IG Metall Volker Seidel - Ein Dampfmacher mit vielen Facetten

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Ist seit dem Jahr 1992 hauptamtlich bei der Gewerkschaft tätig: Volker Seidel. Foto: Jörg Schleicher Foto: red

MÜNCHBERG/BAYREUTH. Solidarität und Fairness hatten schon in jungen Jahren einen großen Stellenwert für ihn. „Mir ist es schon immer wichtig gewesen, dass es gerecht zugeht in unserer Gesellschaft“, sagt Volker Seidel. Deshalb hat er sich früh als Jugendsekretär in der Gewerkschaft engagiert. Heute steht der aus Münchberg im Landkreis Hof stammende Seidel an der Spitze der IG Metall Ostoberfranken.

 
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Erster Bevollmächtigter – das ist kein Wohlfühljob, denn in den Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern geht es oft hart zu. Der 54-Jährige hat damit auch kein Problem: „Wir sind bestimmt keine Weichspüler. Durchsetzungskraft braucht man unbedingt.“ Zentrale Aufgabe der Gewerkschaft sei es, an der Seite der Arbeitnehmer zu stehen. Diese benötigten eine starke Interessenvertretung, weil sie wirtschaftlich abhängig von ihrem Arbeitgeber seien. Der Überlegenheit der Unternehmerseite könne man am wirkungsvollsten in einer Solidargemeinschaft entgegentreten. Seidel spricht von einer „Gegenmacht“. Und er ist überzeugt: „Wir werden Gewerkschaften künftig dringender und noch mehr brauchen als mancher denkt.“

Der gebürtige Münchberger hat nach der mittleren Reife und einer Lehre als Energieanlagen-Elektroniker sowohl als Gewerkschafter als auch als Betriebsrat viel Erfahrung gesammelt. Er war für die Gewerkschaft Textil-Bekleidung (GTB) und die Gewerkschaft Holz und Kunststoff (GHK), die sich später der IG Metall anschloss, tätig. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Ausbildung zum Gewerkschaftssekretär. Heidenheim, Salzgitter, Gütersloh – im gesamten Bundesgebiet war er damals unterwegs. „Diese Zeit hat mich sehr geprägt. Noch heute profitiere ich von dem, was ich damals gelernt habe“, sagt er rückblickend. Die Arbeit mit anderen jungen Leuten machte ihm Spaß. Doch es gab auch schwierige Phasen, in denen er „alles hinschmeißen wollte“, wie er einräumt. Aber Aufgeben sei nicht seine Sache.

Die Ausbildung war nicht nur für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Seidel hat auch inhaltlich viel mitgenommen und übernommen. So gibt es zum Beispiel nun auch bei der IG Metall Ostoberfranken eine Trainee-Ausbildung. „Das wollte ich unbedingt bei uns einführen.“

2007 wurde Seidel zum ersten Bevollmächtigten der IG Metall Ostoberfranken gewählt. Ihm sei es wichtig, dass die ehrenamtlichen Gewerkschafter eng eingebunden werden, dass sie mitreden und mitentscheiden. Seinen hauptamtlichen Mitarbeitern möchte Seidel so viel Freiräume wie möglich lassen. Mitdenken und mitgestalten – so lautet das Motto für sein Team. Er setzt auf eigenständige Köpfe. „Erst wenn jemand bei einem Problem nicht weiterkommt, dann soll er zu mir kommen“, betont der ostoberfränkische IG-Metall-Chef.

Mit den Gewerkschaftskollegen in Coburg und Bamberg arbeite man „offen und kollegial“ zusammen, sagt er. Jeder habe seine eigene Historie und Kultur. „Wenn es aber um die Sache geht, dann passt kein Blatt Papier zwischen uns.“ Abflauende Konjunktur, technologischer Wandel, globale politische Unsicherheiten – Seidel weiß, dass die Zeiten für die Wirtschaft stürmischer werden. Vor allem für die Autozulieferer. Der Gewerkschafter kennt die Mechanismen: „Wenn die Hersteller Probleme haben, dann geben die den Druck weiter.“ Die Politik müsse diesen schwierigen Strukturwandel flankieren, fordert er – etwa durch eine Verlängerung der Kurzarbeit. An die Adresse der Unternehmen sagt er: „Es wird keine einfache Zeit, aber es gibt viele tarifliche Möglichkeiten, die Beschäftigten im Betrieb zu halten.“

;Die Digitalisierung sei eine Herausforderung. Die Firmen müssten ihre Mitarbeiter auf den Wandel vorbereiten und entsprechend weiterqualifizieren. „Da haben viele Betriebe noch gar keinen Fokus drauf“, klagt Seidel. Er nimmt aber auch seine Organisation in die Pflicht. Die Gewerkschaften müssen seiner Ansicht nach technologische Umbrüche begleiten und Impulse geben – etwa, wenn es darum gehe, Ausbildungsinhalte zu modernisieren. Das Thema „Lebenslanges Lernen“ werde künftig mehr denn je eine herausragende Rolle spielen. Generell hält es Seidel für sehr wichtig, die berufliche Bildung zu stärken.

Was macht er in seiner Freizeit? „Die Eisenbahn ist meine große Leidenschaft“, sagt Seidel. Er sei halt „etwas technikverliebt“. Früher war er Dampflokheizer. Auch die Kesselwärterprüfung hat er absolviert. Für den MEC 01 Münchberg betreut er außerdem eine digital gesteuerte Modelleisenbahn. Jüngst war der Gewerkschaftschef in der Schweiz – zum „Eisenbahnwandern“, wie er schmunzelnd erzählt. Das heißt konkret, entweder mit einer Eisenbahn fahren oder auf einer Strecke entlang der Gleise wandern.  

Für die Zukunft wünscht sich der 54-Jährige vor allem Gesundheit für sich und seine Familie. Seidel ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Und beruflich? „Dass unsere Arbeit als Gewerkschaft wertgeschätzt wird – sowohl von den Arbeitgebern als auch von der Gesellschaft.“

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