Existenz gefährdet Stillstand am Böllgraben

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Am Anfang des Jahres brannte der Dachstuhl des Wohn- und Geschäftshauses im Böllgraben. Zahnarzt Dr. Stefan Reinfelder ist langsam unter Zeitdruck und sucht nach Alternativen. Quelle: Unbekannt

PEGNITZ. Anfang des Jahres schockte der Brand eines Wohn- und Geschäftshauses im Böllgraben die gesamte Stadt. Mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften versuchte die Feuerwehr damals den Brand einzudämmen. Bewohner sowie Eigentümer mussten hilflos zusehen, wie aus der einstigen Existenzgrundlage eine Ruine wurde. Sieben Monate sind seit dem Feuer vergangen, doch viel getan hat sich nicht.

 
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Für Zahnarzt Dr. Stefan Reinfelder beginnt die emotional mächtige Geschichte in den frühen Morgenstunden des 5. Februars. „Man muss sich das mal vorstellen“, erzählt Reinfelder bedrückt, „du gehst am Montag um 18 Uhr aus deiner Praxis und am Dienstag ist deine Existenz komplett im Eimer. Du denkst, du bist gut versichert und trotzdem wird es problematisch.“ Seitdem sitzt er auf heißen Kohlen und durchlebt ein Wechselbad der Gefühle. Zuerst dachte er, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen würden und alles zügig geregelt wird. Das war zunächst auch so.

Neue Standards blockieren Sanierung

Dann kamen die Probleme – und seit dem 1. April stehe nun alles still. Das große Problem: Das Dach wurde abgebaut. Denn dadurch, dass es kein Dach mehr gibt und ein neues gebaut werden müsste, greift die Energiespar-Novelle 2019. Das heißt: Das Dach und die Wohnungen müssen den Standards von 2019 angepasst werden und die Kaltwasserleitungen müssen nun so saniert werden, dass sie den neuen Richtlinien entsprechen. Dies würde wiederum bedeuten, dass der bisherige Aufbau von elf Zentimetern Estrich nicht ausreicht und auf 15 bis 18 Zentimeter erhöht werden muss. Streng genommen müsste damit auch der Dachstuhl erhöht werden.

Und auch das Treppenhaus, die Fensterbrüstung und die Schalldämmung passen nicht mehr zu den aktuellen Richtlinien. Und selbst, wenn man das alles kompensieren könne, stehe man spätestens beim barrierefreien Aufzug vor einem Riesenproblem.

Wiedereröffnung nicht in Sicht

Seitdem gebe es sehr viele Fragen und Überlegungen. „Der Gesetzgeber gibt das so vor.“ Natürlich könnte man erst das Dach machen, aber dann bleibe die Gerechtigkeitsfrage: Warum kriegen die da oben alles neu – weil nichts mehr vorhanden ist – und die anderen unten haben einen Altbau. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Und überhaupt, wer bezahlt das alles? Reinfelder ist langsam unter Zeitdruck. „Ich bin gedanklich schon längst in 2020. Was mache ich dann?“ Ein Hauptgrund, weshalb er sich nun dazu entschloss das Mandat im Stadtrat niederzulegen (wir berichteten). Als die Komplexität des Schadens bekannt wurde, wurde ihm klar, dass er seinen Fokus nicht allein auf das Haus legen oder überhaupt über eine Wiedereröffnung nachdenken sollte. Zudem seien keine schnellen Lösungen in Sicht. So sucht er nach Alternativen. Das Spektrum an Möglichkeiten sei groß, erzählt er: „Ich könnte als angestellter Zahnarzt praktizieren, die Praxis verlegen oder eine Praxisgemeinschaft eröffnen.“

Umfangreiche Infrastruktur

Auch seine Angestellten fiebern fleißig mit. Man stehe im regelmäßigen Kontakt auch über eine WhatsApp-Gruppe. „Das schweißt zusammen.“ Die Angestellten wissen, dass er sich nach Alternativlösungen umsieht. Der Wunsch sei es, in Pegnitz weiterzumachen. Doch auch hier gibt es große Widerstände, die man klären muss. Zum einen sei die Nutzungsänderung einer Immobilie sehr aufwendig. Zum anderen bräuchte die Praxis, selbst wenn er jetzt einen geeigneten Ort finden würde, drei bis fünf Monate, bis diese einsatzfähig sei. Denn zum Beispiel so ein Zahnarztstuhl benötige fünf Zuleitungen: Wasser-, Abwasser-, Strom-, Luft- und eine Saugleitung. „Die müssen alle durch den Boden. Ich brauche eine große Infrastruktur.“

Was die Zukunft bringt, darüber möchte er sich nicht äußern. Seinen Patienten, rät er: „Alle, die noch einen Stempel in diesem Jahr benötigen, sollen sich bei einem meiner Kollegen melden. In diesem Jahr wird das nichts mehr bei uns.“

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