Historische Zäsur Frieda Graf war 42 Jahre lang die Frau an der Orgel

Wolfgang Hübner
Eine historische Zäsur an der Kirchenorgel: Pfarrerin Friederike Steiner (links) und Vertrauensmann Werner Schlöger verabschiedeten Frieda Graf nach sage und schreibe 42 Jahren als aktive Organistin bei Gottesdiensten. Foto: Wolfgang Hübner

Fast ihr halbes Leben lang war das Manual der Orgel bei Gottesdiensten das Reich von Frieda Graf. Am Ostersonntag wurde die 83-Jährige mit frenetischem Applaus vom Organistendienst verabschiedet. Dabei bedankte sie sich bescheiden und humorvoll.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Mit allem, was singt und klingt, feierte die Sankt Johannis-Kirchengemeinde an Ostern nicht nur die Auferstehung Jesu Christi. Mit einem hochmusikalischen Gottesdienst wurde auch ein würdiger Rahmen geschaffen, um der langjährigen Organistin Frieda Graf für ihr ehrenamtliches Engagement mit Seltenheitswert „Vergelt´s Gott“ zu sagen.

Der Posaunenchor ließ zum Einzug die Mozarterinnerung von Ulrich Knörr sowie im Weiteren Choräle erklingen. Die Gemeinde stimmte ein in „Wir wollen alle fröhlich sein“, in das „Gloria“ und in „Er ist erstanden, halleluja“. „Freude über Freude, das Grab ist leer“ erklang vom Männergesangverein, dirigiert von Iris Meier. Als Solistin und Organistin stimmte Meier „Halleluja, der Herr ist auferstanden“ an. Der 24-köpfige gemischte Kirchenchor unter Leitung von Gertraud Burkhardt sang „Dich rühmt der Morgen“ und „Jesus ist auferstanden“.

Graf ist das älteste Chormitglied

Zudem hatte der Chor für sein ältestes Chormitglied – Frieda Graf ist seit 1963 dabei und wurde jüngst für 60 Jahr Chorgesang geehrt – einen klanglichen Farbtupfer als ganz besondere Überraschung dabei. Allein ihr zu Ehren ließ der Chor Pro Deo einen dreistimmigen Halleluja-Kanon nach einem Motiv aus der Kantate „Exsultate, jubilate“ von Mozart durch das weite Rund des Kirchenschiffes erklingen. Zuvor hatten Pfarrerin Friederike Steiner und Vertrauensmann Werner Schlöger im Namen der Kirchengemeinde und des Kirchenvorstandes Wirbenz/Kemnath/Immenreuth die fast 84-Jährige mit einer Laudatio und Geschenken überrascht. Sie überreichten unter dem lang anhaltenden, frenetischen Beifall der Gottesdienstbesucher einen Blumengruß, einen Gutschein und eine selbst gebastelte Urkunde mit dem Blick von der Empore auf den Altar und die Kirche sowie einem Vater-Unser-Kreuz als Motive.

Frieda Graf wurde am 24. April 1939 in Thann am Fuße des Steinwalds geboren. Nach ihrer Heirat am 8. September 1962 folgte sie ihrem Ehemann Leonhard Graf nach Wirbenz. Vier Jahrzehnte und zwei Jahre, „eine unvorstellbare Zeit“, habe Graf der Kirchengemeinde treu und zuverlässig zur Verfügung gestanden, betonte die Seelsorgerin. Die Hälfte ihres Lebens, „etwas, was man sich in unserer Zeit und Gesellschaft nahezu nicht mehr vorstellen kann“, habe sie auf der Empore ihren Platz an der Orgel gehabt und unzählige Gottesdienste, Taufen, Trauungen und Beerdigungen an der Orgel begleitet.

In den 1970ern das Orgelspielen gelernt

Aus Liebe zur Kirchenmusik hatte Graf, wie sie sich gerne erinnert, in den 1970er Jahren zusätzlich zum Gesang auch das Orgelspiel erlernt. Mit dem Wechsel von Pfarrer Hans-Jürgen Deye im Februar 1963 nach Wirbenz war nämlich auch die musikalisch versierte Pfarrersfrau Gerda Deye mit nach Wirbenz gekommen. Deye leitete zwölf Jahre lang bis zum Wechsel ihres Mannes in die Christusgemeinde Speichersdorf 1975 nicht nur den Kirchenchor und war als Organistin in der Johannis-Kirche tätig. Die Pfarrersgattin brachte auch den damaligen Nachbarinnen Monika Brand, geborene Veit, und Frieda Graf das Orgelspielen bei, gleichsam als Anleitung zum Selbststudium. Brand war seit 1973 in Kemnath und zusätzlich ab 1975 in Wirbenz als Organistin tätig war.

Als Brand 1978 heiratete, nach Neustadt zog und 1981 ihr erstes Kind erwartete, trat Graf 1981 unter dem evangelischen Pfarrer Ewald Pusch – von 1975 bis 1984 als Seelsorger in Wirbenz – in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin. In ihrer liebenswürdig-humorvollen Art bedankte sich Graf bei den Mitgliedern der Kirchengemeinde, dass diese sie angehört und ihr Orgelspiel ertragen hätten. Graf bleibt der Kirchengemeinde als Mitglied des Kirchenchors Pro Deo und als Leiterin des Beerdigungschores erhalten.

Bilder