Heinz Hertel Auf Geheimnissuche im Wald

Von Kilian Trabert
Über 15 Jahre hat Heinz Hertel knapp 1000 Nistkästen, die gerne von Vögeln, aber auch Fledermäusen und Insekten genutzt werden, gepflegt. Um weiterzumachen braucht er aber Mitstreiter. Foto: Ralf Münch Quelle: Unbekannt

PEGNITZ. Kaum ein zweiter kennt den Veldensteiner Forst so gut wie er: Heinz Hertel ist fast täglich auf Entdeckungs-Tour in dem riesigen Wald. Eine seiner Leidenschaften musste der 81-Jährige nun aber aufgeben – zumindest bis er neue Mitstreiter gefunden hat.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Fast jeden Morgen zieht er los, schnürt die Stiefel und packt die Wasserflasche ein und oft auch eine kleine Brotzeit. Denn, wenn er erst einmal im Veldensteiner Forst ist, kehrt er so schnell nicht mehr nach Hause zurück – das hat auch Heinz Hertels Ehefrau in all den Jahren gelernt. Auf dem Weg sammelte er seine Freunde Georg Puchta und Karl Nürnberger ein – „gute Kumpels“ nennt er sie. Oft schaffen sie es täglich, in schlechten Wochen manchmal aber auch nur ein oder zweimal. Seit einiger Zeit fahren sie gar nicht mehr.

Denn Georg Puchta und Karl Nürnberger sind verstorben, Puchta Ende 2017, Nürnberger Anfang August dieses Jahres. Beide hinterlassen eine riesige Lücke, bei Heinz Hertel und auch im Veldensteiner Forst. Denn die Senioren kümmerten sich – erst zu dritt, nach Puchtas Tod zu zweit – leidenschaftlich um den riesigen Wald und seine Bewohner. Über 15 Jahre etwa pflegten sie die knapp 1000 Nistkästen, die überall in dem 70 Quadratkilometer großen Gelände – eine Fläche knapp so groß wie Bayerns größter See, der Chiemsee – verteilt aufgestellt sind.

300 Stück pro Jahr

Diese Mammut-Aufgabe haben sie sich vom eigentlich zuständigen Landratsamt übertragen lassen. „Wir waren ja sowieso immer im Wald, da haben wir uns gedacht: Das können wir doch gleich mit erledigen. Wenn das ein Förster macht, kostet es doch nur Geld, Aufwand und Zeit“, sagt Hertel. Mit einer Leiter bewaffnet, schaffen sie bis zu 300 Stück pro Jahr, säuberten die Nistplätze sorgfältig, beobachteten, ob sie von den Vögeln angenommen wurden und tauschten – was oft vorkam – kaputte oder alte Kästen aus. Nun kümmert sich niemand mehr um die Nistkästen: „Alleine schaffe ich das nicht mehr“, klagt der 81-Jährige.

Doch einfach so aufgeben will er nicht: Er macht sich auf die Suche nach einem Mitstreiter, jemandem, der den Veldensteiner Forst genauso liebt, wie er es tut. Denn die Nistkästenpflege ist für ihn ein Türöffner zu weit mehr Geheimnissen, die im Wald versteckt sind. Anders als normale Besucher im Wald, sucht er dort nämlich keine Pilze, sondern das Abenteuer: „Wir sind nicht wie andere Besucher, wir kommen überall hin und lernen sehr viel kennen – auch viel historisch Interessantes.“

Sogar sehr viel: Zusammen mit seinen Mitstreitern hat er über 1500 Orte im Forst kartiert – Quellen, Wasserstellen und alte Brunnen, aber auch längst verwitterte Straßen, Steinbrüche und Überreste von Rennöfen, die belegen, das dort im Wald vor Jahrhunderten Eisen geschmolzen wurde.

St.-Otto-Stuhl gefunden

Und manchmal entdeckt Hertel sogar eine kleine Sensation: Zusammen mit Peter Wenzel und Richard Wächter durchkämmte er zwei Jahre lang den Veldensteiner Forst auf der Suche nach einem Stein – aber nicht irgendeinem: Mithilfe einer alten Karte fanden sie 2016 den St.-Otto-Stuhl. Auf ihm soll Bischof Otto vor 900 Jahren auf einer Missionsreise durch Franken geruht haben, somit ist er das bislang älteste bekannte kulturhistorische Denkmal im Veldensteiner Forst und dank der Entdecker ein Ziel für Wanderer.

Zu entdecken gibt es noch viel, davon ist Hertel überzeugt. Deshalb geht er nun alleine in den Wald, dreht dort unter anderem mit seiner Kamera kurze Natur- und Tierfilme. Doch die Arbeit an den Nistkästen, die fehlt ihm – und natürlich fehlen ihm seine Freunde.

Er hofft, bald neue Mitstreiter zu finden. Und bis es so weit ist, übt Heinz Hertel die Nistkästenpflege gewissermaßen zu Hause weiter. In seinen Garten hat er sich ein Vogelhaus gebaut, sogar das Futter backt er dort im Ofen selbst.

Bilder