IHK-Podiumsdiskussion Erstaunlich viel Harmonie

Von Vanessa Lutz
Bei der IHK-Podiumsdiskussion stellten die sieben OB-Kandidaten ihre Vision für Bayreuth vor. Deutliche Akzente konnte keiner setzen. Die amtierende Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe geriet öfter in die Defensive. Foto: Ralf Münch Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Alle sind für Digitalisierung, für günstigere ÖPNV-Tickets, für bezahlbaren Wohnraum, für mehr Fahrradfreundlichkeit: Die IHK-Podiumsdiskussion am Montagabend drohte, nicht sonderlich ergiebig zu werden. Zu wenig unterscheiden sich die Zukunftsvisionen der Oberbürgermeister-Kandidaten. Gestritten wurde dennoch – über Feinheiten.

 
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Vier große Themenkomplexe arbeiteten die Moderatoren Otto Lapp (Nordbayerischer Kurier) und Sebastian Döberl (Wirtschaftsjunioren) vor einem voll besetzten Saal der IHK ab. Die Stimmung unten im Publikum war von Zeit zu Zeit sogar fast ausgelassen.

Es ging um Ideen zur Mobilität, den Lebensraum Bayreuth, Schulden und Investitionen und die Digitalisierung. Vier große Blöcke mit sieben Kandidaten in eineinhalb Stunden – Zeit für ausführliche Antworten der Kontrahenten und kritische Nachfragen der Moderatoren blieb da nicht. Trotzdem hätten die Kandidaten hier und da deutlicher werden dürfen.

Klar wurde: In vielen Punkten herrscht Einigkeit. Vor allem bei Klaus Wührl Struller (Grüne), Andreas Zippel (SPD) und Thomas Ebersberger (CSU). „Ich schließe mich den Aussagen meines Vorredners an“, hieß es oft. Wührl-Struller sagte gar: „Es ist mir ganz furchtbar“, als er sich erneut Zippel beim Thema Nachverdichtung und Leerstandsmanagement anschließen musste.

Die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (BG) geriet allerdings mehrfach unter Beschuss: Ihre Kontrahenten ließen keine Gelegenheit aus, sie anzugreifen. Besonders Stefan Schuh (JB) und Andreas Zippel (SPD) zeigten sich kampflustig. Merk-Erbe war die meiste Zeit im Verteidigungs-Modus, blieb aber gelassen.

Streitpunkte Steuern und Digitalisierung

Schuh verwies auf das Sommerferienprogramm für Schüler. Zwar könne man online Kurse wählen, müsse die Mail aber ausdrucken, damit zum Rathaus, sie dort abgeben und bar bezahlen. „Das ist beispielhaft für den Stand der Digitalisierung im Rathaus.“

Auch die anderen Kandidaten zeigten sich unzufrieden mit dem Stand der Digitalisierung. Ebersberger forderte mehr Digitalisierung an den Schulen. Gert-Dieter Meier (DU) sagte, Digitalisierung könne „verdammt viel mehr“. Er nannte den Stadtrats-Livesteam „eine Zumutung“.

Das Publikum lachte, als Merk-Erbe sagte, dass die Digitalisierung „weit vorangeschritten“ und man „auf einem guten Weg“ sei. Sie sagte mit Blick auf Schuh zum Thema Sommerferienkurse, dass das „bewusst“ so sei. „Die Mitarbeiter im Jugendamt wollen mit den Eltern kommunizieren.“ Erneut lachte das Publikum, als sie anfügte: „All das kann man digital nicht.“

Und konterte: „Es ärgert mich, dass Sie das sagen, weil Sie dabei waren, als das im Stadtrat thematisiert wurde.“ Schuh schwieg.

Auch beim Thema Schulden herrschte Uneinigkeit. Meier sagte, Schulden seien ein „gewaltiges Thema“. Er sei für Investitionen, notfalls sollten „neue Schulden“ aufgenommen werden, „wir dürfen uns nicht totsparen“. Wührl-Struller ist für eine Erhöhung der Gewerbesteuer – er wolle „mehr Geld von Unternehmen, um diese mehr zu fördern“. Der Applaus im Saal blieb aus für diese Aussage.

„Wahnsinniger Investitionsstau“

Ebersberger sagte zum Thema Schulden, man müsse sich die „Nicht-Ausgaben anschauen, damit man weiß, wo man steht“. So herrsche bei den Schulen ein „wahnsinniger Investitionsstau“. Um eine Neuverschuldung werde man „nicht herumkommen“, es sei aber gar nicht schlecht, wenn man „in die Zukunft investiert“.

Merk-Erbe zog eine Bilanz ihrer Arbeit zum Schuldenabbau. Sie habe bei ihrem Amtsantritt 2012 auf 122,9 Millionen Euro Schulden gesessen. Die habe sie auf 75 Millionen abgebaut. „Wenn der Haushalt am Mittwoch beschlossen wird, haben wir 65 Millionen Euro Schulden.“

Die Vorwürfe, sie würde nicht investieren, nannte sie „Blödsinn“. Es gebe jedes Jahr Prognosen, die vom Kämmerer aufgestellt würden. Aber Prognosen „treffen so gut wie nie ein“.

Zippel nutzte das für einen Angriff auf Merk-Erbe. Er verstehe nicht, warum man in einer Niedrigzinsphase Schulden abbaue. „Da soll man investieren.“ Bei ihren Vorgängern Dieter Mronz habe die Investitionsquote 90 Prozent betragen, bei Michael Hohl 80 Prozent. „Bei Ihnen, Frau Merk-Erbe, sind es knapp 40 Prozent.“ Das sei „eine deutliche Differenz“.

Zippel fügte hinzu: „Man kann seinen Haushalt ordentlich planen.“ Tosender Applaus. Es gebe „immens viele Fördergelder, die wir im Moment nicht abgreifen“. Merk-Erbe konterte: „Sie tun sich leicht.“ Sie forderte Zippel auf, seine Aussage an konkreten Zahlen festzumachen. „Ich habe die Zahlen hier in meiner Handtasche.“ Zippel schwieg.

Die Kandidaten blieben oft vage und setzten kaum Akzente. Wenig Lust auf politischen Diskurs waren bei Thomas Hacker (FDP), Gert-Dieter Meier und Klaus Wührl-Struller zu sehen. Einzig Zippel überzeugte mit seiner Eloquenz und seiner Angriffslust. Davon war nur noch bei Schuh etwas zu spüren.

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