Intervention in der Stadtkultur: Die Sübkültür feiert ersten Geburtstag

Von Michael Weiser
 Foto: red

Forum, Bühne, kulturelles Feuchtbiotop: Die Sübkültür im Forum Phoinix feiert ersten Geburtstag. Und zieht Bilanz - als eine Art Störfall im Bayreuther Kulturbetrieb.

 
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Wer Geburtstag hat, darf sich was wünschen, und wer schon beim ersten Geburtstag seine Wünsche artikulieren kann, ist um so besser dran. Wie die Sübkültür: Vor einem Jahr schlug der Sübkültür-Klub sein Quartier im Forum Phoinix an der Kämmereigasse auf. In dieser Zeit wurde der Klub nicht nur zur Bühne für Lokalmatadore, Gastspieler, Nachwuchskräfte und Stadtschreiber, sondern auch zum Forum. Und nun also der Wunsch: „Ein blühendes Künstlerhaus im Herzen der Stadt.“ Sagt Fergus Wuenschmann, Vorsitzender des Klubs. Ein Traum? „Noch“, sagt Wuenschmann.

In der Sübkültür wird heute abend gefeiert (siehe Seite 9). Wuenschmann zieht derweil Bilanz – und freut sich: „Über die Zusammenarbeit mit unseren Freunden vom Forum Phoinix, von der Schoko, vom Kontrast Filmfest, vom Iwalewahaus, vom Literatur-Café, vom Salon-Kino, von der Universität Bayreuth, mit Programmen wie den Interkulturellen Wochen und vielen mehr“. War da sonst noch was? „Ja, der Nachhall, den diese stadtkulturpolitische Intervention bewirkte, die folgenden Diskussionen über den Lebenswert unserer Stadt.“

Die Liste der Gäste kann sich sehen lassen. Stadtschreiber Volker Strübing spielte Geburtshelfer für die „stadtkulturpolitische Intervention“, es folgten Künstler wie der englische Comedian James Harris, der das Rathaus illuminierende Videokünstler Philip Geist, Farin Urlaubs Schlagzeugmaschine Rachel Rep, preisüberschüttete Literaten wie Ron Winkler. Bilder gab es zu sehen, Lesungen, Lesebühnen. Konzerte. Und nochmals Konzerte. Und auch die Hochkultur wurde gesichtet: Christian Schmölder, Vizeintendant der Bamberger Symphoniker, gab sich für eine Diskussion über die Zukunft der Kulturstadt Bayreuth die Ehre. Es ging dabei um Sachen, die immer noch aktuell sind und vielleicht noch viel mehr als vor einigen Monaten: Darum, wo in der Kulturstadt Bayreuth Kultur Stadt findet, wo der Platz fürs Spielen und Gedeihen zu finden sei, gerade für Nachwuchskünstler. „Lebenswert unserer Stadt“ – vielleicht hat Wuenschmann damit eine ganz gute Formel geliefert. Stadthalle, Welterbe, Landesgartenschau – geht es da um Prestigeprojekte, um Schaupolitik? Oder ist da auch noch was für die Bürger drin? „Lebenswert“ etwa?

Wuenschmann ist der Mann, der bei den Süb-Abenden vielleicht mal moderiert. Jemandem das Mikro reicht. Ansonsten hält er sich im Hintergrund, macht Dinge möglich, in dem kleinen Reich, das das Forum Phoinix den Leuten von der Sübkültür gewährt. Er und und ein harter Kern von vielleicht einem Dutzend Clubmitgliedern laden Künstler ein, bessern aus, putzen, halten die Abende am Laufen. Wuenschmann macht sich außerdem über die Zukunft des künstlerischen Feuchtbiotops Gedanken. Darüber, wie man das Haus erhalten kann, trotz aller Pläne, die Innenstadt aufzuforsten, profitabel zu machen. Es gibt ja da schon einiges, was ihn ärgert, und dazu gehört die im Grunde stets gefährdete Existenz des Anwesens an der Kämmereigasse. „Die unsicheren Verhältnisse für Kulturschaffende und parteipolitische Spiele mit kulturellen Grundbedürfnissen der Bürger dieser Stadt. Und die Verteilungskämpfe um Geld, Grund und Boden.“ Ja, sagt Wuenschmann, das ärgere ihn manchmal richtig.

Die Sübkültür am Dienstag kann man als Gegenentwurf zu dieser kalten Stadt sehen. Der Klub solle in den nächsten fünfzig Jahren offene Bühne, offener Raum für alle sein, „die eine Bühne brauchen und Sachen machen, die Lachen machen, Nachdenken machen, Geschichtsarbeit machen, Diskussionen und Dispute machen – eine Einladung an alle, die in Bayreuth Kunst und Kultur treiben“, sagt Wuensch-
mann.

Die „nächsten fünfzig Jahre“ – das klingt zum ersten Geburtstag wie eine geradezu größenwahnsinnige Ankündigung. Und ist wohl doch nur 
Wuenschmanns spezielle Art, seinen Mitstreitern zu gratulieren. Ein „ü“ sollte schon dabei sein. Fünf Jahre, das wäre natürlich auch gegangen. Aber vermutlich war ihm die Zeitspanne zu kurz erschienen, in dieser Stadt, die schon mal länger braucht, um entflammt zu werden.

 

INFO: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Wie viel, bekommen wir meist nicht mit. Dabei verbergen sich da spannende Geschichten. Die wir in unserer neuen Serie erzählen wollen. Was, zum Beispiel, treiben gerade Fergus Wuenschmann und die Sübkültür?