Heizen in Kirchen Gläubige müssen sich warm anziehen

Frank Heidler
In der Autobahnkirche Trockau wurde schon vor sechs Jahren eine Geothermie-Heizung eingebaut und der Kirchenboden neu verlegt. Damit war die Maßnahme zur energetischen Sanierung zu 90 Prozent abgeschlossen. Heute profitieren die Besucher von der 1,7 Millionen Euro teuren Maßnahme. Foto: /Archiv/Andrea Munkert

Schon jetzt ist klar: In mancher Kirche in der Region werden die Gläubigen beim Kirchgang während der Wintermonate wohl frösteln. Grund: die Klimakrise und die ständig steigenden Energiepreise.

 
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Kuschelig warm war es in der großen Bartholomäuskirche in Pegnitz bisher höchst selten. Und wenn, dann nur mit einem enormen Heizaufwand. Aber damit soll nun wenige Tage nach dem Weihnachtsgottesdienst Schluss sein. „Wir haben im Kirchenvorstand einstimmig beschlossen. dass die Hauptgottesdienste von Januar bis März im Gemeindehaus stattfinden sollen“, erklärte der evangelische Dekan Markus Rausch auf Anfrage.

Unpopuläre Entscheidung

Diese unpopuläre Entscheidung war einmütig nach längerer Diskussion gefallen. Der Dekan und erste Pegnitzer Pfarrer schildert, dass für einen einzigen Gottesdienst „schon vor dem Krieg in der Ukraine“ Energiekosten in Höhe von je 300 Euro angefallen waren. Inzwischen dürfte der Betrag deutlich höher sein. Ganz egal, wie viele Protestanten am Sonntag ins Gotteshaus kamen. Bedauerlicherweise sei die Bartholomäuskirche „nicht besonders gedämmt“ und auch überhaupt nicht aufs Energiesparen ausgelegt. Damit Kirchgänger während der nicht mal einstündigen Gottesdienste keinen kalten Hintern bekommen, werden die Kirchenbänke elektrisch beheizt. Aber auch der Strompreis klettert genau wie der für Gas weiter scheinbar unaufhaltsam in die Höhe. Der Dekan räumt ein: „Wir wissen nicht, wie viel Geld und Energie wir dadurch sparen, das müssen wir austesten.“

Eine andere Lösung wurde für die wöchentlichen Samstagabendgottesdienste im Winter getroffen. „Wir werden auf die lange Vorheizphase verzichten und nur direkt während der Gottesdienste heizen.“ Auch in dem vergleichsweise kleinen Friedhofskirchlein existiert nur eine mit teurem Strom gespeiste Bankheizung.

Langes Vorheizen

Wenn das Heizen mit Strom überhaupt etwas bringen soll, muss in der Bartholomäuskirche schon viele Stunden vorher damit begonnen werden. Für Investitionen und Modernisierungen wie den Einbau einer Photovoltaikanlage aufs Gemeindehaus fehlt bei der evangelischen Kirchengemeinde schlicht das Geld. Das wurde nämlich schon für die Sanierung des Pfarrhauses an der Rosengasse aufgewendet. Außerdem weiß Dekan Rausch ganz genau: „Alles, was wir jetzt investieren wollen, könnte sich frühestens im übernächsten Jahr auswirken.“

Der Aufwand für die gottesdienstgemäße Ausstattung des Gemeindehauses hält sich in Grenzen. „Da müssen die Stühle gestellt werden und ein Tisch als Altar geschmückt werden.“ Statt der Kirchenorgel gibt es einen Konzertflügel, auch wenn dieser schon in die Jahre gekommen ist. Um das Altarkreuz soll sich ein Gemeindemitarbeiter kümmern. „Wir haben sehr fähige und engagierte Mitarbeiter, die finden bestimmt eine passende Lösung.“

Corona und Energiekrise

Bei all diesen Sparzwängen „an allen Ecken und Enden“ verliere die protestantische Gemeinde auch die Pandemie nicht aus dem Blick. Will heißen: Mindestabstände und möglichst regelmäßiges Lüften, auch im Gemeindehaus. Beides zusammen klappt aber nicht so recht. „Corona und die Energiekrise nehmen uns in die Zange.“ Er sieht für den Winter eine „Gratwanderung“ bei der Bewältigung beider Anforderungen.

Noch keine endgültige Entscheidung wurde laut Teilzeit-Pfarrerin Heike Öffner in Bronn über die Winter-Gottesdienste getroffen. „Wir haben im Kirchenvorstand schon darüber gesprochen“, berichtet sie. Bislang aber ohne endgültiges Ergebnis. Der als Alternative zur Verfügung stehende Gemeindesaal sei Öffner zufolge mit seinen zwölf Sitzplätzen als Gottesdienstraum eher zu klein. In die Kirche passen bei Bedarf 30 bis 60 Gottesdienstgänger. Je nach Infektionsschutzverordnung.

Austausch der Heizung

Zur Bronner Gemeinde gehöre auch die kleine evangelische Kirche in Pottenstein. Dort wird gerade die kaputte Heizung ausgetauscht. „Wir bekommen eine neue, energiesparende Heizung.“ Ursprünglich sollte das eine Gasheizung werden. Aber jetzt wird unter Zeitdruck eine Alternative gesucht.

Zu den Musterknaben in Sachen energiesparende Heizung gehört in Trockau der katholische Kirchenpfleger Hans Hümmer. „Wir haben vor sechs Jahren für die energetische Sanierung der Autobahnkirche 1,7 Millionen Euro ausgegeben.“ Dabei kam in der Thomas-Kirche nicht nur die alte und ungenügende Elektroheizung der Kirchenbänke dauerhaft aufs Abstellgleis. Die Modernisierungsmaßnahmen reichten von der Fußbodenheizung bis zur neuen Dacheindeckung. „Die Kirchenfenster sind seitdem dreifachverglast.“ Kernstück war und ist aber die immer noch hochmoderne Geothermie-Anlage. „Dafür wurden 18 Bohrungen mit einer Tiefe von je knapp 100 Metern ins Erdreich niedergebracht.“ Und so funktioniert diese Anlage: Ein Wärmetauscher entzieht dem Boden die natürliche, dort gespeicherte Wärme der Sonne und gibt sie an den Heizkreislauf ab.

Umweltfreundliches Projekt

Dieses Trockauer Geothermie-Projekt galt damals als „eines der größten in der gesamten Erzdiözese Bamberg“. Die federführende Trockauer Kirchenstiftung hatte damals den Klimapreis der Erzdiözese für besonderen Klimaschutz erhalten. Der Klimaschutzmanager der Erzdiözese, Leonhard Waldmüller, lobte damals: „Durch die neue Anlage kann im Vergleich zu früher um das Vier- bis Fünffache mehr eingeheizt werden.“ Also eine dauerhafte Kirchenheizung statt dem sonst üblichen, nun mehr kaum bezahlbaren kurzfristigen Anschalten einer elektrischen Bankheizung. Vorteil für Trockauer Katholiken: „Wir bleiben in der Kirche.“ Auch im tiefsten Winter.

Noch niedrigere Gradzahl

Die inzwischen finanziell chronisch klammen Kirchengemeinden und Pfarreien ringen derweil um Sparlösungen beim Feiern der Sonntagsgottesdienste. Für Pottenstein kann sich der katholische Kirchenpfleger Johann Böhmer vorstellen, statt der bisherigen 14 bis 16 Grad bei Wintergottesdiensten noch um weitere „drei oder vier Grad“ abzusenken. Er könne das aber „nicht allein“ entscheiden. Dafür brauche es einen „Beschluss der Kirchenverwaltung“. Auch über eine Photovoltaikanlage wurde bereits nachgedacht. „Das geht aber nicht in einem denkmalgeschützten Gebäude.“ Nach wie vor hofft der katholische Kirchenpfleger auf eine „einheitliche Lösung im kirchlichen Seelsorgebereich“.

Die evangelisch-methodistische Gemeinde Pegnitz feiert ihre Gottesdienste schon jetzt im multifunktionalen, aus Holz gebauten Gemeindezentrum „Domino“. Gemeindesprecher Wolfgang Hofmann könnte sich vorstellen, dass man „den Gottesdienstraum hin zum Flur abgrenzt“, damit keine unnötige Wärme entweicht. Auch die Temperatur könnte um „ein bis zwei Grad“ abgesenkt werden. Entschieden wird das aber mit dem neuen Pastor Alexander Bischoff, der am Donnerstag, 1. September, seinen Pegnitzer Dienst antritt.

Empore wird nicht geheizt

In Schnabelwaid will die evangelische Pfarrerin Barbara Meister-Hechtel im Winter nur noch „das Erdgeschoss der Kirche heizen lassen“. Auf der Empore bleibt es kalt. Bereits in diesen Tagen führt sie dazu Gespräche. „Wie groß die Einsparung sein wird, muss erst noch ermittelt werden.“

Für den stellvertretenden evangelischen Dekan Matthias Öffner aus Birk ist eine entscheidende Frage bei Wintergottesdiensten: „Wie werden die Corona-Auflagen sein?“ In seiner eigenen Gemeinde in Birk war man vor der Corona-Pandemie schon öfter in den Gemeindesaal umzogen. „Den letzten Gottesdienst im Pfarrsaal feierten wir 2019.“ Dieser sei „gut angenommen“ worden. Der Umzug von der Kirche in den Pfarrsaal habe einen weiteren Vorteil gebracht: „Wir sparten uns das Schneeräumen rund um die Kirche.“ Der Aufwand für den Gottesdienst-Umzug war minimal: „Wir haben die Gesangbücher hinüber getragen.“

Alternativen im Freien

Öffner glaubt, dass seine Creußener Amtskollegen, das Pfarrer-Ehepaar Peter, „lieber in der schön renovierten Kirche“ bleiben will.“ Gute Erfahrungen habe man dort auch mit der „Christvesper“ am Heziloplatz unter freiem Himmel gemacht, als die Kirche wegen Bauarbeiten gesperrt war. Ein voller Erfolg war auch in Birk selbst die Christvesper am Feuerwehrhaus, ebenfalls im Freien.

In Hainbronn gebe es jedes Jahr zwei Freiluftgottesdienste. Laut Öffners Einschätzung hätten gerade in kleineren Gemeinden viele Kirchen eine „völlig veraltete Elektrik“. Genau wie sein Vorgesetzter, Dekan Rausch, betont auch er „die Verantwortung gegenüber der Schöpfung und gegenüber dem Gemeindehaushalt“.

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