Zu den faszinierendsten Ausstellungsstücken gehört die verblüffend kleine Pistole, mit der sich 1772 in Wetzlar Karl Wilhelm Jerusalem erschoss, Vorbild für Goethes "Werther". Er hatte sich die Waffe von einem gemeinsamen Bekannten, Johann Christian Kestner, geliehen. Die Kuratoren der Ausstellung trieben sie nach umfangreichen Recherchen in der Schweiz auf. Erstaunlich war das Merchandising, das rund um den "Werther" - einen der ersten internationalen Bestseller - entstand: Es gab Werther-Schmuck, Werther-Parfüm und Werther-Porzellan.
Goethes Hauptwerk "Faust" mit seiner Grundfrage "Was darf der Mensch?" erscheint angesichts von Genmanipulation und künstlicher Intelligenz heute noch relevanter als in seiner eigenen Zeit. Selbst seine "Farbenlehre", bei der er rein naturwissenschaftlich völlig daneben lag, inspirierte später reihenweise Künstler wie Piet Mondrian und Paul Klee. "Goethe war gut", sang Rudi Carrell. Fast zu gut, möchte man seufzen.
Das ist denn auch das Einzige, was man der Ausstellung vorwerfen kann: Wenn man sie am Ende verlässt, ist man doch wieder maßlos beeindruckt von Johann Wolfgang Superstar. Man fühlt sich sozusagen doch wieder wie "irgendein Scheißer". Vielleicht hätte man noch eine zehnte Abteilung hinzufügen müssen mit dem Titel "Goethes größte Irrtümer". Politisches Gespür etwa ging ihm oft ab, die Französische Revolution verteufelte er, um sich dann Napoleon an den Hals zu werfen. Im übrigen gilt für die Schau: Informationsgehalt: hoch. Unterhaltungswert: beträchtlich. Staubfaktor: null.