Härtere Strafen für Ladendiebe?

Von Martin Kreklau
Alexander Buss-Michaelis sorgt mit seinen Kollegen im Rotmain-Center für Sicherheit. Foto: Martin Kreklau Foto: red

Ladendiebe verursachten in Oberfranken im vergangenen Jahr einen Schaden von knapp 27 Millionen Euro. "Das sind aber nur die erfassten Fälle", sagt Thorsten Becker, Geschäftsführer des Handelsverbandes Oberfranken in Bayreuth. Die Dunkelziffer liege weitaus höher. Knapp 90 Prozent aller Fälle werden gar nicht erst angezeigt. Der Handelsverband schlägt jetzt Alarm -- und stellt Forderungen an Politik und Polizei.

 
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In der Weihnachtszeit ist Alexander Buss-Michaelis' Job schwieriger als gewöhnlich. Denn Langfinger haben Hochsaison -- und die Sicherheitskraft muss sie zusammen mit seinen Kollegen im Rotmain-Center stoppen. Dass die Ladendiebstähle zunehmen, merke man im Rotmain-Center nicht. Doch solche Fälle gibt es natürlich auch hier. Buss-Michaelis und seine Kollegen werden im Verdachtsfall von den Mietern verständigt. Die Sicherheitskräfte beobachten dann den Verdächtigen, sichten die Lage und rufen die Polizei. "Die haben es nicht weit, und sind immer schnell hier", sagt Buss-Michaelis. Ein klarer Vorteil, wenn die Sicherheitskräfte einen Flüchtigen festhalten müssen.

Deutlicher Anstieg

Die Zahlen sprechen Bände: In Oberfranken sind die Ladendiebstähle zwischen 2013 und 2016 um 8,6 Prozent gestiegen. Dabei gab es deutlich mehr Tatverdächtige ohne deutsche Staatsbürgerschaft: Von 2013 bis 2016 gab es eine Steigerung um 100 Prozent. Laut Zahlen des Handeslverbandes gab es 2013 deutschlandweit 17.391 schwere Ladendiebstähle, also solche mit bewaffneten und/oder organisierten Tätern, im Jahr 2016 waren es schon 22.476. Das bedeutet einen Anstieg um 30 Prozent. Die einfachen Ladendiebstähle sind demnach im selben Zeitraum von 338.761 Fällen um fünf Prozent auf 355.972 gestiegen. Und das, obwohl zahlreiche Händler in die Sicherheit ihrer Geschäfte investieren: "Für Schutzmaßnahmen wie Videoüberwachung, RFID-Chips oder Ladendetektive werden allein in Oberfranken 50 Millionen Euro jährlich ausgegeben", sagt Becker.

Trotz der hohen Investitionen lassen sich Ladendiebstähle nicht verhindern. "Man kann eben nicht überall sein", sagt Becker. Wenn man den Dieb nicht auf frischer Tat ertappt, müssten Videobänder gesichtet werden. Das verschlinge viel Zeit und Geld. Finde man den Täter doch auf dem Band, komme nicht mehr als eine Personenbeschreibung heraus. Videokameras hätten eher eine abschreckende Wirkung. Am häufigsten werden Lebensmittel- und Textilhändler Opfer der Kriminellen. Auch Elektrofachmärkte sind ein beliebtes Ziel.

Vorsicht, Waffen

Wenn die Sicherheitskräfte im Rotmain-Center eingreifen müssen, sind sie stets sehr vorsichtig. Denn: "Es kann sein, dass der Dieb eine Waffe trägt", sagt Sicherheits-Mann Andreas Suschke, "da heißt es dann: Auge, sei wachsam. Wir achten immer auf jede Bewegung." Ob ein Täter bewaffnet ist, oder nicht, lässt sich für die privaten Sicherheitskräfte nicht gleich feststellen, denn sie haben nicht das Recht, jemanden zu durchsuchen. Ein renitenter Dieb kann deshalb jederzeit zur Gefahr werden. Buss-Michaelis sieht es aber locker: "Mit der Zeit bekommt man einen Blick dafür, ob jemand Schwierigkeiten macht, oder nicht."

Becker betont, dass die Händler beobachten, dass die Gewaltbereitschaft der Täter steigt. Der Übergang vom Ladendiebstahl zum Raub sei inzwischen fließend -- mit schwerwiegenden Folgen für die Mitarbeiter, die in eine solche Situation geraten. "Die stecken das nicht so einfach weg", sagt Becker, "die meisten müssen nach einem solchen Erlebnis in psychologische Behandlung." Für ihn dränge sich das Gefühl auf, dass die Strafverfolgungsbehörden trotz der alarmierenden Entwicklung nichts unternehmen. "Oft nehmen Polizisten die Anzeige gar nicht erst auf, weil sie sagen, die Staatsanwaltschaft würde das Verfahren ohnehin einstellen", sagt Becker.

Oft organisierte Banden

Alexander Czech, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, kann das nicht bestätigen. "Bei jeder Straftat werden Ermittlungen eingeleitet", sagt er. Er räumt aber ein, dass es schwierig ist, die Täter zu fassen. Der Grund dafür ist, dass es sich meist um Kriminelle ohne örtlichen Bezug handelt. Das bedeutet: Sie stehlen etwas und sind dann weg. Ermittelt werde dennoch: "Wir werten beispielsweise Videobänder aus und speichern Fotos und Spuren in der Datenbank", erklärt Czech. Mit diesen Hinweisen, die für die Polizei länderübergreifend einsehbar sind, lassen sich Straftaten oft im Nachhinein aufklären -- zum Beispiel wenn ein Täter an einem anderen Ort erneut zuschlägt.

Für den starken Anstieg bei schweren Ladendiebstählen sind laut Polizei vor allem organisierte Banden verantwortlich. Das sind häufig Profis, die im Auftrag handeln. Die Drahtzieher sitzen oft in Osteuropa und bleiben im Hintergrund. Die Berufs-Diebe wissen, wie sie die Kameras umgehen, die Alarmchips ausschalten oder Ladendetektive hinters Licht führen können. "Wir hatten einen Fall in einem Textilgeschäft, da wurden in einer Handtasche 20 RFDI-Chips gefunden, die ein Dieb aus Jacken herausgeschnitten hatte", sagt Becker. Die Löcher waren dem Langfinger wohl egal.

Jeden Fall anzeigen

Czech empfiehlt jedem Händler, der Opfer eines Ladendiebstahls geworden ist, den Fall bei der Polizei anzuzeigen. Unter anderem deshalb, weil nur so Spuren und Daten gesammelt werden können, die dazu beitragen, den Dieb zu fassen. Genau darauf baut die Polizei auch, um die Lage künftig in den Griff zu bekommen. "Die länderübergreifende Zusammenarbeit gibt es bereits, doch sie soll noch weiter ausgebaut werden", sagt Czech. Wenn das gelingt, könnten Bandenstrukturen und gewerbsmäßige Diebstähle effektiver aufgedeckt werden.

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