Haus Cosima: Erste Bewohner eingezogen

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Franz Sedlak, Vorstand des Diakonischen Werkes (Zweiter von rechts) und Dekan Thomas Guba waren ins Haus Cosima gekommen, um mit Mitarbeitern und Bewohnern gemeinsam Advent zu feiern.⋌Foto: Andreas Harbach Foto: red

In der Ecke steht ein raumhoher Weihnachtsbaum, liebevoll geschmückt mit hell-und dunkelblauen Christbaumkugeln. Auf den Tischen der Wärmestube sind Teller mit Weihnachtsplätzchen verteilt. Kaffeeduft strömt durch die Räume. Aus einem Zimmer am Ende des Ganges dringen Babylaute. In die neue Obdachlosenunterkunft Haus Cosima der Stadt Bayreuth sind die ersten Bewohner eingezogen.

 
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Im Hause Cosima – wie Thomas Garbe, der leitende Verantwortliche dieser neuen Einrichtung, die neue Obdachlosenunterkunft der Stadt Bayreuth, nennt – ist wenige Tage nach der offiziellen Eröffnung am 4. Dezember schon beachtlich viel Leben eingezogen. Acht Bewohner leben derzeit in dem Haus, sagt Garbe.Darunter eine vierköpfige Familie aus Nigeria, die eigentlich in einerdezentralen Flüchtlingsunterkunft lebt, aber nach einem Wasserschaden in das Haus Cosima umziehen musste. „Wir nehmen alle Menschen auf“, sagt Garbe, „vorausgesetzt, sie sind obdachlos und hilfsbedürftig und werden uns vom Sozialamt zugewiesen.“ Das trifft auf fast alle Bewohner zu, die in den vergangenen Tagen dringend eine Unterkunft gesucht haben. Unter den Gästen ist aber auch eine Frau, die zuvor in der Herzogmühle gelebt hat und jetzt umziehen musste. Denn das viele Jahre in der Siedlung Herzogmühle als Notunterkunft genutzte Haus mit der Nummer 13 steht seit Ende November leer.Strom und Wasser wurden abgestellt. Das Kapitel Obdachlosenunterkunft Herzogmühle ist für die Stadt ein für alle mal geschlossen.

An den Rand der Gesellschaft gedrängt

Und das ist gut so, sagen die Mitarbeiter des Hauses Cosima – zwei Sozialpädagogen und eine Hauswirtschafterin – ebenso wie Alexandra Röthlingshöfer, Leiterin der Kinder- und Jugendhilfe der Diakonie Bayreuth, die das Haus Cosima betreibt. Jahrzehntelang habe man in Bayreuth Menschen, die bedürftig wurden, die durch die Maschen des sozialen Netzes fielen, an den Rand der Stadt und damit an den Rand der Gesellschaftabgeschoben. Nicht aus Böswilligkeit, sondern wegen mangelnder Alternativen,vielleicht auch einfach aus mangelnder Fürsorge. Obdachlos gleich Herzogmühle,lautete die Formel. Erst der dringend sanierungsbedürftige Zustand der in die Jahre gekommenen Gebäude in der Siedlung zwang die Verantwortlichen im Rathaus zum Handeln. Ihre Idee, die Häuser nach und nach abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen, fiel im Stadtrat auf Zustimmung. Doch statt den Beschluss umzusetzen, kam eine neue, weniger teure Alternative ins Spiel, basierend auf dem Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept, kurz ISEK. Reintegration statt Abgrenzung lautete die neue Formel. Soll heißen: Die Bewohner der Siedlung Herzogmühle sollten vom Rand der Gesellschaft in selbige zurückkehren.In einer Gemeinschaftsaktion von Stadt und Diakonie wurde 2009 dafür das auf zwei Jahre ausgelegte Projekt Chance entwickelt und von einer Sozialpädagogin vor Ort umgesetzt. Es dauerte deutlich länger als veranschlagt, doch am Ende war dem Projekt Erfolg beschieden: Die Häuser waren entvölkert und konnten abgerissen werden, um Platz zu schaffen für ein neues Baugebiet namens Untere Rotmainaue.

Obdachlosigkeit bleibt auch in Zukunft ein Thema

Die ehemaligen Herzogmühler sind in Wohnungen in der Stadt und der Region untergekommen, doch damit ist das Thema Obdachlosigkeit nicht verschwunden. Private Probleme, Arbeitsplatzverlust, Überschuldung, psychische und Suchtprobleme: Die Gründe, aus seinem gewohnten Umfeld gekippt zu werden, sind geblieben. Haus Cosima ist heute nicht weniger wichtig und notwendig wie einst die Herzogmühle. Im Gegenteil: Wenn man die Entwicklung auf dem Wohnungsmarktverfolge, könne man davon ausgehen, dass in Zukunft noch mehr Menschen als heute ihre Wohnungen verlieren, ist Garbe überzeugt.

Mitarbeiter stehen Bewohnern mit Rat und Tat zur Seite

Doch der Unterschied ist gravierend. Während sich die Bewohner der Herzogmühle allenfalls an die dort herrschenden Gesetze halten mussten, ansonsten aber sich allein überlassen waren, stehen Garbe und seine Kollegin Winnie Bauer den Bewohnern von Haus Cosima zur Seite, unterstützen sie soweit ihnen möglich bei Behördengängen, beim Ausfüllen von Formularen. „Wir sind die Schnittstelle und Lotse zugleich zwischen Sozialamt, Diakonie und Caritas“, sagt Garbe. „Wir informieren, wo man Kleidung erhält, wohin man sich wenden muss, um Leistungen zu beantragen.“ Aber die beiden Sozialarbeiter achten auch darauf, dass die Regeln des Hauses beachtet werden. Unterstützt werden sie von Hauswirtschaftsmeisterin Bettina Hietsch, der guten Seele des Hauses, die den Bewohner bei alltäglichen Dinge wie Kochen und Putzen Hilfestellung gibt oder sie anleitet.

Von den Koch- oder besser gesagt Backkünsten von Bettina Hietsch konnten sich Gäste und Besucher bei einer Adventsfeier am Mittwochvormittag überzeugen, zu der sie die Weihnachtsplätzchen beigesteuert hat. Unter den Gästen befand sich auch Dekan Thomas Guba, der nicht nur lobende Worte für die Einrichtung fand, sondern auch für die Arbeit des Teams um Garbe, das „Menschen in Notwirksam beistehen“ würde.

Dass das Haus Cosima im Gegensatz zur Herzogmühle in der Mitte der Gesellschaft steht und dort auch Beachtung findet, zeigt die Spende eines örtlichen Catering-Unternehmers: Er hat den Bewohnern und Mitarbeitern die Zutaten für ein festliches Weihnachtsmenü versprochen. Bettina Hietsch wird den Gansbraten, Klöße und Rotkraut zubereiten. Dank ihrer Kochkünste wird es ein Festessen werden.

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