Geschäftsführer Wiesent: Gesetzliche Vorgaben eingehalten Senivita verteidigt Pflegemodell

Von Peter Engelbrecht

Der Heimbetreiber Senivita mit Sitz in Bayreuth weist Vorwürfe im Zusammenhang mit der Umwandlung stationärer Pflegeplätze in ambulante Pflege zurück. „Dieses Modell entspricht den gesetzlichen Vorgaben“, betonte Geschäftsführer Horst Wiesent. Er räumte ein, dass es für die Kassen teurer wird.

 
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Im Geronto-Psychiatrischen Wohnbereich der DRK-Seniorenwohnanlage in Rostock-Evershagen hilft Lisa Krüger am Donnerstag (04.09.2008) einer Bewohnerin beim Essen. Im Pflegeheim der Anlage mit 168 Betten werden vor allem Demenzkranke betreut. Medizinisches und Pflegepersonal kümmert sich rund um die Uhr um die Bewohner. Dabei geht es nicht darum, den Demenzkranken "normale" Vorstellungen und Verhaltensweisen aufzuzwingen, sondern man knüpft an ihre Vorstellungen und ihre innere Welt an. Foto: Bernd Wüstneck dpa/lmv +++(c) dpa - Bildfunk+++ Foto: red

Das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ hatte den Gesundheitsökonomen Prof. Stefan Greß zitiert, der das Vorgehen als „Missbrauch“ kritisiert hatte. Durch die Umwandlung würde sich für die Bewohner nichts ändern, gleichzeitig würden die Kosten für Kranken- und Pflegekassen jeweils im dreistelligen Millionenbereich steigen. Hintergrund des Modells „Altenpflege 5.0“ von Senivita ist, dass Heimbetreiber in ihren stationären Einrichtungen bestehende Pflegezimmer zu Appartements umfunktionieren und so ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen einzeln abrechnen können. In stationären Einrichtungen sind diese Leistungen hingegen pauschal mit dem jeweiligen Pflegesatz abgegolten.

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Diese Umwandlungen würden von Senivita seit 2008 gemacht, damals sei das Heimgesetz entsprechend geändert worden, erläuterte Wiesent im Gespräch mit dem Kurier. Sechs seiner Heime arbeiteten bereits so, im kommenden Jahr werde ein weiteres dazukommen. Künftig will Wiesent dieses Modell auch bei Neubauten umsetzen. Er räumte ein, dass nach der Umwandlung die staatliche Heimaufsicht des Landratsamtes für Kontrollen nicht mehr zuständig sei, vielmehr kontrolliere der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) den ambulanten Pflegedienst und die Tagespflege einmal pro Jahr.

Der ambulante Pflegedienst sei bei „Altenpflege 5.0“ frei wählbar, sagte Senivita-Vorstand Eberhard Jach zu Aussagen von Bewohnern und deren Angehörigen, nach der Umstellung habe sich in der Pflege nichts geändert. Die Pflegeprozesse seien „ganz anders geworden“, hieß es. Das Personal werde individueller eingesetzt.

Wiesent räumte ein, dass das Modell für die Kassen teurer werde, doch die Politik habe das so entschieden. Er bestätigte eine Beispielsrechnung für einen Versicherten in der Pflegestufe 2. Für ihn zahlt die Pflegeversicherung vollstationär im Heim rund 1300 Euro im Monat. Beim „Modell 5.0“ berappt die Pflegeversicherung ebenfalls rund 1300 Euro im Monat, hinzu kommen rund 1300 Euro für die Tagespflege und rund 200 Euro pro Monat für häusliche Krankenpflege, gezahlt von der Krankenkasse. Gesamtsumme: 2800 Euro. Künftige Umsatzsteigerungen von 30 Prozent ergäben sich auch aus besserer Finanzierung der Behandlungspflege. Dieser höheren Förderung stünden entsprechende Leistungen gegenüber, sagte Wiesent. Den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung, der vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) erhoben wurde, wies er zurück. „Jeder andere kann das auch so machen“, sagte er.

Das BRK hatte in einem internen Papier gerügt, dass dieses Modell gezielt das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz unterlaufe, „um sich den gesetzlichen Standards und der staatlichen Aufsicht zu entziehen“. Wenn die gesetzlichen Anforderungen an Personal und Räume umgangen würden, führe dies zu „erheblichen Wettbewerbsverzerrungen“ mit stationären Einrichtungen. Dies stelle einen „klaren Missbrauch“ der neuen ambulanten Wohn- und Versorgungsformen sowie die Umgehung der staatlichen Schutzrechte dar.