Es wird aufgemöbelt: Hilfe fürs Frauenhaus

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Ein Familienwohnhaus wie viele andere auch. Im Flur purzeln Schuhe übereinander. Kleine rosa Clogs und große warm gefütterte Stiefel. An der Wand hängen Bilder, farbenfrohe Kinderkritzeleien, Fotos, ein paar Plastikblumen in einer Vase auf dem Tischchen. Dazwischen liegen Spielsachen, Schulranzen. Aus der Küche duftet es aromatisch. Alltag unter vielen Bayreuther Dächern, könnte man meinen. Und doch so anders. Denn diejenigen, die hier leben, tun das auf Zeit, sind geflohen aus vielerlei Bedrohungen. Vor Gewalt in der eigenen Ehe, vor Krieg. Das Frauenhaus bietet ihnen Schutz. Auf Zeit.

 
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Fast 2000 Frauen und noch etwas mehr Kinder haben in den letzten Jahren hier gewohnt. Unzählige Helfer um die Leiterin des Hauses, Christine Ponnath, haben mitgeholfen, dass die Frauen und ihre Kinder wieder Boden unter den Füßen bekommen. Und sie alle haben Spuren hinterlassen.

Immer wieder hat sich Christine Ponnath darum bemüht, dass zusätzlich zum dringend notwendigen auch Sanierungen möglich wurden. Und die gab es auch. Eine neue Küche konnte gekauft werden, ein Zimmer bekam einen frischen Bodenbelag. Aber immer wieder musste man sich auch behelfen. Die Soroptimistinnen und „Bayreuth ohne Gewalt“ haben eine Hilfsaktion angestoßen, und viele weitere folgten. Auch die VR-Bank mit ihrer online Crowdfunding-Plattform „Viele schaffen mehr“ und die Kurier-Stiftung „Menschen in Not.“

22.222 Euro gespendet

Am 8. März, dem internationalen Frauentag, war es dann soweit. In der Geschäftsstelle der VR-Bank wurde die Spende übergeben. 22.222 Euro. Kurier-Geschäftsführer Serge Schäfers betont: „Die Hilfe im Frauenhaus ist uns ein besonderes Anliegen. Es ist leider eine Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen trotz unserer modernen, liberalen und aufgeklärten Welt noch immer ein weit verbreitetes Thema ist. Der Bedarf an Einrichtungen wie dem Frauenhaus Bayreuth, wo Frauen unabhängig von Einkommen, Nationalität, Konfession und Alter eine sichere Unterkunft und Schutz finden, nimmt sogar zu. Wir als Stiftung wollen im Rahmen unserer Möglichkeiten einen Beitrag leisten, um das Problem zumindest zu lindern. Ich denke, das ist ganz im Sinne der Leser unserer Zeitung, die das mit ihren Spenden erst ermöglichen.“

"Viele schaffen das"

Und auch VR-Vorstand Jürgen Dünkel sagt: „Es freut mich sehr, dass wir mit dieser Spende und über unsere Crowdfunding-Plattform das Frauenhaus beim „Aufmöbeln“ unterstützen können. Passend zur genossenschaftlichen Idee: Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele.“

Kurier-Chefredakteur Torsten Geiling: „Man sollte dankbar sein, wenn es einem gut geht. Das ist keine Selbstverständlichkeit, wie man jeden Tag im Kurier liest. Deshalb finde ich es toll, dass es viele Menschen bei uns gibt, die helfen und sich engagieren. Auch der Kurier leistet mit seiner Stiftung einen wichtigen Beitrag im Sinne seiner Leser, wie die große Spendenbereitschaft zeigt. Alle gemeinsam helfen wir, aus der Region für die Region, das ist klasse.“

Renovierung auf vier Etagen

Was mit dem vielen Geld passieren soll, zeigte Christine Ponnath bei einem Rundgang vorab: Verteilt auf vier Etagen gibt es im Frauenhaus zehn Zimmer, ein Not- und ein Studierzimmer, ein Wohnzimmer, ein großes und ein kleines Spielzimmer, einen Haushaltsraum, vier Küchen, vier Badezimmer und vier separate Toiletten. Außerdem einen Wasch- und einen Trockenkeller, einen geschützten Spielhof, zwei Büros und einen Hausmeisterraum. Insgesamt sind das 350 Quadratmeter.

17 Kinder sind zur Zeit mit ihren Müttern hier zuhause. Dicht aufeinander. Auch da gibt es immer wieder Konflikte, mit denen man umgehen muss. Frauen aus unterschiedlichen Schichten und Religionszugehörigkeiten. „Mir dir zusammen esse ich nicht in der Küche. Du trägst einen kurzen Rock,“ sagt die eine zur anderen. Toleranz will geübt sein und ist alles andere als selbstverständlich. Und: „Toleranz ist wichtig, aber wir müssen auch darauf schauen, dass nichts verdrängt wird,“ sagt Ponnath.

Hinter sich abschließen

Frauen, die Gewalt erfahren haben, müssen sich in ihrem intimsten Umfeld auch abgrenzen können. Dazu gehört auch, die Zimmertür hinter sich absperren zu können. Das funktioniert zwar noch, doch die Schlüssel des Frauenhauses passen inzwischen für fast jedes Türschloss, so ausgeschlagen sind sie. Auch das möchte Christine Ponnath gern ändern.

Die dringend notwendige Sanierung des Hauses muss bei laufendem Betrieb erfolgen. Keine leichte Aufgabe. In enger Abstimmung mit den wenigen Handwerkern ihres Vertrauens, denen Ponnath den Zutritt in das Haus gewährt, laufen die Arbeiten. Damit diejenigen, die aus leidvollen Begegnungen kommen, nicht nur wohlwollende Hilfe erhalten, sondern auch ein Zuhause, das sie heimelig umfängt, das ihnen ein Gefühl des Geborgenseins vermitteln kann.

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