Fashion fatal: Warum eine Jeans um die Welt reist

Uschi Geiger
Bedenkenloser Konsum, egal, was man damit anrichtet? Das hält unser Planet nicht mehr lange aus. Nina Heinz engagiert sich seit vielen Jahren für eine gerechtere Welt. Foto:  

Viele Kleidungsstücke werden unter katastrophalen Bedingungen hergestellt. Darüber, was jeder einzelne dagegen tun kann, klärten die Weltläden, die KEB und der Bund Naturschutz auf.

 
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Was hat unsere Kleidung mit Menschenrechten zu tun? Mit Klimaschutz, mit Ressourcenschonen, mit Fairness? Wer oder was ermöglicht eigentlich unseren schnellen Konsum und die hierzulande günstigen Angebote an Textilien? Dieser Frage ging die Katholische Erwachsenenbildung Wunsiedel (KEB) in dem Online-Workshop „Fast fashion oder slow fashion?“ nach. In Zusammenarbeit mit dem Weltladen Marktredwitz, dem Verein „Solidarität in der einen Welt“ und dem Bund Naturschutz in Bayern und auf Vermittlung der Eine-Welt-Promotorin Paula Heusgen wurde als Referentin Nina Heinz aus Neufahrn gewonnen. Die Diplom-Pädagogin, Beraterin für Entwicklungszusammenarbeit und Interkulturelle Trainerin hat zwei Jahrzehnte lang als Entwicklungshelferin in ost- und westafrikanischen Ländern gelebt und engagiert sich für gerechte Strukturen und fairen Handel.

Kleidung pfleglich behandeln

Ein Brainstorming unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Thema Garderobe förderte gleich zu Beginn viel Wertvolles zutage: Demzufolge versuchen die meisten aus der Gruppe bereits, faire beziehungsweise regional hergestellte Kleidung guter Qualität zu erwerben, nicht jedem Modetrend hinterherzulaufen, die Sachen möglichst lange zu tragen und sorgsam zu pflegen. Auch Secondhand-Käufe, Upcycling und Selbermachen waren ein Thema.

„Demnächst“, so Nina Heinz, „wird der achtmilliardste Mensch auf diesem Planeten geboren. Eine gewaltige Herausforderung, auch was die endlichen und zur Neige gehenden Ressourcen betrifft.“ Einen globalen Plan für das Überleben aller hätten die Vereinten Nationen schon im Jahr 2015 entwickelt, die sogenannte Agenda 30. In 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, „SDGs“) habe man darin festgeschrieben, was dringend geboten sei: Armut und Hunger zu beenden und Ungleichheiten zu bekämpfen, die Selbstbestimmung der Menschen zu stärken, Geschlechtergerechtigkeit und ein gutes und gesundes Leben für alle zu sichern und Lebensweisen weltweit nachhaltig zu gestalten. „Die Umsetzung liegt in vielen Ländern noch in weiter Ferne“, konstatierte die Referentin. Die ungebrochene Konsummentalität auch hierzulande habe jedoch gerade bei der Herstellung von Textilien gravierende Folgen in den ärmeren Regionen der Erde – sowohl was die Lebensbedingungen der Menschen als auch die Umweltzerstörung betrifft. An zwei Beispielen machte Heinz dies deutlich: So beginne die „Weltreise“ einer Jeans mit Baumwolle aus den USA, aus China, Pakistan, Indien oder Usbekistan. Webereien befänden sich unter anderem in der Türkei oder auf Taiwan. Genäht werde in Tunesien oder China; Griechenland sei oft für die Ausstattung mit Etiketten, Labels oder Knöpfen zuständig, die wiederum genauso lange Reiserouten hinter sich hätten. Nach einer Altkleidersammlung würde die ausrangierte Jeans dann oft wieder in ärmere Länder transportiert. „Alles in allem sprechen wir von rund 60 000 Kilometern (Zum Vergleich: Der Erdumfang beträgt 40 000 Kilometer) und dem Verbrauch von 8000 Litern Wasser für ein einzelnes Kleidungsstück.“ Und wer verdient wie viel an einer Jeans, die für 65 Euro bei uns über die Ladentheke geht? 65 Cent (ein Prozent) verdient die einzelne Arbeiterin zum Beispiel in Indien, 8,45 Euro (13 Prozent) kosten das Material, 7,15 Euro (elf Prozent) Transport und Verteilung. Die „Marke“, also Design und Werbung, schlagen mit 16,25 Euro (25 Prozent) zu Buche, der Einzelhändler bezahlt letztlich dann noch 32,50 Euro (50 Prozent) des Endpreises.

Sneakers für 1200 Euro

Zweites Beispiel: Sneakers. „Ein Schuh, der komplett geschäumt und geklebt ist und bei katastrophalen Arbeitsbedingungen in Asien hergestellt wird“, informierte die Referentin. Sneakers, vor allem limitierte Ausgaben, würden inzwischen auch als Investitionen betrachtet und schon mal für 1200 Euro das Paar weiterverkauft werden. Mit Nachhaltigkeit habe das alles nichts zu tun.

Schneller Konsum für die einen, Ausbeutung und Umweltzerstörung für die anderen: „Was kann ich dagegen tun?“, fragten die Teilnehmer. Vieles hatten sie bis zum Ende des Workshops selbst schon zusammengetragen; Nina Heinz ergänzte und regte weitere Schritte an: Wie wäre es, das Thema „nachhaltige Kleidung“ einmal in den Schulen aufzugreifen? Wer sich schwertut, vor Ort seine faire Wunschgarderobe zu finden, könne mittlerweile bei vielen Online-Shops fündig werden. Am Ende laufe es – wie bei so vielen Problemen – darauf hinaus, dass zu Beginn jede und jeder sich der Eigenverantwortung stellt, auf dass sich etwas im Großen ändern kann. Nina Heinz versteht es, wie ihr die Workshop-Teilnehmer am Schluss rückmeldeten, dies auf sehr ermutigende und positive Weise zu vermitteln.

 

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