Fahrer im Interview: "Dieses Gefühl ist mit nichts zu bezahlen" Kulmbacher Verkehrsakademie fährt Nationalmannschaft durch Berlin

Von Elmar Schatz

Was für ein Empfang für die deutsche Nationalmannschaft in Berlin: Tausende Menschen haben die Straßen gesäumt, auf denen das Team Richtung Brandenburger Tor fuhr. Ein Mitarbeiter der Kulmbacher Verkehrsakademie war mittendrin: Friedrich Thunsdorff lenkte den Truck, der eigens für dieses Ereignis umgerüstet wurde.

 
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Was für ein Empfang für die deutsche Nationalmannschaft in Berlin: Tausende Fans säumen die Straßen, um die WM-Helden zu empfangen. Am Steuer des Trucks: Friedrich Thunsdorff von der Kulmbacher Verkehrsakademie. Foto: dpa Foto: red

Der Inhaber der Verkehrsakademie, Michael Möschel, sagt dem Kurier: „Es war für uns eine große Auszeichnung, dass man uns das zugetraut hat, in kurzer Zeit den Truck bereitzustellen. Das ist die Krönung unserer Zusammenarbeit mit unserem Kunden Mercedes.“ Als Dienstleister für Daimler sind die Kulmbacher in ganz Europa unterwegs. Und Daimler ist Hauptsponsor des Deutschen Fußballbundes (DFB).

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So klingelte vergangenen Mittwoch gegen 9.30 Uhr in Kulmbach das Telefon. Die Daimlerleute erkundigten sich, ob die Verkehrsakademie einen entsprechenden Truck habe. „In ganz Europa gab es kein passendes Fahrzeug“, sagt Thilo Holthaus, Geschäftsführer der Verkehrsakademie. In Kulmbach stand ein Mercedes Actross mit Auflieger, dessen Dach abgesägt wurde. Eine Plattform wurde eingezogen, auf die ein Fußballfeld aufgezeichnet wurde. Den Umbau, der etwa 100.000 Euro kostete, machte die Herstellerfirma Krone in Niedersachsen.

Die komplette Logistik für das gigantische Fanprojekt stemmte die Kulmbacher Verkehrsakademie. Und auch der Fahrer kommt von hier: Am Steuer sitzt Mitarbeiter Friedrich Thunsdorff (51) aus Förbau, einem Stadtteil von Schwarzenbach an der Saale bei Hof. Er als Fahrer den Korso mit den Weltmeistern durch die Fanmeile am Brandenburger Tor chauffiert.

Vier Tage und vier Nächte lang haben 14 Ingenieure und Techniker an dem Truck gearbeitet. Sechs Experten der Verkehrsakademie wirkten zudem an dem Projekt mit.

Schon am Wochenende stand der Lkw einsatzbereit in Berlin - bevor der Sieg in Brasilien errungen war. Möschel erläutert, es sei entscheidend gewesen, dass „50 Leute sicher auf dem Dach in etwa 3,50 Metern Höhe stehen konnten“. Schließlich sei es um eine Versicherungssumme von einer halben Milliarde Euro gegangen. „Allein die Beine von Torwart Manuel Neuer sind mit 40 Millionen Euro versichert“, sagt Möschel.

Am Dienstagabend wird der Truck für kurze Zeit in Kulmbach Station machen, bevor er am Mittwochvormittag zu Fotoaufnahmen nach Stuttgart und anschließend zum Truck-Grand-Prix am Nürburgring weiterfährt.

Interview mit Friedrich Thunsdorff, Chauffeur des Weltmeister-Trucks

Wie ging es Ihnen am Lenkrad, Sie mussten ja höllisch aufpassen bei der Fahrt durch die Menschenmassen.
Friedrich Thunsdorff: Ich muss da ein Lob an die Berliner Polizei aussprechen, die hat sehr gut mit aufgepasst. Auf der geraden Strecke ist es ja nicht so schlimm, nur beim Abbiegen, um die Kurve herum, wenn der Auflieger schwenkt. Das wäre das Schlimmste, wenn da ein Mensch Schaden nimmt.

Wie haben Sie den Jubel empfunden?
Thunsdorff: Dieses Gefühl ist mit nichts zu bezahlen. Das ist der Hammer.

Haben Sie fußballbegeisterte Kinder? Was haben diese Ihnen mit auf den Weg gegeben?
Thunsdorff: Ich habe eine Tochter. Sie sagte, ich soll viele Bilder machen.

Was meint Ihre Frau, Sie waren jetzt ja tagelang weg?
Thunsdorff: Das ist bei mir nichts Ungewöhnliches. Ich war im April/Mai acht Wochen in Osteuropa oder mal zehn Wochen in China oder auch in Russland unterwegs.

Was ist Ihre Aufgabe bei der Kulmbacher Verkehrsakademie, sind Sie auch Fahrlehrer?
Thunsdorff: Ich mach’ alles, was mit Weiterbildung im Straßenverkehr zu tun hat, Schulungen für Fahrer und Fahrlehrer für Lkw, Bus oder Motorrad.

Wann haben Sie erfahren, dass Sie die deutsche Nationalmannschaft chauffieren dürfen?
Thunsdorff: Das war ziemlich kurzfristig. Letzte Woche Donnerstag oder Freitag.

Da wurde Ihnen das bei der Verkehrsakademie mitgeteilt?
Thunsdorff: Stückchenweise. Erst hieß es: Fahr’ nach Berlin. So nach und nach ist dann rausgekommen, was ich denn dort mach’. Da war ich dann schon sehr stolz und sehr geehrt.

Haben die Weltmeister-Fußballer Sie begrüßt oder gab es gar keinen Kontakt?
Thunsdorff: Wir hatten keinen Kontakt.

Die sind einfach hinten auf den Truck gestiegen?
Thunsdorff: Genau so. Und dann sind sie wieder abgestiegen. Am Brandenburger Tor hat die Fahrt geendet, begonnen hatte sie in Berlin in der Kruppstraße an einer Riesen-Polizeiwache. Da war der Lkw auch über Nacht gestanden, auf abgesichertem Areal. Die 30 besten Leute von Krone im Emsland, wo diese Auflieger produziert werden, hatten in vier Tagen aus einem Kühl-Auflieger diesen Auflieger gebaut. Der hat eine Belastbarkeit bis zu 50 Tonnen. Da hätten noch zehn Mal so viele Leute hinaufgehen können.

Eine einmalige Spezialanfertigung?
Thunsdorff: Auf jeden Fall.

Wie lange arbeiten Sie schon bei der Verkehrsakademie in Kulmbach?
Thunsdorff: Insgesamt 16 Jahre, zehn Jahre fest angestellt und sechs Jahre als Freiberufler.

Was wünschen Sie der Weltmeister-Mannschaft, die heute auf Ihrem Truck stand?
Thunsdorff: Ganz offen und ehrlich: Normalerweise bin ich kein Fußballfan - außer zu Europa- oder Weltmeisterschaften. Jetzt bei der WM habe ich jedes Spiel geschaut und beim letzten Spiel gezittert.

  • Zum Livestream des Fanempfangs geht es hier.