Jahres-Pressekonferenz „Wir bauen zum falschen Zeitpunkt“

Die Maske macht deutlich: Corona hat 2021 bestimmt und wird auch 2022 bestimmen. Oberbürgermeister Thomas Ebersberger am Mittwoch bei der Jahres-Presskonferenz im Großen Sitzungssaal des Neuen Rathauses. Foto: Eric Waha/Eric Waha

Auf dem Papier steht Bayreuth gut da. Aber die Entwicklung sieht alles andere als rosig aus. Das sagt Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) in seiner Jahres-Pressekonferenz am Mittwoch. Die Stadt steht vor massiven Investitionen, die immer wieder aufgeschoben worden waren. Eine Belastung gerade im Schulbau-Bereich, die eine Überlastung zu werden droht.

 
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Bayreuth - Ein ungewöhnliches Jahr ist zu Ende gegangen, geprägt – erneut – von Corona. Ein spannendes Jahr wartet auf die Stadt Bayreuth. Ein Jahr, in dem die Stadt bei rapide sinkenden Gewerbesteuereinnahmen Investitionen vor der Brust hat, die die Stadt gerade im Schulbau-Bereich „aufs Äußerste belasten, wenn nicht sogar schon überlasten“, wie Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) am Mittwoch in seiner Jahres-Pressekonferenz im Rathaus sagt. Einige Eckpunkte „des Parforceritts durch das vergangene Jahr“, wie Ebersberger die Bilanz und des Ausblicks auf 2022 selbst nennt.

Die finanzielle Situation: Auf dem Papier, sagt Ebersberger, stehe Bayreuth noch vergleichsweise gut da. Noch. Denn schon für die kommenden Haushaltsberatungen wird sich der Stadtrat mit einer problematischen Situation befassen müssen. Wie bereits im Exklusiv-Interview mit dem Kurier angeschnitten, macht Ebersberger mehrere Faktoren aus, die es schwierig werden lassen in den kommenden Jahren: „Wir rechnen mit nicht einmal 60 Millionen Euro Gewerbesteuer-Einnahmen für 2021“, sagt Ebersberger. Optimistisch mache ihn, „dass es noch einmal gelungen ist, die Schulden der Stadt zu reduzieren, auf 58 Millionen Euro, auf den niedrigsten Stand seit Jahren“. Gleichzeitig habe die Stadt „auch aufgrund der Zuwendungen vom Freistaat“ – hier flossen 5,7 Millionen Euro Ausgleich für Gewerbesteuerausfälle – „eine hohe Liquidität von derzeit 86 Millionen Euro“. Das sorge dafür, dass die Stadt eine hohe Kreditwürdigkeit genießen dürfte, die sie aber angesichts der vielen Projekte auch brauchen werde. Denn: Viele Projekte, die die Stadt schultern müsse, „werden wir mit Schulden finanzieren müssen“, sagt Ebersberger auf Kurier-Nachfrage. Kredite, die aber „günstig zu bekommen sind derzeit. Teilweise mit Null Prozent Zinsen“.

Bauprojekte: Schul-Neubauten und Schul-Sanierungen sind Schwerpunkte und Kostentreiber für die Stadt. Ebersberger nennt die 132 Millionen Euro für die Gewerbliche Berufsschule, nennt die gestartete Sanierung der Graserschule, die der Volksschule Meyernberg, die im Herbst startet, nennt die Asbest-Sanierung der Albert-Schweitzer-Schule (ASS), die nach vielen Materialproblemen bald – aber mit deutlicher Verspätung – zu Ende gehen wird. Schnell habe man die Glasfaser-Anbindung der 23 Schulen zu Ende bringen können. „Wegen Corona waren wir einige Monate vor der Zeit fertig“, sagt Ebersberger. Parallel dazu: Die Sanierung des Friedrichsforums, die „Ende 2023“, wie Ebersberger sagt, zu einem Ende kommen soll, bei der aber nicht auszuschließen sei, dass die 85 Millionen Euro Bausumme wackeln könnte. „Steigende Baupreise von 15 Prozent, aber auch deutlich mehr: etwa 40 Prozent beim Zimmerer und den Holzpreisen“ macht Ebersberger für die Entwicklung verantwortlich.

„Wir bauen zum falschen Zeitpunkt“, sagt Ebersberger. Aufschieben aber bringe wenig: „Was begonnen wurde, soll auch umgesetzt werden.“ Es nütze nichts, „von einer Planung zur nächsten zu springen, wir müssen endlich die Dinge umsetzen, dürfen uns nicht verzetteln“, sagt Ebersberger. Dabei könne gerade in der Bauverwaltung auf immer weniger – allerdings „gute und motivierte“ – Mitarbeiter zurückgegriffen werden. Die jedoch sollen die Projekte abarbeiten, mit denen sie befasst sind, nicht mit ständig neuen Aufgaben betraut werden.

Investitionen: Das Investitionsvolumen in Bayreuth sei nach wie vor hoch, konnte im Vergleich zu 2020 noch einmal gesteigert werden, sagt Ebersberger. „Bayreuth ist ein sehr attraktiver Standort für Unternehmens-Investitionen.“ 2021 habe man 366 Baugenehmigungen mit einem Volumen von 290 Millionen Euro erteilt, genauso viele wie 2020, nur mit fast 60 Millionen Euro höherer Investition. Herauszugreifen seien der Neubau des Medi-Towers, der gut sei für „400 neue Arbeitsplätze“, wie Ebersberger sagt, ebenso wie der Ausbau der Käserei Bayreuth, der nicht nur die modernste Schnittkäse-Produktion Europas, sondern auch eine Steigerung von 220 auf 300 Mitarbeiter umfasse. Der gewerbliche Wohnungsbau habe ebenso Fortschritte gemacht. Und: Die Brauerei Maisel investiert viele Millionen in ihren denkmalgeschützten Standort: Unter anderem mit dem Neubau des Liebesbier Urban Art Hotels samt Sanierung von Goldenem Löwen und Spiegelmühle und dem geplanten Neubau einer Logistikhalle. Aber auch dem geplanten Brauerei-Neubau in Oberobsang.

Wohnungsbau: Glücklicherweise, sagt Ebersberger, laufen zahlreiche Projekt, die „den Bayreuther Wohnungsmarkt entlasten werden“. Dazu tragen die Baugenossenschaften GBW oder Gewog ebenso bei wie private Investoren – mit Millionen-Investitionen. Und steigender Tendenz: Denn 2021 erteilte die Stadt 382 Baugenehmigungen, über 50 mehr als im Jahr davor. Allerdings werde man neben großen Geschosswohnungsbau-Projekten wie am Kreuzstein auf dem Post-Areal oder der Neuen Mitte Kreuz, „für die wir aber erst das Rathaus II absiedeln müssen“, auch die Entwicklung bei den Wohngebieten für Einfamilienhäuser vorantreiben müssen. „Über 300 Bewerbungen junger Familien um bezahlbaren Baugrund“ lägen in Bayreuth vor. „Es kann nicht sein, dass wir die von Bayreuth wegschicken müssen“, sagt der Oberbürgermeister. Deshalb sollen Ausweisungen von Baugebieten wie am Eichelberg – „deutlich reduziert auf 60 Wohneinheiten“ – vorangetrieben werden. Deutlich schneller als bisher: „Das Verfahren Eichelberg läuft seit sechs Jahren. Was das an Personal bindet, kann sich jeder an fünf Fingern abzählen“, sagt Ebersberger.

Bahn-Anbindung: „Eine Mammutaufgabe“ nennt Ebersberger die Klimaschutz-Ziele der Stadt, unter anderem den Grundsatzbeschluss der CO2-Neutraliät bis 2040. Die Stadt habe hier deutlich schlechtere Karten als der Landkreis. Ein wichtiger Baustein sei neben dem Ausbau der Nah-Mobiliät die Bahnanbindung – vor allem mit der Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale. Die Stadt sei hier „sehr aktiv“, gerade weil sich „einige Probleme neu entwickelt“ hätten. Zwar sei die Elektrifizierung der Strecke „eines der acht vordringlichen Projekte im Koalitionsvertrag“, aber „durch den Deutschland-Takt hat sich die Situation für Bayreuth verschlechtert“.

Sport: Die Stadt steht dazu: Wenn die Spielvereinigung Bayreuth in die dritte Liga aufsteigen sollte, „was in meinen Augen passieren muss“, wie Ebersberger sagt, müsse die Stadt das Geld für den Bau des Flutlichts im Hans-Walter-Wild-Stadion ebenso in die Hand nehmen wie im vergangenen Jahr für den geförderten Rasen-Austausch und den Bau der Voraussetzungen der Rasen-Heizung, „die ich für meinen Teil nicht gebraucht hätte“. Auch der Austausch der Sitze auf der Haupttribüne, „den man schon seit 20 Jahren vor sich her schiebt“, werde man jetzt angehen.


Die Aufzeichnung der Pressekonferenz ist unter www.bayreuth.de zu sehen.

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