Man weiß eigentlich gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll: An die Wand mit den historischen Küchenutensilien, den Holzpantoffeln, alten Bildern und Ofenkacheln? Auf den Boden mit dem Kopfsteinpflaster und den Gullydeckel? Oder an die Decke, wo ein kleines Ziegelsteinvordach mit dem Emaille-Straßenschild „Silge“ von der Vergangenheit kündet? Es ist, als betrete man eine verwunschene Welt aus der Zeit vor hundert Jahren, wenn man das Restaurant „Kartoffelkäfer“ in Bad Salzungen besucht.
 

Mandy Parade, Inhaberin und nach wie vor fleißige Bedienerin im Haus, sitzt an einem Tisch auf der Außenterrasse und erzählt, wie ihr Restaurant zu dem wurde, was es ist. Man könnte meinen, die Einrichtung mit ihrem uralt wirkenden Gebälk und den Backsteinwänden steht hier schon immer und man hat über die vielen, vielen Jahrzehnte einfach die kleinen und größeren Schätze dort aufgehoben. Wie bei einer Dachbodentruhe aus Omas und Opas Zeiten. Da steht etwa die historische Registrierkasse auf der Theke – Mandy Parades Lieblingsstück. Oder das alte Fahrrad, produziert noch in der Nachbarstadt Bad Liebenstein. Dinge, die es heute längst nicht mehr gibt.

Dabei ist das „Kartoffelkäfer“-Haus gar nicht so alt, wie man denken könnte. Mitte der 1990er-Jahre hat der damalige Besitzer das Haus aufgebaut und in dem typischen Stil eingerichtet – an jenem erinnerungswerten Ort Bad Salzungens, der Silge. Diese war vor Jahrhunderten schon ein wirtschaftlich genutzter Abfluss des Burgsees. Die Siedlung dort entlang mit den kleinen Gassen wurde schließlich so bezeichnet, noch heute zeugt der Straßenname davon.

Mandy Parade kam 1996 in den „Kartoffelkäfer“. Zuvor hatte sie in Bad Liebenstein ihre Ausbildung zur Restaurantfachfrau hinter sich gebracht. Eine harte Schule, wie sie sagt. Aber es hat sich gelohnt, den man habe was gelernt. Das merkt man der 50-Jährigen, die zwischenzeitlich auch an Bartheken mitgearbeitet und trotz Familie lange Nachtschichten hinter sich gebracht hat, heute an: Sie managt das Haus, packt überall mit an, organisiert und bedient selbst noch. Da steckt viel Power dahinter – und trotzdem nimmt sie sich zwischendurch die Zeit, mit dem Journalisten über ihr Leben zu plaudern.
 

Kultstatus in der Salzstadt

Dass Mandy Parade stolz auf ihren „Kartoffelkäfer“ ist, spürt man ebenso. Es wirkt vielmehr wie ein Selbstverständnis: ihr Haus (sie hat die Leitung 2016 übernommen), ihr eingeschworenes 14 Leute umfassendes Team – hier gehören alle zusammen und leisten was. So klingt es aus ihren Worten heraus. Und stolz zu sein, dazu hat sie allen Grund: Das Haus hat Kultstatus in Bad Salzungen, ist aber auch weit darüber hinaus bekannt. Gäste – in der Regel fast drei Viertel davon Touristen – reisen aus der ganzen Republik an. In Berlin sei ihr Restaurant von Fans sogar einmal in einem Magazin erwähnt worden.

Bei all dem Zuspruch gibt es selbstverständlich auch Herausforderungen, denn die vielen Gästeanfragen wollen unter einen Hut gebracht werden. „An manchen Tagen besetze ich Tische viermal“, sagt Mandy Parade. Ihr geht es wie der gesamten Branche derzeit: Fachkräfte sind Mangelware. Auch deshalb ist sie froh über ihr Team und auch darüber, dass der „Kartoffelkäfer“ inzwischen ein Familienbetrieb ist. Tochter Madeline arbeitet mit und wird das Haus wohl irgendwann mal übernehmen.

Im Zentrum aber steht freilich das Essen. Und davon gibt es im „Kartoffelkäfer“ reichlich. Wie der originelle Name schon sagt, ist die gelbe Knolle Programm, aber nicht ausschließlich. Darauf legen Mandy Parade und ihr Team wert. Es gibt Fisch, Fleisch, Vegetarisches, Mediterranes – ein großes Angebot an verschiedenen Gerichten. Dazu selbst gemachte Limonade, mit der sich ihre Tochter gern ausprobiert, denn Standard kann auch langweilig sein, sagt Mandy Parade. „Nur Cola, Fanta, Sprite ist heute nicht mehr angesagt.“

Im Zentrum steht aber fraglos die Kartoffel – und selbst die bleibt nicht beim Standard, denn es gibt sie in allen möglichen Varianten. Eine ganz besondere – und Mandy Parades Favorit – ist die Kartoffelpizza. Eine Kreation mit einem Boden aus dünnem Teig von rohen geriebenen Kartoffeln. Die sind besonders beliebt im „Kartoffelkäfer“. Zudem bietet die Küche Folienkartoffeln mit Quark, Kartoffelauflauf und zig weitere Variationen.

Und nun stelle man sich einmal vor, man sitzt inmitten dieses Restaurants in einer kleinen Nische, blickt über die Holzbalken auf den schon herbstlich geschmückten alten Deko-Eisenofen und bekommt einen heiß dampfenden Kartoffelauflauf an den Tisch gereicht – gemütlicher geht es kaum. Genau das macht zu einem großen Teil den Charme des „Kartoffelkäfers“ aus.

Eigentlich wollte Mandy Parade als ganz junge Frau mal Maskenbildnerin werden. Weil das nicht ging, kam sie in die Gastronomie – und blieb dort bis heute. Maskenbildnerin ist ein besonders kreativer Beruf: Man gestaltet, man erschafft, es ist Kunst. In gewisser Weise macht die Gastronomin das heute auch. Nicht nur, was die Küche anbelangt. Denn neben den kreativen Speisen legt sie Wert auf ihr Haus mit den urigen Details. Sie pflegt die Ausstattung, die Deko und erzählt gerne auch mal, wenn junge wie alte Gäste fasziniert durchs Haus laufen und fragen, was es mit dem antiken Interieur auf sich hat. „Ich liebe diese alten Sachen“, sagt Mandy Parade. Und: „Ich versuche, es für die Gäste immer wieder schöner und gemütlicher zu machen.“
 

Restaurant Kartoffelkäfer

Anschrift: Silge 11, 36433 Bad Salzungen

Kontakt: Telefon: 03695-606204, kartoffelkaeferbadsalzungen@yahoo.de, www.kartoffelkaefer.net

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11 bis 14.30 Uhr und ab 17 Uhr,
Samstag und Sonntag durchgehend ab 11 Uhr
 

Extra-Tipp: Übernachten in der Salzstadt

Der „Kartoffelkäfer“ bietet auch Übernachtungsmöglichkeiten. Die beiden Gästezimmer der Pension (als Doppel- oder Einzelzimmer buchbar) bieten Dusche/WC und Sat-TV und sind über ein separates Treppenhaus zu erreichen. Zudem gibt es eine Ferienwohnung mit 55 Quadratmetern Wohnfläche. Parken ist kostenfrei möglich. Von der historischen Siedlung Silge aus im Bad Salzunger Zentrum können die Gäste zu Fuß kurzerhand die Kuranlagen mit dem gerade in Renovierung befindlichen Gradierwerk und dem Wellnessbad Solewelt erreichen. Auch der Werratalradweg liegt in unmittelbarer Nähe.
 

Kartoffelpizza „Korsika“

Das brauchen Sie dazu: Kloßteig von rohen geriebenen Kartoffeln, selbstgemachte und gewürzte Tomatensauce, etwas Öl, Gouda und Ziegenbrie, frische Tomaten, frischer Basilikum, Schwarze Oliven (in Scheibchen)

Und So! wird’s gemacht: Den Kloßteig auf einem mit etwas Öl bestrichenen Backblech dünn (etwa zwei bis drei Millimeter) auswalzen. Tomatensauce bis zum Rand über den Teig streichen. Dann mit frischen Tomaten belegen, Gouda und Brie darüber geben sowie die Olivenscheibchen. Mit Basilikum verfeinern. Die Pizza wird dann im Backofen bei Ober- und Unterhitze auf der Stärksten Stufe 20 bis 30 Minuten lang gebacken.