Forschungsprojekt Warum der Boden wärmer ist

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ENGELMANNSREUTH. Der Boden am Sportplatz in Engelmannsreuth beginnt zu vibrieren, als das gewaltige Fahrzeug die Rüttelplatte absenkt. Es ist ein Gefühl wie bei einem Open-Air-Konzert. Gezeigt wird aber, wie seismische Messungen durchgeführt werden sollen, um festzustellen, warum es in Nordbayern im tiefen Untergrund um mehr als zehn Grad wärmer als sonst üblich ist. Das Ganze ist das Forschungsprojekt „2D-Seismik in Oberfranken“ des Geozentrums Nordbayern, durchgeführt von Geologen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.

 
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Bereits vor 40 Jahren war bei Gasspeichererkundungsbohrungen die rund 15 Grad höhere Temperatur – 55 statt 40 Grad – festgestellt worden, sagt Projektleiter Wolfgang Bauer. „Diese Wärmeanomalie hat sich auf eine Fläche von rund 4000 Quadratkilometern erstreckt, aber weder Ursache noch der geologische Aufbau oder eine mögliche Nutzung der Energie waren bisher bekannt“, erklärt er. Seit 2011 gebe es nun die Idee, die Geothermie in Nordbayern zu untersuchen. 2016 wurde die Geothermie-Allianz gegründet, Mitglieder sind die Universitäten Erlangen-Nürnberg, Bayreuth und München. Die Kosten für das Forschungsprojekt liegen bei 2,1 Millionen Euro, Förderung gibt es vom bayerischen Wissenschaftsministerium sowie vom Landesamt für Umweltschutz.

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Sechs Kilometer in die Tiefe

Die erste Messlinie geht bis Ende des Monats rund 72 Kilometer bis Bischwind, danach führt eine 64 Kilometer lange Strecke nach Burgkunstadt und dann 58 Kilometer von Lichtenfels nach Eltmann. Der Abschluss erfolgt dann auf 47 Kilometern zwischen Hassfurt und Hirschaid. Die Messungen werden etwa vier Wochen dauern. Man will bis zu sechs Kilometer tief in den Untergrund schauen. Dazu werden spezielle Messfahrzeuge eben mit einer Rüttelplatte Vibrationen erzeugen, erläutert Bauer, ähnlich wie bei einem Ultraschallgerät. „So können Bruchzonen und Gesteine festgestellt werden“, so der der Projektleiter weiter. Der geologische Aufbau des Untergrunds könne so untersucht werden. Durch die Vibrationen würden Schallwellen erzeugt, die reflektiert und an der Oberfläche durch sogenannte Geophone, die entlang von Feldern, Wegen oder Waldrändern gesteckt sind, aufgezeichnet werden. „Die Trasse wird an die lokalen Gegebenheiten angepasst, Naturschutz und Infrastruktur werden berücksichtigt“, betont Bauer. Es soll ein möglichst kleiner Fußabdruck hinterlassen werden. Das Zeitfenster für die Messungen sei sehr knapp, da sowohl Brutzeiten als auch landwirtschaftliche Gegebenheiten beachtet werden müssen. Auch auf eventuelle Rüstungsaltlasten im Boden müsse geachtet werden.

Ganzjährig verfügbar

Was ist Geothermie? „Eine preiswerte und ganzjährig verfügbare Energiequelle, die zum Heizen, Kühlen und zur Stromgewinnung eingesetzt werden kann“, sagt Bauer. Er nennt ein Beispiel: Der in einem vier Kubikkilometer großen Gesteinsblock gespeicherte Wärmevorrat entspricht etwa zehn Prozent des deutschen Wärmebedarfs in einem Jahr und könne somit den Energiebedarf für Wärme und Strom einer darüber liegenden Kleinstadt decken.

Tropenhaus als Leuchtturmprojekt

Vereinzelt würden schon die erhöhten Temperaturen genutzt, beispielsweise bei Thermalwasserbohrungen in Bad Staffelstein oder Bad Rodach. Hier gab es Bohrungen bis zu einer Tiefe von 1600 Meter. Ein Leuchtturmprojekt der Region ist in Trettau, wo ein Tropenhaus mit Abwärme gespeist wird. Ist ein Geothermiekraftwerk denkbar? „Dafür ist es jetzt noch zu früh“, sagt der Projektleiter, „und dafür bräuchte es einen Investor“. Die Stadtwerke hätten aber schon ihr Interesse bekundet.