Interview: Studentin Jasmin Dörr forscht zu Sadomasochismus 50 Shades of Grey: "Viele Frauen können sich sowas vorstellen"

Jasmin Dörr, Studentin an der Uni Bayreuth, beschäftigt sich mit Sadomasochismus. Im Interview erklärt sie, was sie von dem Erotik-Roman "50 Shades of Grey" hält, dessen Verfilmung heute ins Kino kommt.

 
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Jamie Dornan und Dakota Johnson in einer Szene des Films "Fifty Shades of Grey". Foto: dpa Foto: red

Heute Abend startet „50 Shades of Grey“. Schon Karten reserviert?
Jasmin Dörr: Leider nicht. Ich habe mich auf den Facebook-Aufruf Eures Kinoredakteurs gemeldet, aber der hat nicht reagiert.

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Mist. Dabei würde es perfekt passen - Du hast Deine Bachelorarbeit über Sadomasochismus geschrieben.
Dörr: Kein Problem, den Film schaue ich mir so oder so an. Vielleicht schreibe ich sogar meine Masterarbeit darüber.

Über die Hollywood-Version eines Softpornos? Nicht gerade klassischer akademischer Stoff …
Dörr: Wirft aber interessante Fragen auf! Zum Beispiel: Wie explizit werden bestimmte Praktiken dargestellt? Wie viel Voyeurismus wird bedient? Wenn wir ehrlich sind – etwas Neues bietet „50 Shades“ ja nicht. Das hat es alles schon gegeben.

… und viel besser!
Dörr: Ja, unbedingt. „Die Geschichte der O“ ist tausendmal besser als „50 Shades“.

Bemerkenswert ist aber, dass Sadomasochismus – lange Zeit ein Nischenthema – auf einmal gesellschaftsfähig ist.
Dörr: Sadomasochismus war lange praktisch gleichbedeutend mit Sexualstraftaten, Vergewaltigung, Folter und so weiter. Das hat sich deutlich geändert, ja. Die „50 Shades“-Bücher haben ihren Teil dazu beigetragen. Deutlich gemacht, dass es hier um Praktiken geht, auf die erwachsene Menschen sich freiwillig einlassen.

Im Roman unterwirft sich eine Frau einem Mann. Es geht um das Zufügen von Schmerzen.
Dörr: Schon, ja. Sie begibt sich in eine Abhängigkeit. Aber: freiwillig! Und tatsächlich gibt es Studien, die zeigen, dass viele Frauen sich so etwas durchaus vorstellen können.

Trotzdem: Das Frauenbild des Romans wird häufig kritisiert.
Dörr: Dafür habe ich, ehrlich gesagt, wenig Verständnis. Frauen werden heute in allen möglichen Zusammenhängen sexualisiert. Darüber regt sich niemand auf. Aber die Vorstellung, dass eine Frau Lust aus der Unterwerfung unter einen Partner beziehen könnte, bringt alle gleich auf die Palme. Gerade in der Sexualität geht es doch auch darum, sich fallenzulassen, Dinge einfach geschehen zu lassen.

Meinst Du, dass die Leute das auch zuhause ausprobieren?
Dörr: Kann schon sein, dass das einen gewissen Reiz hat. Die Sexindustrie stürzt sich ja gerade auf den Film, alle möglichen Produkte mit „50 Shades“-Bezug kommen jetzt in die Sexshops. Aber ich denke doch, dass die meisten Leute es bei der Fantasie lassen.

Jasmin Dörr, 24, studiert Literatur und Medien an der Universität Bayreuth. Wenn Sie sich nicht gerade mit Sadomasochismus beschäftigt, versucht sie sich als Fotografin.

Das Gespräch führte Christophe Braun.