Impfpflicht ab dem 15. März Kliniken: „Wir werden im Stich gelassen“

Erst vor Kurzem – im Sommer 2021 – machten die Sana-Klinik-Mitarbeiter darauf aufmerksam, dass es eine vernünftige Personaluntergrenze geben müsse. Nun wird die Lage an vielen Standorten wohl noch schlimmer, denn ab dem 15. März dürfen ungeimpfte Mitarbeiter die Klinik nicht mehr betreten. Foto: Archiv/Klaus Trenz

Es ist eine große Herausforderung, die auf die einzelnen Kliniken und ihr Personal zukommt. Ab dem 15. März soll für die Beschäftigten eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gelten. Die Arbeitnehmer müssen dann entweder über ihren Impfstatus informieren oder ein ärztliches Attest vorlegen, dass sie nicht geimpft werden können. Ansonsten gilt ein Betretungsverbot für die Arbeitsstätte. Die einzelnen Kliniken der Region bereiten sich seit geraumer Zeit auf dieses Szenario vor und sind im engen Austausch mit den Angestellten.

 
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Pegnitz - Die Ausgangslage ist keine positive. Es fehlt an allen Ecken und Enden und die bereits gebeutelten Pflegekräfte werden weiter bestraft, ist sich Roswitha Schecklmann, Einrichtungsleitung des Brigittenheims, sicher.

Die Nerven liegen offensichtlich blank. Recht emotional berichtet die Leiterin über die von der Regierung herbeigeführte neue Situation. „Es wurden Gespräche geführt, aber für den kommenden 15. März gibt es keinen Plan B.“ Denn, von den 135 Angestellten sind 18 nicht geimpft, und jeder dieser Mitarbeiter werde gebraucht.

Innerhalb der nächsten zwei Monate muss Schecklmann dem Landratsamt melden, wer nicht geimpft ist. Diese Mitarbeiter werden im Nachgang angeschrieben und aufgefordert, sich impfen zu lassen.

Falls dieser Aufforderung nicht nachgegangen werde, gebe es ein Betretungsverbot für die jeweilige Arbeitsstätte. „Wir können diesen Ausfall gar nicht ausgleichen. Wenn das eintritt, dann wäre das verheerend für unsere Stationen.“

Keine Wiedergutmachung

Nicht erst seit Corona sei man am Limit. Es gebe so oder so schon wenig Personal. Zusätzlich zur Not der Einrichtungen sei diese Aufforderung nun das Schlimmste, das der Regierung habe einfallen können, meint sie energisch. „Die Pflege nach dieser langen Zeit abermals abzustrafen, das ist ein Unding. Ich bin generell für die Impfung, aber man sollte die Meinung der Leute auch akzeptieren. Es hat jetzt fast zwei Jahre wunderbar mit dem täglichen Testen geklappt.“ Zumal sie zu bedenken gibt, dass auch Geimpfte die Bewohner oder andere Mitarbeiter mit dem Virus anstecken können.

Es sei fahrlässig, zu denken, dass die einzelnen Häuser und Kliniken dies irgendwie abfangen könnten. So müsse das übrig bleibende Personal noch mehr leisten oder die Arbeit heruntergefahren werden. Im schlimmsten Fall breche Corona, Brechdurchfall oder der Norovirus im Heim aus oder es gebe anderweitige Ausfälle – dann müsse sie den Katastrophenschutz oder die Bundeswehr zu Hilfe rufen.

Es gebe schon lange keinen normalen Dienstplan mehr und die Reserven aller Beteiligten seien erschöpft. „Es gibt Mitarbeiter, die steigen aus der Pflege aus. Die wollen keine acht Stunden am Stück mehr mit Masken arbeiten und keine Wertschätzung dafür erhalten. Ich kann das verstehen.“

Selbst auf den Bonus, den die einzelnen Bereiche erhalten haben, lege man inzwischen keinen Wert mehr. Es fehle am Respekt und es gebe keinen Betrag, der diese Aufopferung wiedergutmachen könne.

Obendrein käme noch die Auflage, dass eine Fachkraftquote eingehalten werden müsse. Doch wie solle das möglich sein? Im Umkehrschluss dürften keine Bewohner mehr aufgenommen werden.

Obwohl diese Situation nicht neu für die Brigittenheim-Leitung wäre. „Es stehen täglich Menschen vor der Tür, die wirklich Hilfe benötigen und die in großer Not sind. Ich muss diese Leute wegschicken“, sagt Schecklmann verärgert. „Dabei sind wir doch eine kirchliche Einrichtung. Das ist doch unser Auftrag, solchen Menschen zu helfen. Das ist mehr als traurig.“

Vonseiten der Regierung gebe es keine weitere Hilfe oder Tipps, wie man das „Worst-Case-Szenario“ abwenden könne. Schecklmann meldete ihre Bedenken bereits dem Landratsamt und fragte nach, welche Maßnahmen sie noch ergreifen soll. Doch darauf hatte das Amt keine Antwort.

Bis zum 15. März werde das Personal weiterarbeiten und sein Bestes geben, damit der Versorgungsauftrag der Heimbewohner erfüllt werde. Trotzdem wünscht sich die Leiterin, dass Politiker in die Kommunikation gehen oder noch besser, vor Ort dem Brigittenheim einen Besuch abstatten. „Da meldet sich aber kein Mensch und fragt mal, wie ist die Lage bei euch. Wir werden alleine und im Stich gelassen.“

Erneute Impf- und Aufklärungskampagne

Und auch an der Sana-Klinik Pegnitz bereitet man sich auf die kommende Impfpflicht des Personals vor. Dabei versichert Andreas Böhmer, Pressesprecher der Sana-Klinik, dass die Mitarbeiter sich ihrer gemeinsamen Verantwortung gegenüber Patientinnen und Patienten, eigenen Angehörigen und Familien sowie den Kolleginnen und Kollegen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie bewusst seien.

Aus diesen Gründen gebe es wohl auch eine bereits seit Langem überdurchschnittlich hohe Anzahl von geimpften Angestellten. Bereits seit über einem Jahr würde die Verwaltung intensiv über das Thema Impfen aufklären, Fragen beantworten, etwaige Sorgen ernst nehmen und auch regelmäßig Impfangebote schaffen. Des Weiteren stehe man, gerade als Arbeitgeber im Gesundheitswesen, in der Verantwortung, die Mitarbeiter bei der Entscheidung zu begleiten.

Deshalb laufe gerade eine erneute Impf- und Aufklärungskampagne, die zur (Booster-)Impfung aufrufe. „Dieses Angebot wird weiterhin erfreulicherweise gut angenommen. Unser Impf-Team stand dazu auch am Wochenende für unsere Mitarbeitenden zur Verfügung“, teilt Böhmer mit.

Die ab Mitte März vorgesehene „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ gegen Covid-19 werde umgesetzt. „Es ist aber klar, dass diese eingeschränkte Impfpflicht alleine nicht ausreichen wird. Der Weg aus der Pandemie muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Denn eine Impfpflicht, die nur für einen Lebensbereich oder eine Branche gilt, wird nicht verhindern, dass auch weiterhin unzählige Ungeimpfte in die Krankenhäuser eingeliefert werden“, ist sich Böhmer sicher.

Die Pandemie könne nur überwunden werden, wenn es mittels umfangreicher, zielgruppenorientierter Aufklärung und niedrigschwelliger Impfangebote zu einem umfassenden Impfschutz in der Bevölkerung komme. „Als Ultima Ratio muss daher auch eine allgemeine Impfpflicht in Betracht kommen.“

Auf Anfrage beim Landratsamt, ob es tatsächlich Ausnahmen gebe, teilte die Pressesprecherin des Landratsamtes Karen Görner-Gütling mit, dass es aktuell keine konkreten Ausführungen seitens des Gesetzgebers gebe.

„Da es sich um eine gesetzlich verordnete Impfpflicht handelt, werden die Einrichtungen selbst darum bemüht sein, keine Ungeimpften mehr zu beschäftigen. Ob Kontrollen stattfinden sollen beziehungsweise werden, ob sie vom Gesundheitsamt oder von anderer Stelle durchgeführt werden sollen, darüber ist im Moment noch nichts bekannt“, informiert die Pressesprecherin weiter und bestätigt, dass es bereits Nachfragen gab, wie die Umsetzung der Impfpflicht konkret aussehen soll. „Diese konnten bislang relativ unbestimmt beantwortet werden.“

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