Für zusätzliches Getreide Bayern will mehr Äcker freigeben

Jürgen Umlauft
800 000 Tonnen Getreide zusätzlich könnten nach Ansicht Bayerns geerntet werden, würden Öko-Flächen bewirtschaftet. Foto: dpa

Stillgelegte Öko-Flächen sollen bewirtschaftet werden. So könnten 800 000 Tonnen Getreide zusätzlich geerntet werden. Das mache Deutschland unabhängiger.

 
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Die Staatsregierung drängt als Folge des Krieges in der Ukraine auf eine weniger von Importen abhängige Lebensmittelversorgung. Nach einer Kabinettssitzung im Beisein von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski forderte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Bundesregierung auf, ihre Blockade bei der von der EU ermöglichten Reaktivierung stillgelegter Anbauflächen aufzugeben. Man brauche mehr „Ernährungssouveränität“. Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) sprach sich zudem für die Aufnahme der Ernährungssicherheit als dem Klima- und Umweltschutz gleichberechtigtes Staatsziel in das Grundgesetz aus.

Nach Angaben Kanibers könnten deutschlandweit bis zu 170 000 Hektar aus ökologischen Gründen stillgelegter Agrarfläche wieder für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden. In Bayern wären es 25 000 Hektar. Bundesweit ließen sich darauf rund 800 000 Tonnen Getreide zur Versorgung von drei Millionen Menschen anbauen. „Es tut mir im Herzen weh, dass Deutschland diese Chance verpasst“, sagte Kaniber. Söder ergänzte, die zusätzliche Produktion könne die Eigenversorgung mit Lebensmitteln, aber auch die Ernährungssicherheit in anderen Ländern verbessern. Zudem wirke sich eine höhere Produktion dämpfend auf die Lebensmittelpreise aus.

An die EU appellierte Söder, die Kennzeichnung regional erzeugter Lebensmittel zu erleichtern. Damit könne dem Wunsch vieler Verbraucher nach Nahrungsmitteln aus der Region nachgekommen werden. Für Kaniber wäre die Herkunftskennzeichnung auch ein Zeichen der Fairness gegenüber den europäischen Landwirten, die immer höhere Auflagen bezüglich Klimaverträglichkeit und Tierwohl zu erfüllen hätten. Ihre Produkte müssten deshalb klar erkennbar von Billigimporten von außerhalb der EU zu unterscheiden sein. Wojciechowski erklärte, er stehe zum bayerischen Modell des familiengeführten Agrarbetriebs. Seine Politik ziele darauf ab, regionale Lieferketten auszubauen und für kürzere Wege zwischen Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln zu sorgen. Eine Stärkung der Anbauflächen sei „sehr wichtig“. Zwar sehe es derzeit nicht so aus, dass kurzfristig Hungersnöte drohten, gleichwohl müsse die Produktionskraft verbessert werden, um die Gefahren zu verringern. Mit Blick auf die Ukraine kritisierte er, dass dort die Ausfuhr von Lebensmitteln durch Russland verhindert werde. Es brauche daher „Solidaritätskorridore“ für den Transport nach Europa und in die Welt.

Wie Kaniber mitteilte, will die Staatsregierung bis zum Herbst eine Liste der Regionen in Bayern vorlegen, in denen Nutztierbestände wegen der komplexen Geländestruktur „nicht zumutbar“ durch Zäune vor Wolfsübergriffen geschützt werden können. Derzeit arbeite daran eine gemeinsame Kommission von Umwelt- und Agrarministerium. Kaniber sagte, es müsse die Möglichkeit geschaffen werden, in diesen Regionen übergriffige Wölfe „rechtssicher zu entnehmen“, also abzuschießen. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) appellierte an den Bund, die dafür nötige Absenkung des Schutzstatus des Wolfes endlich vorzunehmen. Demnächst starten soll zudem eine Studie zu den Auswirkungen des Fischotters auf die Teich- und Fischwirtschaft in Bayern. Dabei sollen auch die Folgen für die Artenvielfalt bewertet werden, die sich durch das Fressverhalten des Fischotters sowie aus Zaunbauten zu dessen Abwehr ergeben. Auch hier würden nach Angaben der Staatsregierung „rechtskonforme Lösungen“ zum Schutz von Teichwirten und Artenvielfalt angestrebt. Glauber mahnte angesichts der Dürregefahr dringend eine nationale Strategie für die Wasserversorgung an. In Franken seien die Niederschlagswerte längst so niedrig wie in Jordanien.

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