Illegaler Welpentransport Kurz vor dem Verdursten gerettet

72 Welpen hat ein Transporter aus der Slowakei an Bord, als ihn an der tschechischen Grenze die Polizei stoppt. Die jungen Hunde sind jetzt in mehreren Tierheimen in der Region. In Kulmbach betreut das Tierheim drei Bullies, drei Malteser und zwei Cocker Spaniels.

 
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Sie waren total dehydriert, als sie im deutsch-tschechischen Grenzgebiet bei Pleystein glücklicherweise gerade noch rechtzeitig von Beamten der Grenzpolizei entdeckt und gerettet worden sind. 72 Hundewelpen, mit geschätzten acht Wochen noch viel zu jung, um länderübergreifend transportiert zu werden, waren in Gitterboxen übereinandergestapelt in einem Sprinter unterwegs.

Aus der Slowakei sollten die Tiere im Transporter nach Spanien und Portugal gebracht werden. Ihre Versorgung mit Wasser sollte über Trinkflaschen gewährleistet werden, die eigentlich für Nager konzipiert sind. „Da kommen nur Tropfen raus. Kein Hund kann aus so einem Gefäß trinken“, schimpft Andreas Brucker.

Der Speichersdorfer ist ist Vorstandsmitglied im Deutschen Tierschutzbund, Regionalbeauftragter Oberfranken und Koordinator für das Notfallmanagement. Brucker war auch nach dem Aufgriff des jüngsten illegalen Welpentransports vor Ort dabei.

Noch nicht alle über den Berg

Der Tierschützer berichtetet zwar, dass auch dank der Hilfe von Tierärzten und vielen Infusionen die meisten der Welpen wieder halbwegs fit sind. Allerdings: „Noch sind keineswegs alle über den Berg.“

Acht der Hundebabys, drei blaue und blue-merle-farbene Französische Bulldoggen, drei schneeweiße Malteser und zwei braune Cocker Spaniels mit ihren typischen langen Schlappohren sind nun in Quarantäne-Zwingern im Kulmbacher Tierheim untergebracht.

Und auch wenn die kleinen Kerlchen auf den ersten Eindruck nun wieder einen fitten Eindruck machen: Es ist keineswegs alles in Ordnung mit den Welpen, weiß Tierheimleiterin Carina Wittmann. „Sie haben Bindehautentzündungen, Schnupfen, entzündete Ohren und teilweise Durchfall.“

Tiere unter Quarantäne

Viel Arbeit für das Team im Tierheim, denn die Hundchen dürfen wegen der Quarantäne nicht raus. Alle „Geschäfte“ landen damit im Zwinger. Den dürfen, so lange nicht sichergestellt ist, dass die Welpen zum Beispiel nicht mit Tollwut infiziert sind, die Mitarbeiter nur in Schutzkleidung und unter strengen Hygienevorschriften betreten.

Alles andere als ideal für junge Hunde, die eigentlich ihre Mütter noch bräuchten und sich in einer ganz wichtigen Prägephase befinden. „Eigentlich sollten die Hunde jetzt anfangen, sauber zu werden. Sie sollten Gras unter ihren Pfoten spüren und Kontakt zu Menschen haben. Stattdessen müssen sie in einem Zwinger mit Betonboden sein“, ärgert sich Carina Wittmann.

Sie ist sauer. Sauer auf die Züchter, die oft in „Vermehrungsfabriken“ unter übelsten Bedingungen aus einem einzigen Grund Rassehunde erzeugen: Profit. Für reinrassige Hunde werden leicht 1500 Euro und mehr erzielt. Dafür nehmen es die Verantwortlichen in Kauf, dass auf dem Transport auch schon mal der eine oder andere „Ausfall“ passiert.

Viele hätten es nicht bis Spanien geschafft

Mehrere Hundehändler waren in diesen Transport verwickelt. Andreas Brucker ist überzeugt, dass bei diesem Transport der „Ausfall“ immens geworden wäre, hätten die engagierten Grenzpolizisten das Fahrzeug nicht gestoppt und die Tierretter alarmiert. „Fünf der Tiere wären nicht einmal bis Baden Württemberg gekommen, geschweige denn bis Spanien. Ich gehe davon aus, dass an der französischen Grenze ein Drittel bis die Hälfte der Tiere schon tot gewesen wären.“

Davon abgesehen: Auch mit den mitgeführten Papieren kann nicht alles stimmen, ist Brucker überzeugt. Für eine Tollwutimpfung müssen Welpen mindestens drei Monate alt sein.

Das sei bei diesen Tieren fraglich. Brucker hält es für möglich, dass falsche Beurkundungen vorliegen. Er spricht von möglichen Straftaten. „Wir müssen jetzt akribisch arbeiten und alles dokumentieren, wenn wir den Leuten das Handwerk legen wollen.“ Dazu gehört auch zu prüfen, ob der angebliche Impfstatus der Welpen stimmt.

Bis das alles geklärt ist, bis die kleinen Hunde alle medizinische Behandlung haben, die sie brauchen und natürlich auch für die Betreuung und das Futter fallen hohe Kosten an, weiß Brucker. Das kann sich binnen Wochen durchaus auf einen Betrag um die 100.000 Euro schrauben, die von den Eigentümern bezahlt werden müssten, wenn sie ihre Hunde zurückerhalten sollten.

Aufeinandergestapelt

Um 17 Uhr am Samstag kam der Anruf beim Tierheim in Kulmbach an. Carina Wittmann und ein Helfer sind sofort losgefahren in Richtung Waidhaus. Auf die Schnelle mussten für die Versorgung der Kulmbacher Tierheimbewohner noch eine Betreuung organisiert werden.

Doch diese Bitte um Hilfe konnten und wollten die Kulmbacher Tierschützer nicht zurückweisen. „Das war ein Drama, als wir die Welpen gesehen haben“, erinnert sich Wittmann. „Die Tiere waren aufeinandergestapelt, in Gitterboxen auf engstem Raum. Das muss man sich mal vorstellen: 72 Hundewelpen, vom Berner Sennenhund über Huskys, Dackel, Malteser, Bullys und Möpsen bis hin zu Zwergpudeln in einem Transporter. Furchtbar! Einige waren schon so geschwächt, dass die gelegen waren.“

Den Kleinen im Kulmbacher Tierheim geht es nun nach einigen Tagen schon etwas besser. Ob sie ernste Krankheiten haben, das müssten erst die Untersuchungen zeigen, die schon in die Wege geleitet sind.

Tierheim bis zum Anschlag voll

Das Kulmbacher Tierheim ist nun fast bis zum Anschlag voll. 15 Hunde, 40 Katzen, darunter auch einige hoch tragend, müssen derzeit versorgt werden. Kleintiere kommen noch hinzu. Besonders die Welpen in ihrer Quarantänebox machen sehr viel Arbeit. Mehrfach täglich müssen die Zwinger gereinigt und desinfiziert werden.

„Wir brauchen jetzt Unmengen von Küchenrollen und freuen uns, wenn sich Spender finden“, sagt dazu Geli Enzmann, die stellvertretende Kulmbacher Tierheimleiterin. „Und auch unsere Waschmaschinen laufen den ganzen Tag.“

Carina Wittmann und Geli Enzmann sind auf die sogenannten Züchter und ihre illegalen Welpentransporte gar nicht gut zu sprechen. Diesen Leuten, sagen beide überzeugt, müsste das Handwerk gelegt werden.

Tierleben spielt keine Rolle

Für Andreas Brucker ist klar: „Hier geht es rein ums Geld. Da spielen Tierleben und Tierwohl keine Rolle.“ Immer wieder werden im Grenzgebiet zu Tschechien geschmuggelte Welpen aufgegriffen. Vielen von ihnen ging es nicht gut, als sie entdeckt wurden.

Mehr als 800 Jungtiere seien in Oberfranken im Jahr 2020 aufgegriffen worden. „In Coronazeiten waren es noch mehr, in dem Jahr waren es bisher rund 200 Jungtiere.“ Immer, wenn wieder ein solcher Transport gestoppt wird, springen die Tierheime ein, räumen Hals über Kopf ihre Zwinger um, schaffen Platz und finden Helfer, die die notleidenden Tiere versorgen. Nicht selten bleiben die Helfer dann auch noch auf den Kosten sitzen. Und trotzdem sind sie immer wieder zur Stelle, wenn sie gebraucht werden.

Bitte noch keine Anfragen: Noch ist völlig unklar, was aus den kleinen Hunden wird. Deswegen ist es viel zu früh, jetzt nach einem dieser Tiere zu fragen, sagt die Kulmbacher Tierheimleiterin und bittet, auch wegen der vielen zusätzlichen Arbeit, die gerade geleistet werden muss, auf Anrufe wegen der Welpen zu verzichten. Das Tierheim werde, sollten die Hunde zur Vermittlung freigegeben werden, rechtzeitig über Facebook und die Medien berichten.


Tierheim bittet um Spenden: Mit Spenden gelingt der große nötige Aufwand für die kleinen Hunde deutlich besser. Deswegen bittet das Tierheim-Team die Bevölkerung um Hilfe. Geldspenden bitte an den Tierschutzverein Kulmbach:

IBAN: DE31 7715 0000 0000 1072 35 (Sparkasse Kulmbach / BIC: BYLADEM1KUB). Aber auch Sachspenden, Küchenrollen oder Waschpulver, werden gerne genommen und gerade in großer Menge gebraucht.

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