir, da setz ich mich schon rein.“

Ein Jahr später heiraten die beiden, kurz darauf eröffnen sie die Milchbar an der Ecke der Badstraße zum Sternplatz. „Ich konnte mich nicht mal richtig von der Hochzeit erholen.“ Es bleibt turbulent. Denn die Milchbar wird der Treffpunkt in Bayreuth. Erst am Sternplatz, ab 28. September 1962 auch am Luitpoldplatz, wo der Milchhof ein Gebäude baut, das Rudi Rösner pachtet. „Die Presse“, sagt Margot Rösner und lacht, habe sich damals förmlich überschlagen. Ein neuer Glanzpunkt für Bayreuth sei da entstanden. Ein Brunnen mit 14 Fontänen und 14 Unterwasserscheinwerfern. Interessante Architektur, geschwungener Tresen. Nicht nur am Eröffnungswochenende reicht die Terrasse für die vielen Gäste nicht aus.

Die Bayreuther kommen. Die Gäste der Stadt. Die Künstler der Festspiele. Geschichten über die Milchbar dürfen in keinem Buch fehlen, das über Bayreuth geschrieben wurde. Hier traf man sich. Eiscreme-Soda, Flips, Milch-Shakes, „und natürlich vor allem der Milchreis. Für den waren wir berühmt“, sagt Margot Rösner. Opernstar Anja Silja, die nicht nur Wieland Wagner den Kopf verdrehte, war verrückt danach: „Sie kam immer mit ihrem Cabrio - weiß mit roten Ledersitzen - fuhr ganz nah ans Fenster in der Badstraße heran und sprang über den Beifahrersitz durchs offene Fenster herein. Ihre erste Frage: Gibt’s noch Milchreis?“ Die Liebeserklärungen vor allem der Festspielkünstler füllen das in braunes Leder gebundene Gästebuch. René Kollo, Ivan Rebroff, der Weltumsegler Rollo Gebhardt, Fußball-Weltmeister Fritz Walther. Sie alle waren da. Oder kamen immer wieder. Wie Gwyneth Jones, die den Rösners schrieb: „Zu einem guten Sommer gehört die Arbeit im Festspielhaus und die Erfrischung in der Milchbar.“

Erinnerungen an die Milchbar, die sich eingebrannt haben. Wie bei Margot Rösner der Geschmack des Eises, das ihr Mann gezaubert hat. „Mein Mann hatte eine ganz feine Zunge, er konnte wunderbar abschmecken.“ Die Frische der Zutaten, das saisonale Eis ohne Schnickschnack und übertriebene Süße, dafür war er berühmt. Die Rezepte, die hütet Margot Rösner wie einen Schatz. „Die geb ich auch nicht her“, sagt sie. Nur die Geschichten, die teilt sie gern. Von der Milchbar, deren Chefin sie war.

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