So auch bei der Preisverleihung. Jarmusch trug auf der Bühne einen Anstecker mit der Aufschrift "Enough", den auch Kaouther Ben Hania an ihrem Kleid befestigt hatte. Der Anstecker bezog sich auf den Gaza-Krieg, Ben Hania sagte dazu in ihrer Rede: "Ich fordere ein Ende dieser unerträglichen Situation. Genug ist genug." Sie warf der israelischen Regierung vor, einen Völkermord zu begehen.
Mehrere andere Filmschaffende, darunter Indya Moore aus Jarmuschs "Father Mother Sister Brother", hatten im Lauf des Festivals in die gleiche Richtung argumentiert. Den Genozid-Vorwurf weisen Israel und auch die deutsche Regierung zurück.
Zurück zu den Zwischentönen
Kino kann, das zeigt die Rezeption von "Hind Rajab", einseitige Narrative verfestigen. Aber es kann auch Empathie schaffen. Bei der Preisverleihung sagte Jarmusch, Kunst könne "Verbundenheit zwischen uns erzeugen, was tatsächlich der erste Schritt zur Lösung unserer Probleme ist."
Er bezog sich auf den jüdischen Filmemacher Benny Safdie, der für "The Smashing Machine" mit dem Regie-Preis ausgezeichnet wurde. Safdie hatte zuvor gesagt: "Empathie ist heute wichtiger denn je. Ich denke, das ist etwas, worum wir uns alle bemühen sollten."
Nach der Preisverleihung wurde Jarmusch gefragt, ob er möchte, dass sein Film in Israel ins Kino kommt. Nicht, wenn dabei Geld der israelischen Regierung im Spiel wäre, antwortete der 72-Jährige. Um direkt anzufügen: "Es gibt wunderbare Menschen in Israel, mit starkem Geist, die ich liebe. Ich mag es nicht, zu verallgemeinern."
Da sind wieder die Zwischentöne, die auch Jarmuschs Gewinnerfilm auszeichnen. Indya Moore formulierte es in Venedig treffend. Es gebe keine Helden und Antihelden in Jarmuschs Geschichten, sagte sie. "Es sind einfach nur Menschen." Vielleicht war es diese Haltung, die die Jury letztlich davon überzeugte, dass Jarmusch der würdige Löwen-Gewinner ist.