Basketball Im zweiten Duell muss sich viel ändern

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Die Schnelligkeit der Ludwigsburger bereitete der Bayreuther Verteidigung große Probleme. Hier zog der glänzende Thomas Walkup (rechts) an Robin Amaize (Mitte) und Assem Marei (links) vorbei. Foto: Peter Kolb Foto: red

Die anderen Begegnungen im Playoff-Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft haben gezeigt, dass klare Ergebnisse im ersten Spiel nichts über das zweite aussagen müssen. Das dürfte der positivste Aspekt sein für Medi Bayreuth nach der unerwartet deutlichen 85:104 (43:53)-Niederlage bei den Riesen Ludwigsburg. Wenn am Samstag um 18.15 Uhr in der Oberfrankenhalle der Ausgleich in der Best-of-five-Serie gelingen soll, muss sich allerdings viel ändern.

 
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Am wenigsten erfüllte sich die Erwartung, dass die Bayreuther nach dem Ausfall des schwer am Knie verletzten Ludwigsburger Centers Justin Sears Vorteile auf den großen Positionen haben müssten. Obwohl Riesen-Coach John Patrick bei seiner Auswahl für die Besetzung der Ausländerstellen auch noch auf den 2,03 m großen Jacob Wiley verzichtete und somit nur zwei Spieler mit einer Körpergröße von knapp über zwei Metern nominierte, war jedoch das Gegenteil der Fall: Die beiden längsten „Riesen“ Adam Waleskowski (203 cm) und Dwayne Evans (201) sammelten zusammen mit dem als Powerforward eingesetzten Elgin Cook (196) stattliche 55 Punkte, die Bayreuther Andreas Seiferth (209), Assem Marei (206) und De’Mon Brooks (200) nur 28.

Lehrstunde für Bayreuther Defensive

Noch entscheidender für den enttäuschenden Spielverlauf war jedoch die schwache Gesamtleistung in der Verteidigung. Die flinken Ludwigsburger erteilten der Medi-Defensive eine Lehrstunde im Verhalten eins gegen eins. Die Bayreuther Guards liefen oft hinterher, und dadurch gerieten die Kollegen unter dem Korb in zusätzliche Schwierigkeiten. „Unser Auftreten in der Defensive grenzte fast an Arbeitsverweigerung“, schimpfte Kapitän Bastian Doreth in gewohnt offenen Worten. „Ich habe es noch nie erlebt, dass man in einem Playoff-Spiel mehr als 100 Punkte abgibt – selbst wenn die Ludwigsburger auch schwierige Würfe getroffen haben. Man muss da auch mal ein hartes Foul machen.“

Sechs Dreier verkürzen von 8:26 auf 29:34

Diese Schwäche war die Hauptursache für den kapitalen Fehlstart zum 8:26-Rückstand nach sieben Minuten. Bis dahin waren die Trefferquoten der meist sehr schnell abschließenden Ludwigsburger geradezu märchenhaft: 6/7 Zweier, 3/5 Dreier, 5/5 Freiwürfe, dazu kein einziger Ballverlust. Die Bayreuther Verteidigung wirkte da vor allem mit dem Tempo glatt überfordert.

Einen Weg ins Spiel fanden die Gäste dann zunächst über Treffsicherheit aus der Distanz. Nach drei Dreiern zum Ende des ersten Viertels trugen weitere drei zu einem 10:0-Start in den zweiten Abschnitt bei (die Hälfte davon durch Bastian Doreth) und verkürzten auf 29:34. Die spektakulären 6/6 Dreier innerhalb von viereinhalb Spielminuten blieben allerdings ein Strohfeuer. In den übrigen gut 35 Minuten verwandelten die Bayreuther Distanzwerfer nur fünf von 22 Versuchen (22,7 Prozent).

Gleichzeitig stürzten in der Bayreuther Hochphase die Trefferquoten der Ludwigsburger regelrecht ab, weil die Riesen von der nun schneller formierten Medi-Defensive in längeres Halbfeldspiel gezwungen wurden. Dabei wirkten ihre anfangs so scheinbar mühelos herausgespielten Würfe oft nur noch wie Notlösungen. Mit schwierigen Treffern, hauptsächlich durch Thomas Walkup (am Ende 7/7 Würfe) und Dwayne Evans (5/6), hielten die Riesen aber einen Vorsprung.

Die Erwartung, dass die Ludwigsburger in ihrem 63. Pflichtspiel der Saison ihre enorme Intensität nicht würden halten können, erfüllte sich nicht. So gab es letztlich nur eine Situation, in der eine Wende denkbar gewesen wäre: Ein Dreier von Gabe York zum möglichen 79:86-Anschluss sprang aus dem Ring, und sechs Sekunden später traf auf der Gegenseite Jeremy Senglin aus der Distanz zum 89:76 (34.). Danach machte sich Resignation breit.

Einzelkritik

JAMES ROBINSON (6 Punkte / 26:29 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: -9): Er hat nicht viel falsch gemacht (ein Ballverlust), aber Unauffälligkeit ist in den Playoffs für den Starter auf der Spielmacher-Position nicht genug (2/4 Würfe, vier Rebounds, drei Assists).

John Cox (5 / 11:33 / -1): Solide Ergänzung im Angriff (2/4 Würfe), aber keine Verstärkung der schwachen Defensive auf den Guard-Positionen.

Nico Wenzl (0 / 0:27 / 1):BBL-Debüt in den Playoffs, vier Wochen nach dem 17. Geburtstag.

NATE LINHART (9 / 28:12 / -33): Ein klarer Sieg im Vergleich der „Point-Forwards“ gegen Walkup war nicht zu erwarten – aber so eine haushohe Niederlage auch nicht; 4/8 Würfe, zwei Assists, zwei Rebounds, ein grober Ballverlust, peinliche Plus-Minus-Bilanz.

Bastian Doreth (12 / 18:25 / 1): Der einzige Bayreuther, der die Erwartungen übertraf – nicht nur weil er die Ludwigsburger Playoff-Energie mitgehen konnte, sondern auch wegen seiner starken 4/4 Dreier.

ANDREAS SEIFERTH (10 / 22:28 / -2): Zwei und manchmal sogar drei quirlige Gegenspieler machten dem Center das Leben schwer. Er fand mitunter gute Lösungen mit Pässen (vier Assists), aber dabei häuften sich die Ballverluste (fünf). Zu selten gelang es, ihn so in Szene zu setzen, dass er schnell noch vor dem Doppeln werfen konnte (5/6).

Steve Wachalski (0 / 3:18 / -6): Als Cook gegen ihn beim Kurzeinsatz im ersten Viertel gleich fünf Punkte erzielt hatte, gab es keine richtig passende Rolle mehr für den Routinier.

Robin Amaize (5 / 16:49 / -6): Gerade gegen diese Ludwigsburger wäre noch mehr von seiner Energie nötig gewesen.

Jevon Perschnick (0 / 1:29 / 1): Playoff-Premiere acht Monate nach dem 17. Geburtstag.

DE’MON BROOKS (15 / 25:12 / -14): Ohne Vorsicht im ersten Spiel nach seiner Knieverletzung ging er keinem Zweikampf aus dem Weg; bis ins letzte Viertel hinein der einzige Bayreuther, der Freiwürfe erkämpft hatte (9/11); daher trotz defensiver Probleme mit dem starken Cook und 3/8 Würfen einer der Besten (fünf Rebounds).

GABE YORK (20 / 30:09 / -19): Topscorer allein reicht nicht: Zu viel wirkte erzwungen (6/15 Würfe), und die Defensivarbeit war schwach.

Assem Marei (3 / 15:29 / -8): Trotz allen Eifers eine große Enttäuschung: Die Ludwigsburger konnten mit seinem Kampfgeist mithalten, aber er nicht mit deren Schnelligkeit. Die letzten drei Punkte des Spiels waren seine einzigen (1/4 Würfe, vier Rebounds).

Statistik

Riesen Ludwigsburg: WALKUP (19 Punkte / 30:46 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: 21), Evans (12 / 17:05 / -6), JOHNSON (16 / 26:20 / 18), MCCRAY (2 / 15:06 / 13), Geske (0 / 1:29 / -1), Peter-McNeilly (0 / 22:49 / 1), Müller (4 / 9:42 / -6), Koch (0 / 0:27 / -1), Seric (0 / 1:29 / -1), WALESKOWSKI (17 / 21:26 / 26), COOK (26 / 32:57 / 22), Senglin (8 / 20:24 / 9); Feldwurfquote: 35/62 (56 Prozent), davon 13/34 Dreier (38 Prozent): Walkup (4/4), Evans (2/3), Waleskowski (2/3), Cook (2/6), Senglin (2/7), Johnson (1/3); Freiwürfe: 21/26 (81 Prozent); Rebounds: 23 defensiv, 3 offensiv (Cook 7/0); Ballgewinne: 9; Ballverluste: 9 (Cook 3); Assists: 24 (Walkup 6); Effektivität: 125 (Walkup 31, Cook 28, Waleskowski 19, Johnson 18, Evans 14).

Medi Bayreuth: Feldwurfquote: 29/59 (49 Prozent), davon 11/28 Dreier (39 Prozent): Doreth (4/4), York (4/9), Cox (1/3), Amaize (1/3), Linhart (1/5); Freiwürfe: 16/22 (73 Prozent); Rebounds: 25 defensiv, 8 offensiv (Seiferth 5/2); Ballgewinne: 4; Ballverluste: 17 (Seiferth 5); Assists: 20 (Seiferth 4); Effektivität: 90 (Brooks 16, Doreth 15, York 15, Seiferth 14, Robinson 10).

SR: Anne Panther, Straube, Streit; Zuschauer: 3244.

Stationen: 14:4 (3.), 26:8 (8.), 34:19 (1. Viertel), 34:29 (13.), 42:33 (16.), 44:39 (18.), 53:43 (Halbzeit), 61:45 (23.), 70:60 (27.), 81:64 (30.), 81:67 (3. Viertel), 86:76 (34.), 104:82 (40.), 104:85 (Ende).

Stimmen zum Spiel

Raoul Korner (Trainer Bayreuth): „Glückwunsch an Coach Patrick und Ludwigsburg zum letztlich verdienten Sieg. Wir haben uns leider im ersten Viertel eine Hypothek aufgebaut, die wir nicht mehr korrigieren konnten. Wir waren defensiv zu passiv und wurden im Eins-gegen-eins zu oft geschlagen. Zudem haben wir uns zu viele Ballverluste geleistet. Die Höhe der Niederlage ist egal, denn es ist eine Best-of-five-Serie. Wir werden jetzt alles daran setzen, am Samstag in Bayreuth auszugleichen.“

John Patrick (Trainer Ludwigsburg): „Ich bin sehr stolz darauf, wie wir nach dem Wochenende in Athen reagiert haben. Wir sind sehr konzentriert ins Spiel gestartet. Bis wenige Minuten vor Schluss hatten wir nur fünf Ballverluste auf dem Konto und haben den Ball sehr gut bewegt, was sich auch in der Zahl von 24 Assists widerspiegelt. Bayreuth hat zwar besser gereboundet aber das konnten wir gut kompensieren“

Thomas Walkup (Ludwigsburger ohne Fehlwurf): „Meine Leistung ist nicht so wichtig, es war insgesamt ein sehr gutes Spiel unserer Mannschaft. Nach dem Ausfall von Justin Sears haben andere einen Schritt nach vorn gemacht und gemeinsam beim Rebound gearbeitet. Wir wollen uns jetzt nicht nur auf unsere Heimspiele verlassen, sondern auch in Bayreuth gewinnen. Schließlich kann man durch eine Niederlage in ein Loch fallen.“

Henrik Rödl (Bundestrainer): „Dass die Ludwigsburger zwei Tage nach dem Top-Four in Athen so viel Energie aufbringen konnten, war überragend. Ich gehe aber davon aus, dass es in Bayreuth ein viel engeres Spiel geben wird.“

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