Halt durch, Emil! Bayreuth: Leukämiekranker Junge (2) bekommt am Donnerstag Knochenmarkspende

Von Frank Schmälzle

Diesen einen Tag muss er noch überstehen. Emil hat Fieber und Schmerzen. Er weint viel, manchmal schreit er. Emil (2) aus Bayreuth hat Leukämie. Am Donnerstag werden ihm Ärzte der Universitätsklinik Erlangen Knochenmark eines Spenders transplantieren. Diesen einen Tag muss er noch überstehen. Auch wenn es ihm nicht gut geht.

 
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Der leukämiekranke Emil (2) und seine Mutter Hafize Koszior (27) in seinem Zimmer in der Knochenmarkstransplantationseinheit in der Kinderklinik Erlangen. Das Bild ist vor einem Monat aufgenommen. Aktuelle Fotos von ihrem Sohn möchte die Mutter nicht veröffentlichen. Foto: Wojczenko Foto: red

Hafize Koszior kämpft mit den Tränen. Viele Chemotherapien hat ihr Sohn schon hinter sich. Keine war so hart, wie diese. Emils Knochenmark wird in diesen Tagen abgetötet, nur dann kann eine Knochenmarkspende erfolgreich sein. "Das Schlimmste", sagt die 27-Jährige, "ist diese Hilfslosigkeit." Sie möchte ihrem Kleinen helfen, wenn er Schmerzen hat. Wenn das Fieber ihn schüttelt. Und kann es nicht. Sie kann nur für ihn da sein.  Jeden Tag, so lange es geht. Die Sorgen erdrücken sie fast: Emil, halte durch. Nur noch diesen einen Tag. "Die Chancen stehen fifty-fifty", sagt die Mutter.

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Jede Infektion wäre lebensgefährlich

Emil ist in einem isolierten Zimmer untergebracht. Sein Immunsystem ist wegen der Vorbereitung auf die Knochenmarkspende kaum noch vorhanden. Jede kleinste Infektion wäre lebensgefährlich. Deshalb muss jetzt auch Hafize Koszior auf sich aufpassen. "Ich darf nicht krank werden." Sonst hätte Emil seine Mama nicht, in der schwersten Zeit seines noch so jungen Lebens.

Wochen der Angst

Wann am Donnerstag die Transplantation stattfinden wird, das weiß Hafize Koszior noch nicht genau. Sie wird dabei sein, und es wird nicht schlimm werden. Emil bekommt eine Infusion. Das ist alles. Was danach kommt, ist entscheidend. Zwischen vier und zwöf Wochen, sagt Hafize Koszior, muss man warten. Dann erst wird klar sein, ob Emils Körper das Knochenmark seines genetischen Zwillings angenommen hat. Solange bleibt die Angst.

Die Muter sagt: "Jeden Tag bete ich zu Gott."

Wenn es ihr schlecht geht, dann sagt die junge Mutter manchmal: "Es ist die Hölle. Ich wünsche das keinem anderen Menschen. Jeden Tag bete ich zu Gott, dass niemand so leiden muss."Wenn es ihr schlecht geht, dann denkt die junge Mutter aber auch daran, wie wie tapfer ihr Sohn in all den Monaten in der Klinik war. Und daran, welch großes Glück Emil und sie hatten. Ein Mann aus dem US-Bundesstaat Arizona kann Emil das Leben retten.

Große Solidarität in Bayreuth

Am anderen Ende der Welt fand sich der passende Spender. Und in Bayreuth hatte der Elternbeirat des Kindergartens, den Emil besucht hatte, alle Hebel in Bewegung gesetzt. 2257 Menschen beteiligten sich an einer Typsierungsaktion in der Graserschule. Auch wenn für Emil nicht der Richtige dabei war: "Für mich bedeutet das, dass wir 2257 Leben retten können", sagt Hafize Koszior.

Das sagt der behandelnde Arzt

Und das von Emil? "Insgesamt hat Emil auf die Chemotherapie sehr gut angesprochen", sagt Prof. Markus Metzler, Chef der Kinderonkologie an der Universitätsklinik Erlangen. Knochenmark, sagt Metzler, muss man sich wie einen Schwamm vorstellen. In dessen Nischen sitzen die Blutstammzellen, die rote und weiße Blutkörperchen sowie die Blutplättchen bilden. Die weißen Blutkörperchen sind für die Abwehr im Körper zuständig. Durch die Leukämie sind die gesunden Knochenmarkzellen verdrängt worden. "Während der Chemotherapie, die die bösartigen Leukämiezellen zerstört, werden auch die normalen Knochenmarkzellen unterdrückt", sagt der Arzt. Das schwächt den Körper. "Aber Emil hat sich bisher sehr gut geschlagen." Säuglingen und Kleinkinder vertrügen die Behandlung oft besser als Jugendliche und Erwachsene.

Nur noch diesen einen Tag muss Emil überstehen.