Die erste große Belastungsprobe
Sohn Leon wird geboren und die junge Familie erlebt schnell ihre erste große Belastungsprobe. Der kleine Junge erkrankt an Krebs. Zwei Jahre dauert die Therapie. Zwei Jahre, in denen Daniela Engelhardt – sie ist damals 24 Jahre alt – mehr als einmal denkt, ob es nicht besser für ihn wäre, wenn er stirbt. Durchwachte Nächte im Krankenhaus, abwechselnd mit Schwiegereltern und Eltern am Bett des schwer kranken Jungen. „Durch meinen Mann habe ich da erlebt, dass auch Glaube trägt“, sagt Daniela Engelhardt.
Der Traum von der Großfamilie
Gemeinsam mit ihrem Sohn entscheidet sich die Familie nach dieser schweren Zeit, Pflegekinder aufzunehmen. Der Traum von der großen Familie ist geblieben. Und es gibt keinen Unterschied zwischen Kind und Pflegekind. „Das sind alles unsere Kinder.“ Zunächst zwei Jungs, Geschwister, die als Baby und Kleinkind in die Familie kamen. Das Jugendamt hatte allerdings deren Behinderung verschwiegen, und so kämpfte Daniela Engelhardt zunächst um die Anerkennung des erhöhten Förderbedarfs. „Ich war nur damit beschäftigt, das alles zu organisieren“, erinnert sie sich an die Anfänge. „Mein Alltag bestand daraus, Therapieanträge zu stellen, Widerspruchsbescheide zu bearbeiten, und die Kinder trotzdem unbedarft groß werden zu lassen.“ Das sei nicht leicht. „Wir haben inzwischen viel professionelle Hilfe hier, aber das dauert erst einmal, bis man das annimmt. Wir sind halt keine Nullachtfünfzehn-Familie.“
Mit dem Wohnmobil ans Meer
Und trotzdem. Der Traum von der großen Familie. Vor sechs Jahren nehmen Engelhardts noch ein Mädchen auf. „Ich hatte das Gefühl, dass ich da noch Kapazitäten frei habe“, sagt Daniela Engelhardt. Wieder folgt viel Bürokratie. „Das ist oft sehr ermüdend.“ Kraft schöpft die große Familie auch heute noch bei Urlauben mit dem Wohnmobil in Dänemark am Meer. „Zeit zum Durchschnaufen und Erholen für alle.“ Und Daniela Engelhardt wünscht sich einmal mehr, dass in unserer Gesellschaft nicht immer nur vom Leistungsdenken die Rede wäre. „Unsere Kinder sind mit dem eigenen Überleben oft genügend gefordert“, sagt sie. „Sie tragen einen solch großen Rucksack voll mit Problemen mit sich, dass ich ihnen jeden Tag aufs Neue ein Bildungsangebot machen muss. Das brauchen sie am meisten.“ Und wenn dann immer nur für die Note Eins im Zeugnis ein kostenloses Eis spendiert wird, „das schaffen diese Kinder nie“. Und sie wünscht sich, dass manche Menschen einmal darüber nachdenken sollten, wie es wäre, in den Schuhen anderer zu laufen. „Ich möchte mich nicht immer rechtfertigen müssen, denn ich fordere nichts von den Kindern.“
Abwechslung durch die Arbeit mit Zahlen
Abwechslung vom Alltag findet Daniela Engelhardt auch bei der Arbeit im Hippoteam Hummeltal, beim therapeutischen Reiten, im Elternbeirat der Dr.-Kurt-Blaser-Schule, aber auch als Kirchenpflegerin in der evangelischen Kirchengemeinde von Mistelbach. „Da habe ich dann viel mit Zahlen zu tun, das ist etwas ganz anderes.“
Und auch wenn Leon heute mit 19 gemeinsam mit seiner Freundin ausgezogen ist ins erste gemeinsame Heim, hat er doch eine enge Beziehung zu seinen Geschwistern und seiner Familie. „Das ist eine richtig große Geschwisterliebe.“ Ihre Kinder will Daniela Engelhardt bis zur Volljährigkeit bei sich behalten. Wenn die Kinder das wollen, sagt sie. Auch Leon kommt gerne nach Hause, darauf ist Daniela Engelhardt stolz. „Und dann trifft man sich am Küchentisch.“ Bei Kaffee und Möpken, wie es schon immer Tradition war im Emsland in den Häusern hinter den roten Klinkern. Und auch in Franken, hinter den weißen Klinkern, ist Platz für alle am großen langen Küchentisch.
Daniela Engelhardt gibt den Grünen Faden weiter an Sandra Frank. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Wir sind alle gleich“ in Waischenfeld. „Sie kämpft für ein großartiges Projekt“, sagt Daniela Engelhardt, „das behinderten Menschen Wohn- und Arbeitsplätze vor Ort anbieten möchte.“