Bamberg - Filme gehen dann ins Blut, wenn man sich hineinversetzen kann in die Charaktere. Im  Film „Wo ist Mike“ (Sonntag, 16. Mai, 20.15 Uhr in der ARD) passiert das in mehrerlei Hinsicht: Den Zuschauer packt die nackte Angst eines Elternpaars um ihren kleinen Sohn. Und auch in der Haut von Ermittlerin Paula Ringelhahn will man nicht stecken. Sie schlittert innerhalb von 90 Minuten aus einer Phase euphorischer Verliebtheit hinein in einen emotionalen Albtraum.

Der Plot  dreht sich um den fünfjährigen Mike, der aus Sicht seiner dauerstreitenden Eltern  spurlos verschwunden scheint. Ist er weggelaufen? Entführt? Ermordet? Auch die Polizei ahnt  nicht, was der Zuschauer seit  Szene Nummer eins  weiß: Mikes Verschwinden hängt   mit einem  Jugendlichen zusammen, an dessen Hand er  nachts durch den Wald rennt.  Diesem  jungen Mann, Titus (super gespielt von Simon Frühwirth), folgt die Kamera  fortan – durch Träume, nach Amsterdam, in die Psychiatrie  und zum  Domplatz, wo Titus  nackt aus einem   Delirium erwacht.  

Und noch ein zweiter  Mann steht im Fokus: Rolf Glawogger (Sylvester Groth), ein vom Dienst suspendierter Lehrer, in den sich Ermittlerin  Paula Ringelhahn verguckt hat. Liebt sie einen Kinderschänder? Lügt Rolf, wenn er stur seine Unschuld beteuert?

Den Filmemachern geht es ums Hinschauen:  auf das, was in der Gesellschaft passiert – in Familien, in Schulen, in Orten. Wo keiner hinschaut, wo Menschen vernachlässigt werden – egal, ob sie fünf Jahre alt sind oder kurz vor der Rente, sind Tragödien nicht weit.

Dicht gewebt, fast überladen kommt die Episode daher. Und die Macher schicken ihr Publikum am Ende mit Fragen ins Bett: Was ist wirklich passiert und  was haben sich die Protagonisten nur eingebildet? Fest steht: In „Wo ist Mike?“ sehen viele Menschen viele Dinge – und nicht alle sind real. Auch die beiden Kommissare geraten in einen Strudel von Visionen, denen schwer zu trauen ist.