Die für das dritte Vierteljahr erhoffte Konjunkturerholung steht nach zuletzt eher schwachen Daten zunehmend in Frage. "Ein negatives drittes Quartal in Deutschland ist wahrscheinlich und damit eine zumindest leichte Rezession", sagte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer bleibt die deutsche Wirtschaft "in einem Graubereich zwischen Magerwachstum und Rezession".
Sinkt die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer "technischen Rezession". Es handelt sich in diesem Fall aber nur um eine sehr milde Rezession. Anders sähe es aus, wenn die Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr gegenüber dem Vorjahr schrumpft. Damit rechnet aktuell jedoch niemand.
Claus Michelsen, Konjunkturchef des Deutsche Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält die Zeit reif für einen Kurswechsel: "Der Staat sollte mehr Geld ausgeben, um beispielsweise Projekte der Energie- und Mobilitätswende, im Bereich der Digitalisierung, aber auch auf dem Wohnungsmarkt voranzubringen." Die Gelegenheit sei dank historisch niedriger Zinsen günstig wie nie zuvor, um die deutsche Wirtschaft zukunftsfest zu machen.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, mahnte: "Es liegen trübe Monate vor uns, die drohen, zu Jahren zu werden – wenn die Politik nicht kräftig gegensteuert." Die Politik müsse rasch kräftige Impulse für die öffentliche und private Investitionstätigkeit setzen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte, "die Probleme im Inland anzupacken. Die Unternehmen geraten am Standort Deutschland wegen der Belastung mit Steuern und Bürokratie immer mehr unter Druck", kritisierte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.
Im europäischen Vergleich zählte Deutschland zu den Schlusslichtern bei der Wirtschaftsentwicklung. Im Euroraum insgesamt wuchs das Bruttoinlandsprodukt nach Angaben des Statistikamtes Eurostat um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die 28 EU-Länder legten ebenfalls um 0,2 Prozent zu. Rückläufig war die Wirtschaftsleistung neben Deutschland im Brexit-Land Großbritannien und in Schweden.