Genuss-So! Ringelbete auf dem Schloss

Tim Birkner

Aus der spanischen Sterneküche ins Coburger Land:  Alexandra und Andreas  Rehberger führen seit  vergangenem Herbst das Schlosshotel Hohenstein.

 
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Gutes Essen braucht gute Zutaten und Zeit. „Wir wollen österreichische Küche mit regionalen Zutaten und neuen Ideen verknüpfen“, sagt Andreas Rehberger. Mit seiner Frau Alexandra übernahm er mitten in der Pandemie Schloss Hohenstein bei Ahorn im Coburger Land: 17 Zimmer und ein Restaurant mit 45 Plätzen. Im Oktober hat das Paar aus Österreich eröffnet, seit November ist wieder geschlossen. Das ist ein holpriger Start für einen Wunsch, dem die beiden seit über zehn Jahren entgegenarbeiten. Seit ihrem Entschluss, irgendwann ein eigenes Restaurant zu eröffnen, arbeiteten sie immer in der Sterne-Gastronomie. Erst in Österreich, dann in Spanien, zuletzt in Berlin.

So prägt nun auch Sternekoch Paco Perez, für den sie eineinhalb Jahre in einem spanischen Fischerdorf arbeiteten, die Küche auf Hohenstein. „Wir kochen für den Gast und nicht für das Ego des Küchenchefs, der sich nur mit anderen Köchen messen will“, sagt Andreas Rehberger. Das ist ein Credo von Perez, das Rehberger übernommen hat. Und so kurz die Begegnung auch bislang war, so offen hat er seine Gäste erlebt. Er steht in der Küche, Alexandra ist die Sommelière und managt das Restaurant. „Unsere Gäste sind verbindlich, freundlich und sympathisch“, sagt er. In Berlin, als die beiden das Restaurant „Das Stue“ unter dem Patronat von Perez führten, haben sie auch anderes erlebt. „Irgendwann kommt der Moment, wo man noch eine Spur mehr Freiheit und eine Spur mehr Selbstverwirklichung möchte“, sagt Rehberger. Und diese Spur führte nach Franken.

Beides finden sie in den alten Mauern des Schlosses, das im 13. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wurde und heute einer Stiftung gehört. „Der Erhalt des Schlosses ist ein wichtiger Teil des Pachtvertrags“, sagt Rehberger, der nun Schlossherr mit allen Verpflichtungen ist. Vom Turmdach bis zum Keller. Rund ums Schloss wachsen Schlehen, die in diesem Jahr besonders gut trugen. Also kommen sie mit in die Küche, zum Beispiel in die Jus zum Schweinebauch. Einfache, traditionelle Gerichte auf höchstem Niveau zu kochen, hat Rehberger in Spanien gelernt. Zur Eröffnung gab es daher Reisfleisch, ein österreichisches Gericht, das ursprünglich ein Reste-Essen war. Rehberger verwendet nun „einen feinen Schmorbraten und pikante Spitzpaprika“ dafür.

„Unsere Gäste lassen sich auf etwas Neues ein“, beobachtet er – und ist dankbar dafür, dass viele von ihnen das To-go-Menü an den Wochenenden bestellen. Die Qualität, die sich der Koch und auch die Gäste wünschen, geht nur mit etwas Hilfe zur Selbsthilfe. Das letzte Wärmen, Überbacken und Anrichten muss zu Hause passieren. Dafür legt Rehberger dann einen Beipackzettel dazu, wie der Waller wieder warm oder die Kalbshüfte kurz angebraten wird. Er musste „to go“ auch erst lernen, manches einfacher gestalten. „Die Leute wollen ja essen und nicht mit 27 Töpfen ihre Küche dreckig machen“, lacht er.

Für Gemüsesalat und Schweinebauch verrät er sein Rezept. Alexandra holt aus dem Weinkeller den passenden Wein dazu, natürlich einen Österreicher: ein Grüner Veltliner vom Gaisberg im Kremstal, Jahrgang 2017, Weingut Geyerhof. Rechnet sie die einzelnen Jahrgänge mit, kommt sie auf 400 verschiedene Weine, die im Schlosskeller lagern.

Paco Perez hat Rehberger gelehrt, nach guten Zutaten zu suchen, sie zu finden, sie mit der Zubereitung sich entfalten zu lassen. Aus der Zeit in Spanien sind ihm die „sehr süßen Erbsen“, traumhafte Artischocken und das Fleisch vom Iberico-Schwein in bester Erinnerung. Mit der gleichen Begeisterung erzählt er in seiner neuen Heimat von den Kartoffeln „Bamberger Hörnla“, schwarzen Linsen oder Grünkern. Oder er findet eine Zitronatzitrone aus regionaler Herstellung. Sie kommt aus dem Tropenhaus in Tettau.

Karotten und Petersilwurzeln werden in Öl bei 80 Grad zwei Stunden lang gegart, damit sie bissfest bleiben, Rettichscheiben in Milch blanchiert, damit sie „eine Spur“ Schärfe verlieren. Bei Rehberger bekommt jede Zutat auch ihre eigene Zuwendung und viel Konzentration, denn „eine Spur zu viel“ – und alles ist vorbei. Aus Spanien hat er natürlich die Liebe zum Fisch mitgebracht oder die Zubereitung aller Stücke beispielsweise eines Schweins. „Auch abseits vom Filet gibt es viele Stücke, die wirklich wunderbar sind. Mit ihnen wollen wir arbeiten“, so Rehberger. Und er möchte das Gemüse aus dem Schatten der ewigen Beilage holen. „Auch darauf liegt unser Fokus“, sagt er und mischt Apfel- mit Rettichscheiben.

„Kochen ist immer eine Leistung des Teams“, sagt Rehberger. Das ist die dritte große Lehre, die er neben der Orientierung am Gast und der Wertschätzung für Zutaten verinnerlicht hat. So denkt sich das Team jetzt die Speisekarte für die Wiedereröffnung aus. Seidmannsdorfer Saibling wird ebenso darauf stehen wie Nitters Perlhuhnbrust oder ein Schokoladensoufflé mit Coburger Schmätzchen, geräucherter Emmerbrandsahne und Fichtenwipfeln. Viel Liebe zum Detail steckt in jedem Rezept, in jedem einzelnen Schritt, den Andreas Rehberger geht. Und noch etwas hat er in Spanien verinnerlicht: „Auch in der Sterneküche kocht man mit Wasser.“ In Hohenstein übrigens auch.

Romantik Hotel Schloss Hohenstein Alexandra und Andreas Rehberger

Anschrift: Hohenstein 1, 96482 Ahorn Telefon: 09565 9393151 Internet: post@schlosshotel-hohenstein.de, www.schlosshotel-hohenstein.de Öffnungszeiten des Restaurants außerhalb der Pandemie: Mittwoch bis Samstag: ab 18 Uhr, Sonntag: 12 Uhr bis 20 Uhr Wochenendmenü während der Pandemie online einsehen und telefonisch bestellen.


Gemüse-Salat

für 4 Personen

Fenchel: 1 Fenchelknolle, 2 Prisen Salz, 30 ml Olivenöl, Saft von 3 Orangen
Petersilwurzel und Karotte in Rapsöl confiert: Je 2 Petersilwurzeln und Karotten mit der Schale, 500ml Rapsöl, 10 weiße Pfefferkörner, 1 Lorbeerblatt, Salz
Kohlrabi, gelbe Bete und Ringelbete: Je 1 gelbe und 1 Ringelbete, 1 Kohlrabi pro Gemüsesorte je 2 Prisen Salz, 2 Prisen Puderzucker 1 EL Himbeeressig 1 EL Rapsöl
Vinaigrette Emulsion: 100 ml weißer Balsamico-Essig, 20g Puderzucker, Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle, 300ml Rapsöl
Bärlauchöl: 300ml Sonnenblumenöl, 1 Bund Bärlauch
Zum Garnieren: Fenchelkraut, Bärlauchblüten, getrocknete Lavendelblüten

➜ Den Fenchel dünn schneiden und mit der Marinade ziehen lassen, am besten am Vortag vorbereiten.
➜ Die Petersilwurzeln und Karotten waschen, in ein hohes Gefäß geben mit dem Öl bedecken und die Gewürze dazugeben. Das Behältnis mit Alufolie abdecken und das Gemüse zwei Stunden im Backrohr bei 80 Grad Umluft confieren. Das Gemüse im Öl auskühlen lassen und anschließend der Länge nach vierteln. Vor dem Servieren in einer Pfanne anbraten, dass das Gemüse leicht Farbe nimmt.
➜ Die Bete und den Kohlrabi schälen und in ein Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Mit Salz und Puderzucker mischen und fünf Minuten stehen lassen. Danach mit Essig und Öl marinieren. Für die Vinaigrette den Essig und die Gewürze in eine Schüssel geben. Mit einem Pürierstab das Öl langsam einarbeiten. Die Vinaigrette mit Salz und Pfeffer abschmecken.
➜ Für das Bärlauchöl das Öl auf 60 bis 70 Grad erwärmen. Den Bärlauch grob zerkleinern und in den Mixer geben. Das erwärmte Öl einmixen. Das fertige Bärlauchöl durch ein feines Sieb passieren und rasch auf Eis abkühlen lassen.
➜ Anrichten: Karotten und Petersilwurzeln anrichten, danach die restlichen marinierten Gemüse daraufsetzen, mit der Vinaigrette und dem Bärlauchöl beträufeln und mit Blüten und Kräutern dekorieren.


Schweinebauch, Schlehenolivenreduktion, Apfel und Rettich

für 4 Personen
1 Kilo Schweinebauch, 5 große Zwiebeln, 1 Karotte, 1⁄4 Knollensellerie, Salz, weißer Pfeffer, Kümmel, Lorbeerblatt, 1,5 Liter Kalbsfond 2 Esslöffel Sonnenblumenöl
Schlehenolivenreduktion: 90 g Püree aus Schlehenoliven (alternativ Kalamataoliven pürieren), 50 g brauner Zucker, 60 g gereifter alter Weinessig, 0,4l Wasser
Rettich: 1 Knolle Rettich 1⁄4 l Milch, Meerrettich, Salz, Pfeffer
Apfel: Zwei säurebetonte Äpfel (Kronprinz), Saft von 1 Zitrone Salz, Pfeffer, Olivenöl
➜ Schweinebauch salzen und pfeffern und die Schwarte kreuzweise einritzen. Gemüse grob schneiden und in einer heißen Pfanne mit ein wenig Öl anrösten, das Gemüse in einen Schmortopf geben, den Schweinebauch darauf setzen, den Fond angießen und darauf achten, dass nur noch die Schwarte sich oberhalb der Flüssigkeit befindet. Im Rohr im Ofen bei 120 Grad für fünf Stunden schmoren. Aus der Flüssigkeit heben, die Schwarte abtupfen, den Schweinebauch portionieren und in der Pfanne oder auch im Ofen bei starker Oberhitze die Haut knusprig aufpoppen lassen.
➜ Schlehenoliven: Den braunen Zucker karamellisieren, mit Essig ablöschen und auf ein Drittel reduzieren bis eine sirupartige Konsistenz entsteht. Danach Wasser und Olivenpüree zufügen und wiederum auf 1 /3 reduzieren lassen
➜ Rettich in Scheiben schneiden, währenddessen, die Milch mit Salz und Pfeffer würzen und zum Kochen bringen. Den Rettich einlegen, vom Feuer nehmen und drei Minuten ziehen lassen, aus der Milch nehmen und auskühlen lassen. Dann die Scheiben nebeneinander legen und Meerrettich darüber reiben.
➜ Äpfel in Scheiben schneiden, in Zitronensaft marinieren, die Scheiben nebeneinanderlegen, mit Olivenöl bestreichen und mit Salz und Pfeffer würzen.
➜ Die Apfelscheiben mit den Rettichscheiben übereinander stapeln, immer abwechselnd, dass ein kleiner Turm entsteht, je ca. 7 Scheiben. Daneben 2 Esslöffel von der Olivenreduktion angießen und den knusprig gebratenen Schweinebauch daraufsetzen, Schwarte natürlich nach oben.

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