Handwerker Kampf mit der Preisspirale

„Wir wissen nicht, wie wir uns verhalten sollen“: Georg Roßbacher und Floristin Silvia Krällner. Foto: Archiv/Klaus Trenz

Der bange Blick auf Gas- und Strom-Zähler: er ist bei vielen regionalen Handwerksbetrieben aktuell Alltag. Die umstrittene Gasumlage ist zwar Geschichte, die Inflation aber steigt. Und das ist nicht das einzige Problem der Firmenchefs.

 
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Georg Roßbacher von der Gärtnerei Rossbacher in Auerbach kann derzeit kaum vorausplanen: „Man weiß ja gar nicht genau, was steigen wird. Der Staat sagt, die Energiepreise werden steigen.“ Wie die Gärtnerei damit klarkommen soll, ist für den Chef aber noch ein großes Rätsel. „Wir wissen nicht, wie wir uns verhalten sollen.“ Etwas tun wollen sie aber auf jeden Fall. Der Energieverbrauch soll sinken. Eine Maßnahme: Es wird keine Warm-Gewächshäuser mehr geben. Sie sind Stromfresser, verbrauchen circa 35 Megawatt Energie. „Wir haben Festverträge mit unseren Versorgern, aber ob die den Preis beibehalten können, ist fraglich“, sagt Roßbacher. „Falls Erhöhungen kommen, müssen wir sie an unsere Kunden weitergeben.“ Eine Geranie kostet dann statt 2,50 Euro wohl 2,70 Euro. Eine größere Erhöhung wird nicht gehen, sagt Roßbacher. Mehr können sich Kunden gar nicht leisten.

Auch Michael Wolf macht sich Sorgen. Von „dunklen“ bevorstehenden Zeiten spricht der Chef der Schreinerei Wolf in Pegnitz. „Wenn es so weitergeht, kann sich irgendwann keiner mehr leisten, einen Betrieb zu führen. Auch der Endverbraucher wird die Preissteigerungen nicht mehr lange mitmachen.“ Bislang seien die Energiekosten in der Schreinerei nur leicht gestiegen. Wolf rechnet aber täglich mit einem Schreiben des Anbieters. „Das müssen wir auf unsere Kunden umlegen.“ Schlimm sei die Situation im Materialeinkauf. „Hier haben wir Preissteigerungen von 30 Prozent.“ Teilweise dauere es 18 Wochen, bis Türschlösser, Handklinken oder Scharniere geliefert werden. Das Problem vieler Zulieferer: Sie bekommen kein Personal. Es fehlt etwa an Schweißern. Das, sagt Wolf, sei die Herausforderung für alle Handwerksbetriebe. Er findet: „Das ist ein gesellschaftliches Problem. Es gibt Hartz-IV-Empfänger, die bekommen nur 200 Euro weniger pro Monat als ein Handwerker. Warum sollte der sich eine Arbeit suchen?“

Das Problem der langen Lieferzeiten kennt auch Heizungsbauer Franz Löhr aus Pottenstein. Er muss regelmäßig Kunden vertrösten. „Von den gestiegenen Energiepreisen spüren wir noch nichts. Als Heizungsbauer haben wir eher das Problem, an Material zu kommen.“ Manche Bestellungen dauern ein halbes Jahr. Besonders Wärmepumpen sind schwer zu kriegen. Weil die Nachfrage extrem hoch ist und weil Unternehmen selbst auf Teile warten. „Viele Bauteile kommen aus Russland oder Fernost und gerade dort gibt es gerade Engpässe.“ Den Kunden könne Löhr das nur genauso weitergeben. Und das, was kommt, ist teurer geworden. „Mindestens 30 Prozent mehr“, sagt Löhr. Bei einer Wärmepumpe macht das 3000 bis 5000 Euro aus.

Dachdeckermeister Martin Lenk von der Lenk GmbH in Pegnitz spart, wo er kann: „Ich faste jedes Jahr. Dieses Jahr haben meine Familie und ich Strom gefastet.“ Sie gingen durch jedes Zimmer, nahmen die Steckdosen unter die Lupe und fragten: „Brauchen wir das angeschlossene Teil unbedingt?“ Nun kam die Abrechnung: 25 Prozent weniger Energieverbrauch. Ähnlich lief es im Büro. Da läuft bisher keine Heizung.

Ein heikles Thema sind für Lenk die Dachziegel. Die werden in Öfen mit Gas gebrannt. „Wer aber vorausschauend plant, kann auch in den kommenden Monaten Ziegel herbekommen“, sagt der Unternehmer. Allerdings zu einem höheren Preis. „Meiner Meinung nach waren sie vorher viel zu billig.“ Weil Prozesse in modernen Werken vollkommen optimiert worden waren. Jetzt steigen die Preise um etwa zehn Prozent.

„Letztens habe ich einen ganzen Sattelzug Ziegel bestellt“, sagt Lenk. Einen Abnehmer hat er noch nicht. „Alle seriösen Betriebe und Großhändler knallen sich die Lager voll. Schon wenn es Anzeichen gibt, dass zum Beispiel diese bestimmte Wärmedämmung nicht kommt, greifen alle danach.“ Die Hersteller werden mit Groß-Bestellungen überflutet. Lenk kenne Firmen, bei denen der Innendienst nicht mehr ans Telefon gehe. „Das wurde dort von der Chef-Etage aufgetragen.“ Der Dachdeckermeister hofft endlich auf eine klare Linie der Bundesregierung. „Ich bin sehr ökologisch eingestellt, aber man kann seine Wirtschaft nicht mit 200 Stundenkilometer an die Wand fahren.“

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