Hohenzollernring in Bayreuth war zweieinhalb Stunden gesperrt Die lange Partynacht: 2000 Fans feiern den WM-Sieg

Von Katharina Ritzer

Was für ein Spiel, was für ein Turnier, was für eine Party! Tausende Menschen haben am Sonntagabend in Bayreuth den WM-Triumph der deutschen Nationalmannschaft gefeiert, erst beim Public Viewing, dann auf dem Hohenzollernring. Es war ein friedliches Fanfest, das erst um 2 Uhr morgens zu Ende ging.

 
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So schön, so schön: Rund 2000 Menschen feierten Sonntagnacht den WM-Sieg der deutschen Nationalmannschaft auf dem Hohenzollernring in Bayreuth. Die Kreuzung vor dem Rotmaincenter war zweieinhalb Stunden für den Verkehr gesperrt. Foto: Kolb Foto: red

113 Minuten hat es gedauert, bis das erlösende Tor im Finale gegen Argentinien fiel. Umso schöner und intensiver fiel der anschließende Jubel aus. "Deutschland, Deutschland"-Rufe und "Sowas hat man lange nicht gesehen, so schön, so schön" hallten noch Stunden nach Abpfiff und Siegerehrung durch die Straßen und Gassen der Innenstadt. "Endlich mal was los in Bayreuth", jubilierten viele Kommentatoren bei Facebook, auch wenn es manchen nicht ausgeslassen genug war; wer auf die Nachtruhe pochte, stand als Spielverderber da.

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Allein 4000 Fans verfolgten das Finale laut Polizei beim Public Viewing im Ehrenhof, noch einmal rund 2000 Menschen saßen vor Kneipen und in den Lokalen der Innenstadt. Es hat mittlerweile  Tradition, dass die Fanmeute nach einem Erfolg der deutschen Elf zum Mühltürlein zieht und den Ring vor dem Rotmaincenter belagert. Rund 2000 Menschen waren es, die sich dort nach Spielende versammelten - "das war im Vergleich zu den anderen Spielen extrem viel", sagt Harald Stadter, Sprecher der Bayreuther Polizei.

Zu tun hatten die 17 Beamten von der PI Bayreuth-Stadt und vom Einsatzzug nicht viel, die Menschen feierten friedlich. "Die sind ja alle auf einer Seite", sagt Stadter. Entsprechend entspannt wirkten die Beamten, die vom Rand aus das Geschehen auf der Straße verfolgten; einer schoss ein Familienfoto von Mutter, Vater, Kind und Fahne. "Bei Ihnen kann man sicher sein, dass man die Kamera wieder zurückbekommt", erklärte die Frau ganz praktisch ihr Ansinnen, dem der Beamte bereitwillig nachkam. Zwei Anzeigen gab es laut Stadter dennoch, weil ein Bengalo-Feuer und ein Kracher gezündet wurden. Zudem wurde ein Verkehrsmast beschädigt.

Das vorherrschende Gefühl aber war: Spaß. Und Freude. Grinsende Gesichter überall, Menschen, die sich in den Armen lagen, spontan in einer Polonäse über die Straße hüpften, Bälle in die Luft schossen und eine große Deutschlandfahne über die Köpfe wandern ließen. Ein Lächeln im Gesicht hatte auch der Mann, der in der Menge Pfandflaschen einsammelte - ein gutes Geschäft an diesem denkwürdigen Abend. Auch dank des Fingerzeigs eines Polizisten auf einen herrenlosen Kasten, der am Straßenrand stand. "Den können Sie auch mitnehmen."

Die vielen geleerten Biere machten sich mit fortschreitender Stunde allerdings immer mehr bemerkbar: Aus Gesang wurde Gegröhle, die Textunsicherheiten gravierend. "Es gibt nur ein´ Rudi Dutschke" - egal, Hauptsache, Deutschland ist Europameister. Oder so ähnlich.

Mehr Steh- und Durchhaltevermögen bewiesen die Fans beim Feiern: Zweieinhalb Stunden lang war der Ring gesperrt, erst kurz vor 2 Uhr zeigten die ersten Ermüdungserscheinungen. Da schlug die Stunde des Bauhofs, der zuvor im Abseits gelauert hatte: Kaum taten sich Räume auf in der Menschenmenge, rollten die beiden Kehrfahrzeugen mit blinkenden Lichtern in die freigewordenen Räume. Flaschen, Fähnchen, Scherben, alles wurde abgeräumt. Um 2.15 Uhr gehörte das Spielfeld respektive die Straße wieder den Autos. Die meisten Fans waren mittlerweile daheim und träumten vom nächsten Titel.

Zur Halbzeit steigt der Wasserverbrauch

Als um 21.49 Uhr die Halbzeitpause begann, verdreifachte sich der Wasserverbrauch in Bayreuth nahezu. In der folgenden Viertelstunde ging er wieder auf das Ausgangsniveau zurück. „Die Verbrauchsspitzen entstehen während der Pausen der Fußballspiele, weil viele Zuschauer dann die Toilette aufsuchen“, erklärt Günter Geist von der Bayreuther Energie- und Wasserversorgungs-GmbH. Um 22.55 und 23.13 Uhr haben die Messgeräte des Bayreuther Versorgers zwei weitere Anstiege des Wasserverbrauchs aufgezeichnet. Zu diesen Zeiten endete die zweite Halbzeit, beziehungsweise die erste Halbzeit der Verlängerung. „Wir kennen dieses Phänomen schon von anderen Weltmeisterschaften und waren nicht überrascht“, sagt Geist. Was die Versorgungssicherheit angehe, seien die Verbrauchsspitzen unproblematisch. lk

Von wegen blaue Weltmeister

Die Bayreuther machen nicht blau: Das, was die Nationalmannschaft am Abend zuvor beim 1:0-Finalsieg gegen Argentinien zeigte, spiegelt sich am Tag darauf in den Bayreuther Büros und Klassenzimmern wider: diszipliniert, organisiert, pflichtbewusst präsentierten sich die Bayreuther. An keiner Schule in der Stadt waren mehr Schüler als sonst krank. Die Mittelschule und die Grundschule St. Georgen hatten extra für den Montag nach dem Finalspiel eine Art Gleitzeit für Schüler eingeführt: 9.50 Uhr spätester Beginn. Und an den Arbeitsplätzen? Keine verdächtigen Krankmeldungen, keine spontanen Urlaubsanträge, höchstens ein paar kleinere Verspätungen. Im Gegenteil: „Alle sind zum Dienst erschienen. Der ein oder andere wirkt zwar etwas müde, aber die allgemeine Stimmung ist gut. Tatsächlich scheinen einige Mitarbeiter regelrecht beflügelt“, sagt Christiane Fräbel, Pressesprecherin des Klinikum Bayreuth. isa

Keine Strafzettel am Finaltag

Die Fast Food Ketten McDonalds und Burger King im Industriegebiet haben nicht mit einem solch großen Ansturm an Hungrigen gerechnet. „Auch während der Frühschicht war mehr los als sonst“, sagt ein Mc Donald’s Mitarbeiter. Bei Burger King standen so viele Autos Schlange, dass der Autoschalter eine Stunde länger als sonst geöffnet bleiben musste. Die Esso-Tankstelle war sogar noch während der ersten Halbzeit gut besucht. „Es war schwer den Überblick nicht zu verlieren, so viel war los“, sagt eine Mitarbeiterin. Das rechnete sich. Über den Umsatz konnte sich gestern noch niemand äußern. Die Autofahrer konnten sich auch freuen. Ein Parkwächter sagt, er habe keine Strafzettel verteilt. tls

Warten auf vier Sterne

Deutschland braucht neue Trikots. Seit dem Finalsieg über Argentinien und damit vierten WM-Titel ist kein Fanartikel mehr aktuell, der nur drei Sterne zeigt. „Ab nächster Woche wird es DFB-Trikots mit vier Sternen zu kaufen geben“, sagt Fabio Keller von Intersport Giessübel in Bayreuth. Dann kann jeder das Trikot kaufen, das sich Mario Götze nach dem Schlusspfiff am Sonntag überstreifte. Ab August wird es auch neue DFB-Trikots der einzelnen Nationalspieler zu kaufen geben. Schon am Tag nach dem Finale hätten viele Kunden nach neuen Trikots gefragt, sagte Keller. Auch auf der Homepage des DFB war das der Fall, nur im größeren Maßstab. Die Seite des DFB-Fanshops brach zusammen, nachdem die Online-Vorbestellung für das neue Bekleidungsstück freigeschaltet worden war.

  • Impressionen vom WM-Finale und der Party in Bayreuth sehen Sie in unserer Bildergalerie.
  • Wie der Bayreuther Stefan Arnold das Finale in Rio de Janeiro erlebte, lesen Sie hier.