Festival junger Künstler „Wir bestärken uns gegenseitig“

Oksana Lyniv bei einer Probe mit dem Jugend-Symphonieorchester der Ukraine in der Panzerhalle. Foto: /Roman Kocholl

Ein improvisierter Blick hinter die Kulissen: An mehreren Ort wird geprobt, Ehrenamtliche leisten im Hintergrund viel Arbeit. Wie das Festival junger Künstler die aktuellen Herausforderungen meistert.

 
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Nicht nur Musiker sollten auf ihren Instrumenten die Kunst der Improvisation beherrschen. Auch von Intendanten und angehenden Kulturmanagern wird diese Fähigkeit erwartet. In unsicheren Zeiten wie diesen mehr denn je. Dies zeigt sich bei einem Besuch des Festivals junger Künstler im Zentrum an der Äußeren Badstraße in Bayreuth.

Die Probenzeiten haben sich verschoben. Einige junge Musiker benötigen vorzeitig eine Pause. Ein Fahrer will hier etwas abgeben, kommt aber zum ungünstigsten Zeitpunkt. Ein Kamerateam wartet. Die Getränke werden knapp. Plötzlich fehlt ein wichtiges Handy. Auch beim geplanten „Blick hinter die Kulissen“ muss improvisiert werden. Da hilft nur eins: Ruhe bewahren.

Sozial distanzierter

Sissy Thammer, im 38. Jahr die Intendantin des Festivals, ist stressige Situationen gewohnt. In diesem Jahr ist manches noch etwas komplizierter. Die Corona-Pandemie habe die jungen Leute verändert. Manche geben sich sozial distanzierter als früher, es sei schwieriger geworden, mit ihnen in Bezug zu kommen. „Die Normalität der Vor-Coronajahre ist noch nicht da“, sagt Sissy Thammer. Ob es jemals wieder so sein wird wie früher? Jedenfalls versucht man, musikalisch wieder zu alter Form aufzulaufen. An diesem Tag wird an mehreren Orten geprobt. E-Strings of Classics, Hipp-Hopper, Rapper, das Kammerorchester und das Jugend-Symphonieorchester der Ukraine sind zu Gast. Ziemlich bunt geht es zu. Die Zahl der jungen Musiker aus der Ukraine, die nach Bayreuth gekommen sind, ist mehr und mehr angewachsen, was für die ehrenamtlichen Helfer eine große Herausforderung darstellt. Man war sich aber einig, dass keiner abgewiesen werden sollte. Jeder bekommt zu essen und zu trinken und ein Bett über dem Kopf. Viele Bayreuther helfen im Hintergrund mit, große Anstrengungen werden unternommen.

Ordnung statt Chaos

Spätestens dann, wenn die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv den Taktstock hebt, lichtet sich das Chaos und Ordnung kehrt ein. Oksana Lyniv probt in der Panzerhalle. Sie ist bereits zum zweiten Mal beim Festival junger Künstler zu Gast. Überdies hat sie bei den Bayreuther Festspielen die musikalische Leitung von Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ inne.

Die Kriegsereignisse in ihrem Heimatland lassen sich nicht ausblenden. Auch viele der jungen Musiker spüren die Auswirkungen. Der Vater einer Geigerin kämpft direkt an der Front. „Aber dadurch, dass wir hier gemeinsam musizieren und etwas Vernünftiges schaffen, haben wir keine Zeit depressiv zu sein. Wir bestärken uns gegenseitig. Und ich bin mir bewusst, dass diese fast 100 junge Menschen hier bessere Bedingungen haben, als viele andere“, sagt Oksana Lyniv.

So muss das Festival junger Künstler in diesem Jahr über sich hinauswachsen. Sissy Thammer wäre nicht Sissy Thammer wenn sie nicht auch das meistern würde.

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