Habeck-Team komplett?
Bei einem Erfolg würde Giegold Nachfolger von Emily Büning, der als Politische Bundesgeschäftsführerin Farblosigkeit vorgeworfen wird. Für den Parteivorsitz hatten Franziska Brantner und Felix Banaszak ihre Kandidatur angekündigt. Wahlkampfmanager voraussichtlich ohne Sitz im Vorstand wird Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch.
Giegold gilt als versierte Experte bei der politischen Gestaltung von Klimaschutz, dem zentralen Grünen-Thema. Er saß zwölf Jahre im Europaparlament und gilt als exzellent vernetzt. Bei Parteitagen trägt der Sammler von Plüschtieren schon mal tagelang ein solches mit sich herum - ideal für Small Talk und Vernetzung.
Richtet der designierte Kanzlerkandidat Habeck mit der wahrscheinlichen Personalie Giegold die Grünen weiter auf sich aus? Das wäre nicht im Sinne vieler Parteilinker. Brantner ist wie Giegold Staatssekretärin in Habecks Ministerium, er beamteter, sie parlamentarische. Aber anders als Brantner gilt Giegold gilt nicht als persönlicher Habeck-Vertrauter: Er arbeite nur gut mit ihm zusammen, heißt es in Parteikreisen weiter.
Baerbock sagte im ARD-"Bericht aus Berlin": "Robert Habeck ist derjenige, der uns in den Bundestagswahlkampf führt." Aber vor allem im Team seien die Grünen stark. Es gelte: "Da braucht es keine Einzelkämpfer." Sie selbst wolle im Team Habeck als Spitzenpolitikerin mitkämpfen.
Nachwuchs in Aufregung
Dennoch herrscht bei jungen und linken Grünen Aufregung. Der Vorstand der Grünen Jugend Schleswig-Holstein erklärte nahezu geschlossen seinen Austritt aus der Partei. Sieben der acht Mitglieder des aktuellen Landesvorstands und drei der vorigen Führung hatten sich dazu entschlossen. Es ist der fünfte Landesvorstand, der dem Parteiaustritt des Bundesvorstands der Nachwuchsorganisation folgt. Die Landessprecher Katharina Kewitz und Lars Brommann erklärten, statt sich mit Konzernen anzulegen, trügen die Grünen Asylrechtsverschärfungen mit.
Özdemir schreckt Partei-Linke auf
Für Aufregung sorgte Agrarminister und "Oberrealo" Cem Özdemir, der sich in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kritisch mit der Migrationspolitik auseinandergesetzt hatte. Seine Tochter werde häufiger "von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert". Klare Grenzen müssten gezogen werden: "Wer einen wertvollen Teil zu unserem Land beitragen kann und will, ist willkommen. Wer nachweislich Schutz sucht, dem helfen wir. Für alle anderen haben wir keinen Platz." Özdemir wird nachgesagt, Winfried Kretschmann als Ministerpräsident Baden-Württembergs nachfolgen zu wollen.
Der Europaabgeordnete Erik Marquardt vom linken Flügel kündigte daraufhin auf X an, die Grünen würden nie rechten Narrativen hinterherlaufen. "Dafür werden wir sorgen." Politiker anderer Parteien warfen dem Sohn türkischer Einwanderer Missbrauch der eigenen Rolle und die Verniedlichung von Faschisten vor. Von vielen X-Nutzern erhielt Özdemir aber auch viel Beifall. Baerbock verteidigte Özdemirs Text als Beitrag dazu, vermeintliche Widersprüche offensiv zu thematisieren.
Lang: Nicht nur auf starken Mann setzen
Am Mittwoch hatte der komplette Bundesvorstand der Partei mit den Co-Vorsitzenden Omid Nouripour und Ricarda Lang an der Spitze seinen Rücktritt für Mitte November angekündigt. Die Parteispitze zog damit die Konsequenz aus den Misserfolgen der Grünen bei den jüngsten Wahlen.
Lang wies Spekulationen zurück, dass Habeck sie zum Rückzug gedrängt haben könnte. "Nein, das stimmt nicht", sagte sie in der ARD. Sie warnte ihre Partei zugleich davor, den Teamgedanken zu vernachlässigen, um nur auf einen einzelnen starken Mann an der Spitze zu setzen.