Fränkische Straßennamen in der Hauptstadt Wie kommt der Pegnitzring nach Berlin?

Kerstin Goetzke
  Foto:  

Rätsel um Straßenname mit fränkischen Orten: Der „Tagesspiegel“ startete einen Aufruf

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Berlin/Pegnitz - Gößweinsteiner Gang, Pottensteiner Weg und Pegnitzring. So heißen einige Straßen im Berliner Bezirk Spandau. Wie es zu der Namensgebung und dem Bezug nach Franken kam, fragte André Görke, Redakteur des Tagesspiegel und stellvertretender Ressortchef Berlin-Brandenburg, seine Leser kürzlich in seinem Newsletter. Unsere Zeitung geht in Pegnitz auf Spurensuche.

Das ist „keine leichte Frage und ehrlicherweise habe ich auch keine konkrete Antwort darauf“, antwortet der Stadtarchivar Andreas Bayerlein auf die Anfrage. Dennoch fallen ihm ein paar Punkte auf, nachdem er den Wikipedia-Artikel zu Spandau beziehungsweise seinem Ortsteil Kladow gelesen hat, in dem es den Pegnitzring seit 1963 gibt: Zum einen werde Kladow zu ersten Mal im Landbuch Kaiser Karls IV. erwähnt. „Derselbe Karl IV. hat Pegnitz 1355 die Stadtrechte verliehen“, erklärt Bayerlein. Tangermünde/Elbe in Brandenburg war Zweitsitz im Reich von Karl IV.. Kladow beziehungsweise Spandau gehörten damals zur Mark Brandenburg. „Bayreuth und damit auch Pegnitz gehörten später zur Markgrafschaft Brandenburg-Bayreuth. Die Mark Brandenburg ist quasi das ,Ursprungsgebiet‘ dieser Bayreuther Markgrafschaft“, so Bayerlein weiter. Das seien zwei Gemeinsamkeiten von Pegnitz und Kladow, die ihm auffallen. „Ob diese Dinge etwas mit der Namensgebung der Straßen zu tun haben, entzieht sich leider meiner Kenntnis“, gibt er zu.

Auch der ehrenamtliche Stadtheimatpfleger Helmut Strobel hat Überlegungen zur fränkischen Namensgebung in der Hauptstadt. Zum einen seien vor der Grenzöffnung viele Urlauber aus Berlin in die Region gekommen. Pegnitz und die Fränkische Schweiz lägen durch die schnelle Anbindung mit der Autobahn quasi „vor der Haustür“ der Urlauber. Dass die Region beliebt war, zeigt ein Blick ins Zeitungsarchiv: Viele Urlauber sind in der Vergangenheit für 25 Ferienaufenthalte und mehr in Franken ausgezeichnet worden. „Vielleicht haben die Straßennamen etwas damit zu tun“, vermutet er. Ein anderer Erklärungsversuch, der ihm einfällt, ist der Wegzug von vielen West-Deutschen, die dem Wehrdienst entgehen wollten. In den 1960 bis 1980ern seien viele wehrpflichtige Männer in die Hauptstadt gezogen.

„Ich nehme an, die Post vergibt gewisse Straßen-Kontingente. Ich wohne ja in einem Ost-Straßen-Viertel: Banater Straße, Sudetenstraße, Pommernstraße. In der Lohe-Siedlung gibt es ein Dichter-Viertel: Ganghoferstraße, Lönsstraße, Victor-von-Scheffel-Straße. Deswegen wird es in Berlin wohl ein Fränkische Schweiz-Kontingent gegeben haben“, mutmaßt Walter Tausendpfund. Eine Anfrage bei der Pressestelle der Deutschen Post in Bonn ist allerdings ernüchternd: „Die Kommunalverordnungen der Bundesländer sehen generell vor, dass die Benennung von Straßen durch die jeweiligen Städte und Kommunen selbst erfolgt“, erklärt Pressesprecherin Tina Birke.

Gedanken gemacht haben sich auch die Leser des Tagesspiegel-Newsletters: „Die Motivationslage bei Straßenbenennungen wird leider nur selten dokumentiert, und dieses nun nach über 80 Jahren nachzuvollziehen, dürfte fast unmöglich sein“, schreibt beispielsweise Hans Gerd-Becker, von 1993 bis 2015 Vermessungsamtsleiter im Rathaus. Und Ingo Marquardt vermutet: „Nürnberg war in der NS-Zeit die Stadt der Reichsparteitage. Somit bestünde ein Zusammenhang zwischen Bebauungszeit, Ortsauswahl und Herrschaftssystem“, vermutet er. „Bei späteren Benennungen hat man sich anscheinend an der bestehenden geografischen Begrifflichkeit orientiert.“

Nicht nur in Berlin gibt es Straßen mit Pegnitz-Bezug, wie die Post-Sprecherin erklärt: Achtmal gibt es die Pegnitzstraße: In Auerbach, Fürth, Hersbruck, Lauf, Mühldorf/Inn, München, Röthenbach und Rückersdorf. Den Pegnitzweg gibt es in Vorra und Nürnberg und in Pottenstein gibt es die Pegnitzer Straße, so Birke weiter.

Bilder