Die Bundestrainerin glaubt, dass auch die mentale Komponente zu mancher Verkrampfung in den Länderspielen geführt habe. „Der Druck ist bei den Spielerinnen relativ groß. Es ist kein Selbstverständnis, dass diejenige, die bei der EM dabei war, auch mit zur WM kommt.“ Das ist insofern interessant, als dass der 23er-Kader diesmal erst nach der Vorbereitung benannt wird.
Die Aufmerksamkeit ist gestiegen
Überlegt wird zudem, ob ein oder zwei Akteure als Back-up mitreisen. Denn Voss-Tecklenburg will explizit Leistungsträgerinnen wie Giulia Gwinn nach ihrem Kreuzbandriss die Tür offen halten; mit Kapitänin Alexandra Popp ging ein ähnliches Wagnis bei der EM bekanntlich auf. Inzwischen ist die Torjägerin das bekannteste Gesicht des deutschen Frauenfußballs. Daran sehe man, was geschafft worden sei, erzählte die tatendurstige Trainerin: „Wenn ich vor drei, vier Jahren am Platz die Leute gefragt habe, welche Nationalspielerin sie kennen, nannten sie Alexandra Popp und vielleicht Almuth Schult – viel mehr aber nicht. Das ist anders geworden.“
Die gestiegene Aufmerksamkeit ist zuletzt am Wochenende eindrucksvoll bezeugt worden. Mehr als 60 000 Besucher strömten insgesamt zum Bundesligaspiel des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt (0:2) sowie zum Champions-League-Halbfinale des VfL Wolfsburg gegen Arsenal (2:2). „Für mich als Bundestrainerin ist das natürlich ein cooles Projekt“, sagte Voss-Tecklenburg. Dass die Spielerinnen neuerdings ihr eigenes Wort nicht verstünden, „weil die Ultras bei einer Ecke so laut pfeifen“, bezeichnete sie als wertvollen Lerneffekt.
Voss-Tecklenburg fehlen in Deutschland die Visionen
Ausdrücklich nahm Voss-Tecklenburg die Clubs der Frauen-Bundesliga in die Pflicht. „In England haben alle Vereine die Vision, nach oben zu kommen.“ Dass sich manch deutscher Lizenzverein allein darauf beschränke, im Frauenfußball Talente lediglich zu entwickeln, sei auf Dauer zu wenig: „Das kann bei uns nicht der Weg für die Zukunft sein. Dann werden wir an der einen oder anderen Stelle überholt.“