Bayreuth Eine Stadt im Stillstand

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An den Schulen bleibt das ganz große Chaos aus. Derweil geht am Hauptbahnhof nichts mehr; Taxen sind ausgebucht. Und die Gewerkschaften zufrieden.

 
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Die Tauben haben die Bahnsteige am Hauptbahnhof am Montagmorgen für sich ganz alleine. Kein Zug stört die Ruhe. Nur einige Frauen und Männer in gelben und orangenen Westen sind da. Und die sorgen für den sonstigen Stillstand.

Am Hauptbahnhof beteiligen sich nach Angaben der Streikenden acht Mitglieder der Eisenbahngewerkschaft EVG am  Warnstreik. Im Lauf des Vormittags steigt die Anzahl etwas. „Uns blutet das Herz“, sagen zwei Männer von der EVG in der Früh auf dem Bahnsteig. Mehr als 30 Jahre seien sie bei der Bahn beschäftigt, wären stets für die Kunden da  und hätten sich schon lange nicht mehr an einem Arbeitskampf beteiligen müssen. Der Warnstreik falle ihnen nicht leicht.  Doch nun gehe es darum, die Existenzen ihrer Familien wirtschaftlich abzusichern. Die Lohnforderung ziele darauf ab, die hohe Inflation auszugleichen. Daneben gehe es auch um mehr Wertschätzung für sie und ihre Arbeit.  Die Züge von Bahn AG und Agilis standen derweil auf dem Abstellgleis.

Gegen 6 Uhr hatte sich fast ein Dutzend Reisende im Bahnhof eingefunden. In der Hoffnung, dass dort trotz des Streiks noch ein Zug kommt. Darunter angeblich viele Ausländer, die wegen fehlender Sprachkenntnisse die Medienberichte zum bevorstehenden Warnstreik nicht verstanden hatten. Bis 7.30 Uhr leerte sich das Foyer  wieder. Streikende klärten Wartenden  auf, dass der Zugverkehr vorübergehend eingestellt ist.

Gutes Geschäft für die Taxifahrer

Über viele Kunden freuten sich währenddessen die Taxifahrer. Blieben die guten Geschäfte sonst der Festspielzeit vorbehalten, kam  das Zubrot gestern nicht ungelegen. Bereits am  Freitag waren   Reservierungen für Montagfrüh eingegangen, so einer der Fahrer, die vor dem Bahnhof auf Kundschaft warten. Die Nachfrage sei  so groß gewesen, dass vereinzelte Fahrten abgesagt werden mussten. „Manche Leute waren ziemlich sauer, weil wir kein Auto mehr hatten“, sagt Heike Roß, die für Taxi Kroter, den Bayreuther Marktführer mit insgesamt 27 Taxen, am Funk sitzt. Gerade vormittags  habe Taxi Kroter   regelmäßige Fahrten durchzuführen, etwa behinderte Menschen zum Lebenswerk zu bringen. „Da konnten wir weitere Anfragen nicht in dem Umfang annehmen wie Nachfrage da war.“  Vorabzusagen wollte sie da  nicht machen. „Da sind die Leute  noch mehr verärgert, wenn dann keiner  kommt.“

Auch Rudi Schröder,  Bayreuther Taxi-Urgestein seit 1980, hat gestern  viel zu tun. Ab 5.30 Uhr ist er unterwegs. Fahrten zur Arbeit, zum Klinikum, eine  zum Bahnhof. „Obwohl ja kein Zug ging“, wundert sich Schröder. Am Bahnhof wiederum Nachfrage nach   Fernfahrten. Nach Weiden oder Nürnberg. „Ich war fast den ganzen Tag ausgebucht.“    Allerdings sagt Schröder auch: Die Nachfrage war noch größer, als die Bayreuther Busfahrer vor rund zwei Wochen erstmals gestreikt haben. Obwohl damals Züge noch fuhren. „Mittlerweile haben sich die Leute mit Fahrgemeinschaften, Fahrradfahren und Terminabsagen arrangiert.“ Dass gestern zwar viel, aber weniger los  war als beim ersten Streik, bestätigt auch Heike Roß von Taxi Kroter.  „Die Gesellschaft hat sich mehr und mehr darauf eingestellt“, findet Schröder. 

Auf den Warnstreik gut vorbereitet sind offenbar auch die Eltern schulpflichtiger Kinder. Wie die Stadtwerke durch  Pressesprecher Jan Koch auf Anfrage mitteilen,  sind  der reguläre Linienverkehr als auch die Zusatzfahrten im Schülerverkehr vom Streik betroffen. „Wir haben den Schulen  Bescheid gegeben, dass diese die Schüler und Eltern informieren sollen“, sagt Koch. Nicht vom Streik betroffen ist  der  von der Stadt Bayreuth organisierte Schülerverkehr. „Es hat sich keine einzige Schule gemeldet, dass  irgendwo Distanzunterricht hätte stattfinden müssen“, bilanziert Martin Richter, Schulrat bei den Staatlichen Schulämtern für die Grund- und Mittelschulen in Stadt und Landkreis Bayreuth. „Das hätten wir weitergeben müssen an die Regierung.“

Neben der EVG streikt auch  Verdi. Jessica Marcus,  Gewerkschaftssekretärin  Oberfranken-Ost und unter anderem zuständig für den Verkehrsbereich, ist zufrieden: „Weil viele Autobahnmeistereien vertreten waren und bei den   Stadtbussen keiner gefahren ist. Wir konnten ein starkes Signal   setzen.“  Für den Tarifvertrag Nahverkehr (TVN) fordert Verdi 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro pro Monat mehr. Für Auszubildende 200 Euro mehr. „Wir streiken nie, um  Leute zu stressen“, sagt Marcus. „Aber was, wenn der Nachwuchs der Busfahrer wegbricht?“ 2500 Euro brutto seien  zu unattraktiv. „Ernähren sie damit mal eine Familie.“

Zusätzlich streiken   auch  Mitarbeiter der Autobahn GmbH, Außenstelle Bayreuth.   Betroffen sind die Verwaltung sowie  zugehörige Autobahnmeistereien, etwa  Trockau und Thurnau. Dort geht es um den neuen Tarifvertrag Digitalisierung. „Es gab aber einen Notdienst für die Verkehrssicherheit“, sagt Marcus. Tunnel sind   frei und  der Winterdienst ist so bestückt, dass mindestens eine Fahrspur geräumt werden kann.

Polizeirelevant  wird der Montag nicht. „Bislang keine Einsätze mit Bezug zum Streik. Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen war aus unserer Sicht ebenfalls nicht zu verzeichnen“, sagt eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Oberfranken am Nachmittag.

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