Inthronisierung Japans Kaiser trifft Sonnengöttin

Japans Kaiser Naruhito (M) geht in Richtung Sukiden, eine von zwei Haupthallen am Schrein für Daijosai. Foto: Uncredited/Kyodo News/dpa Foto: dpa

Fackeln in der Nacht, mystische Rituale und ein geheimnisvolles Bett: Mit einer jahrhundertealten und geheimnisumwitterten Zeremonie hat Japans Kaiser Naruhito den letzten Akt zu seiner Inthronisierung vollzogen. Doch nicht jeder ist glücklich über den religiösen Ritus.

 
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Tokio - In einer mystischen Nacht bei Fackelschein hat Japans Monarch Naruhito im geistigen Zusammentreffen mit der Sonnengöttin Amaterasu Omikami den letzten Akt seiner Kaiserwerdung vollzogen.

Bei der jahrhundertealten und geheimnisumwitterten Zeremonie "Daijosai" in einer eigens hierzu im Palastgarten im Herzen Tokios errichteten Schrein-Anlage dankte der 59 Jahre alte Monarch der Göttin, deren Nachfahre er den Mythen zufolge ist, und anderen Shinto-Göttern für die Reisernte. Er betete für Frieden und Wohlstand seines Landes.

Mit Vollzug dieser mythenumwobenen und umstrittenen Zeremonie ist Naruhito, der am 1. Mai die Nachfolge seines abgedankten Vaters Akihito (85) angetreten hatte, seit dem frühen Freitagmorgen (Ortszeit) endgültig in die Reihe der Kaiser aufgenommen. Es war die letzte von drei großen Zeremonien zu seiner Inthronisierung.

Zwar waren insgesamt 510 Zeugen in den Palast eingeladen worden, darunter die Spitzen von Politik und Bürokratie. Sie beobachteten das Geschehen außerhalb der Schreinanlage, während sich Mitglieder der Kaiserfamilie in Nebengebäuden verbeugten. Doch im Innersten der Schreinanlage war der in weiße Gewänder gekleidete Kaiser allein.

Was sich genau in der Nacht zum Freitag in der hölzernen Halle des riesigen Schreinkomplexes abspielte, darüber gibt es für Normalbürger des Inselreiches keine präzisen Informationen. Der Kaiser selbst wird nur durch seinen Vorgänger informiert. Bekannt ist, dass sich Kaiser Naruhito nach einer rituellen Reinigung dort - im Geiste - mit der Sonnengöttin allein im Raum aufhielt, wo sich ein Bett befindet.

Fachleute wie Shoji Okada, Ehrenprofessor der Universität Kokugakuin, sprechen von einem Erntedankfest. Demnach opfert der Kaiser mit Hilfe zweier Dienerinnen der Sonnengöttin und anderen Shinto-Göttern Reis, Meeresfrüchte und Sake aus Teilen Japans.

Manche Experten meinen, das Bett in dem Raum sei Ruheplatz für die Gottheit und werde vom Kaiser nicht mal berührt. Gerüchte, der Kaiser schlafe mit der Sonnengöttin, um Göttlichkeit zu erlangen, wiesen Hofbeamte scharf zurück. Die Legende will es, dass der Ururenkel von Amaterasu Omikami, Jimmu-Tenno, angeblich im Jahre 660 vor Christus das Yamato-Reich gründete und damit der erste Kaiser Japans wurde. Kaiser Naruhito ist demzufolge der inzwischen 126. Tenno des Landes.

Naruhitos Vater Akihito war der erste Kaiser, der sein Amt nicht mehr als Gott antrat. Dessen 1989 gestorbener Vater Kaiser Hirohito, posthum Showa-Tenno genannt, hatte am 1. Januar 1946 in seiner sogenannten Menschlichkeitserklärung der Göttlichkeit des Kaisers entsagt. In seinem Namen war Japan in den Zweiten Weltkrieg gezogen.

"Der Sinn des Daijosai ist es, dass sich der Kaiser für die Ernte bedankt und betet, dass die Natur in den Bergen und an den Flüssen sich beruhigt. Vor dem Hintergrund, dass wir so viele Naturkatastrophen haben, ist es von großer Bedeutung, dass der Kaiser um Wohl und Frieden der Menschen betet", wurde Okada zitiert.

Kritiker beklagen aber, dass die tiefreligiöse Zeremonie vollständig vom Staat finanziert wird, obwohl die japanische Nachkriegsverfassung eigentlich eine strikte Trennung von Staat und Religion vorschreibt. Gegen die Verwendung von Steuergeldern für die Zeremonie - die Gesamtkosten belaufen sich laut japanischen Medien auf mindestens 2,4 Milliarden Yen (rund 20 Millionen Euro) - gibt es in Japan sogar Klagen vor Gericht. Selbst Kronprinz Fumihito, der jüngere Bruder von Kaiser Naruhito, hatte im vergangenen Jahr kritisiert, dass der Staat die zutiefst religiöse Zeremonie finanziert. Die rund 30 im Palastgarten errichteten Gebäude werden im Anschluss wieder abgebaut.

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