Gästeregistrerung Viele Beschwerden gegen Erfassung von Gästedaten in Lokalen

ANSBACH/MÜNCHEN. Seit Monaten müssen Gastronomen die Daten ihrer Gäste erfassen, damit bei Corona-Fällen Kontaktpersonen aus den Restaurants ermittelt werden können. Dies bereitet nicht nur den Wirten viel Arbeit, sondern auch Datenschützern.

 
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Die bayerischen Datenschutzbehörden haben weit mehr als 100 Beschwerden gegen die Erfassung der Gästedaten in der Gastronomie wegen der Corona-Krise erhalten. Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht in Ansbach hat nach Angaben eines Sprechers rund 100 Beschwerden erhalten. Dem Datenschutz-Landesbeauftragten Thomas Petri in München liegen zudem nach eigenen Angaben weitere Beschwerden im mittleren zweistelligen Bereich vor.

Im Freistaat ist der Datenschutz im Unterschied zu anderen Bundesländern auf zwei Behörden aufgeteilt. Während sich Petri um die Einhaltung der Gesetze beim Staat kümmert, ist das Ansbacher Landesamt für die Überwachung von Unternehmen zuständig.

Beim größten Teil der Beschwerden geht es nach Angaben des Landesamtes darum, dass in manchen Restaurants Listen für mehrere Gäste verwendet wurden. Dadurch könne dann der Gast, der seine Daten einträgt, die Angaben der Personen sehen, die zuvor gekommen seien, erklärte Alexander Filip vom Landesamt. "Dies ist datenschutzrechtlich unzulässig."

Nach dem seit Mitte Mai gültigen bayerischen Hygienekonzept müssen die Wirte eine Liste mit den Namen der Kunden, deren Telefonnummern und dem Zeitraum des Aufenthaltes anlegen. "Die Gästeliste ist so zu führen und zu verwahren, dass Dritte sie nicht einsehen können", heißt es in der Bekanntmachung der Staatsregierung. Die Listen sollen zur Information der Kontaktpersonen dienen, wenn ein Gast positiv auf das Coronavirus Sars-CoV-2 getestet wurde.

Die Datenschützer empfehlen, dass die Betriebe für jeden Tisch ein eigenes Blatt verwenden, um Probleme zu vermeiden. Falls die Gaststätten nicht zulässige Listen führen, fordern die Datenschützer die Betreiber schriftlich zur Änderung dieser Praxis auf. "Aufgrund der großen Anzahl an Lokalen ist es aber nicht ganz überraschend, dass die Handhabung in einigen der Lokale bislang in datenschutzrechtlicher Hinsicht offenbar noch nicht immer korrekt stattfindet", sagte Filip.

Sollte ein Unternehmen dauerhaft gegen den Datenschutz verstoßen, wäre auch ein Bußgeld möglich. So ein Fall ist dem Landesamt aber noch nicht bekannt. Die Gastronomen müssten die Adressblätter dann nach Ablauf eines Monats schreddern.

Nachdem bekannt wurde, dass die Polizei in Bayern in mindestens zwei Dutzend Fällen Gästelisten für Ermittlungen nach Straftaten genutzt hat, kündigte der Landesbeauftragte Petri an, diese Fälle genau zu prüfen. Denn die Ermittler greifen nicht nur bei schwersten Verbrechen wie Mord oder Totschlag auf die Listen zu, sondern auch bei weniger schweren Delikten wie Betrug oder Beleidigung. "Wir werden dem nachgehen, soviel steht schon fest", sagte Petri.

Er will herausfinden, ob die Polizei auch bei Bagatelldelikten die Listen einsieht, was der Datenschützer als problematisch ansehen würde. In einem Beleidigungsfall, in dem die Listen herangezogen wurden, gehe es beispielsweise um einen rechtsextremen Hintergrund, erklärte Petri. Es sollen antisemitische Äußerungen gefallen sein. In einem solchen Fall müsse schon genauer hingeschaut werden. Es könne dann auch einen Bezug zu einer organisierten extremistischen Bewegung geben, sagte er. In diesem Fall könnte das Delikt die Bagatellschwelle überschreiten.

Der Datenschutzbeauftragte erklärte, dass Betrugs- oder Diebstahlsdelikte normalerweise im Spektrum der mittleren Kriminalität lägen. Doch solche Fälle könnten nach oben oder unten ausschlagen. Bei einem Betrug könne es um wenige Euro oder sogar eine Milliardensumme gehen. "Das muss man sich ansehen, ehe man sagt, das ist eine Bagatellstraftat oder eine Straftat von einigem Gewicht."

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