Im Awo-Seniorenheim basteln Bewohner mit Schülern Weidenberg: Projekt gegen Langeweile

Von Udo Fürst

Singen, tanzen, plaudern, spielen. So sieht in vielen Seniorenheimen das Freizeitprogramm aus. Spezielle Angebote für Männer? Oft Fehlanzeige. Das liegt vorwiegend an zwei Dingen: In den Altersheimen leben mehr Frauen, und ältere Männer sind oft nicht mehr in der Lage oder willens, sich an Freizeitaktivitäten zu beteiligen. Das Awo-Seniorenzentrum Weidenberg beschreitet in dieser Hinsicht neue Wege.

 
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Im AWO-Seniorenzentrum in Weidenberg geht man neue Wege, um auch den männlichen Bewohnern Abwechslung zu bieten: Ein Handwerksprojekt mit Schülern. ⋌Foto: Wittek Foto: red

Vor Kurzem gab es dort das erste Handwerksprojekt, das sich eher an Männer richten sollte. Dennoch waren die Frauen in der Überzahl. Vier Damen und zwei Männer werkelten mit zwölf Schülern. Sie bauten sogenannte Berliner Hocker. „Leider sind heute nur zwei Männer dabei. Aber das spiegelt die Belegung unseres Hauses wider. Wir haben etwa 70 Prozent Frauen“, erklärt Sozialpädagogin Maria Dippold.

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Deshalb habe man den Hockerbau auch gemeindeweit bekannt gemacht und die Weidenberger eingeladen mitzumachen. Leider ohne Resonanz. „Die Hemmschwelle ist immer noch groß.“ Dennoch träume sie ihren Traum vom „lebendigen Bürgerhaus“ weiter. Man wolle weg von der Pflegeburg, indem man die Gemeindebewohner mit einbeziehe

Der Berliner Hocker wird zuerst aus einem Brett gesägt und dann mit einem Akkuschrauber montiert. „Das ist der Sinn des Ganzen. Es sollen einfache Arbeiten sein und sie sollen Spaß machen“, sagt Maria Dippold. Werner Grießhammer hat Spaß. „Ich freue mich schon jedes Mal auf die Treffen mit den Schülern“, sagt der 80-Jährige. Er ist immer dabei. 20 Jahre jünger und ebenso begeistert dabei ist Heinz Fischer. „Die Abwechslung ist wichtig für mich. Ich muss eine Aufgabe haben“, sagt er.

Die Schüler Verena Schreglmann und Fabian Gaudig treffen sich gerne mit den Senioren. „Es ist ein gutes Gefühl, mit den älteren Leuten etwas zu unternehmen“, sagt Verena. Sie würden gerne noch öfter mitmachen. Aber Lehrerin Elisabeth Ponnath kann maximal zwölf Schüler zu den freiwilligen Unternehmungen mitnehmen. „Es melden sich meist viel mehr“, sagt sie. Für die Lehrerin sind die Treffen enorm wichtig. „Sie bauen Hemmschwellen ab und man lernt voneinander.“ Die Idee der Seniorenheime als offene Begegnungsstätten hatte Norbert Haider, der bis vor drei Jahren im Awo-Heim als Sozialpädagoge arbeitete und mittlerweile bei der Stadt Nürnberg auf solche Projekte spezialisiert ist.

Im BRK-Ruhesitz in Bayreuth sind Männer ebenfalls unterrepräsentiert. „Wir haben gut fünfmal so viele Frauen“, sagt Heimleiter Richard Knorr. Männer nähmen Freizeitangebote auch weniger an, sagt er. „Auch weil viele sehr gebrechlich sind.“ Dennoch biete das Haus eine Kegelrunde, einen Stammtisch und eine Vatertagsfeier. „Wir haben zwei ganz aktive Künstler, die wunderbare Aquarelle malen“, sagt Knorr.

„Ein bisschen gärtnern geht immer. Aber viel mehr ist oft nicht drin“, sagt Gerhard Wolf vom Luise-Elsässer-Haus in Speichersdorf. Ein spezielles Herrenprogramm gibt es aber nicht. Weil es auch hier zu wenige Männer gebe, sagt Wolf. Einige Heimbewohner helfen dem Hausmeister bei leichten Tätigkeiten wie Laub oder Gras rechen. Momentan streiche ein Senior die Gartenbänke.

Frieda Tench vom Phönix-Seniorenzentrum Am Bodenseering in Bayreuth würde ihren Herren gerne etwas mehr bieten. „Aber viele Hausbewohner sind dement und nicht in der Lage, auch nur normale Anforderungen zu meistern“ sagt sie. Für Abwechslung sorgen Kegel- und Bingonachmittage, ein Stammtisch und ein Tischkicker. „Fitte Männer sind oft mit ihren Frauen hier und dann bestimmen sowieso die den Tagesablauf“, sagt die Leiterin schmunzelnd.

Mitte Mai treffen sich in Weidenberg die Schüler und Senioren erneut. Dann wollen sie die Hocker anstreichen und aus einigen davon ein Regal bauen. Als Bücherschrank im Eingangsbereich. Vielleicht sind beim nächsten Mal ein paar mehr Herren dabei. Maria Dippold würde sich freuen.