Gesprächsstoff Moderatoren: "3nach9"-Gäste sind vorsichtiger geworden

Die Angst vor einem Shitstorm scheint umzugehen. Deshalb redeten die Gäste von Talkrunden nicht mehr so frei drauflos wie früher, meinen Judith Rakers und Giovanni di Lorenzo.

 
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Bremen - Das Aufkommen der sozialen Medien hat nach Einschätzung der Journalistin Judith Rakers Talkshows im Fernsehen verändert. Gäste prüften heute viel mehr als früher, welche Auswirkungen ihre Äußerungen haben könnten, sagte die Moderatorin der Talkshow "3nach9" von Radio Bremen der Deutschen Presse-Agentur.

"Sie haben Angst vor einem Shitstorm, sie haben Angst davor, sich missverständlich auszudrücken, weil vor allem im Online-Bereich gerne einzelne Zitate rausgegriffen und rausgeballert werden in die Welt", sagte Rakers kurz vor dem 45. Geburtstag der dienstältesten Talkshow im deutschen Fernsehen. "Das generiert dann die schnellen Klicks, auf die viele Online-Medien angewiesen sind. Es wird dem Gast und seinem Anliegen aber oft einfach nicht gerecht."

Giovanni di Lorenzo, der der seit 30 Jahren "3nach9" moderiert, empfindet das ähnlich. "Die Gäste sind viel vorsichtiger geworden", sagte der 60-Jährige. "Umso mehr müssen sich Moderatoren abmühen, den Gästen etwas zu entlocken". Ihm zufolge haben viele Gäste schon Angst, bei der Sendung ein Glas Wein zu trinken – es könnte ja jemand die falschen Schlüsse daraus ziehen. Rakers berichtete von einer Sendung, bei der es Mettbrötchen gab, aber keiner zugriff. "Im Nachhinein haben einige gesagt, sie hätten gerne davon gegessen." Wegen möglicher Reaktionen von Tierschützern hätten sie verzichtet.

Zur Jubiläumssendung am kommenden Dienstag (19. November) werden der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff, die Musikerinnen Sarah Connor und Anne-Sophie Mutter, der Komiker Helge Schneider, der Philosoph Richard David Precht und der Psychotherapeut Günter Franzen als Gäste erwartet. Die Talkshow wird ab 22.45 Uhr im Ersten gezeigt.

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