Es bröckelt an der Stiftungssatzung Heftige Kritik an Richard-Wagner-Stiftung bei Tagung in Wiesbaden

Von Florian Zinnecker
 Foto: red

Sieben Seiten lang ist die Satzung der Richard-Wagner-Stiftung; darin steht, wer für Erhalt und Pflege von Richard Wagners Vermächtnis – einschließlich Festspielhaus und Haus Wahnfried – zuständig ist. Doch die Kritik an diesem Konstrukt wird immer lauter.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bei einer Tagung in Wiesbaden am Wochenende äußerten führende Stiftungsrechtler Zweifel, dass die Stiftung auf dieser Basis überhaupt ihren Aufgaben nachkommen kann. Auch die Stiftungsaufsicht meldet Bedenken an.

„Es stellt sich die Frage, ob die Stiftung das operative Geschäft aktuell so hinbekommt, wie sie es eigentlich sollte“, sagte Hans Hümmer, Abteilungsdirektor bei der Regierung von Oberfranken und zuständig für die Stiftungsaufsicht. „Bisher hat das mehr oder weniger gut geklappt.“ Im Hinblick auf die bevorstehenden Aufgaben muss man die Konstruktion hinterfragen. „Das Geflecht an Zuständigkeiten erschwert die Erfüllung des Stiftungszwecks nicht unerheblich.“ Zuständig für die Stiftungsaufsicht wäre eigentlich Regierungspräsident Wilhelm Wenning; da dieser aber im Stiftungsvorstand sitzt, ist die Aufsicht – ohne Weisungsbefugnis – an dessen Abteilungsdirektor delegiert.

Im Mittelpunkt des Symposiums zum Thema „Kulturstiftungen: Gründung – Führung – Kontrolle“ der European Business School und der Universität Heidelberg, das am Wochenende in Wiesbaden stattfand, stand ein Referat von Nike Wagner, die als Tochter des 1966 verstorbenen Wagnerenkels Wieland zu den Stiftern gehört. 2008 hatte sie sich zusammen mit Gérard Mortier, ehemals Leiter der Salzburger Festspiele, für die Leitung der Bayreuther Festspiele beworben. Wagner bezeichnete die Satzung als „juristisch fragwürdig, handwerklich schlecht gemacht, faktisch nicht praktikabel und völlig unzeitgemäß“. „Es besteht Handlungsbedarf bei der Richard-Wagner-Stiftung“, so Wagner weiter. „Das setzt aber einiges an Erkenntniswillen und Engagement der beteiligten Gremien und Beamten voraus.“

Die Kritik richtete sich nicht gegen die Festlegungen, die die Erben Siegfried Wagners bei der Stiftungsgründung 1973 getroffen haben, sondern vielmehr gegen eine „schleichende Aushöhlung“ mit „juristisch fragwürdigen Festlegungen“ in den Folgejahren, sagte der Heidelberger Rechtswissenschaftler Erik Jayme. Indem die Stiftung etwa das Festspielhaus an einen aus ihrer Sicht geeigneten Festspielleiter vermietet, entscheide sie, wer die Festspiele leitet. Da die Festspiele selbst aber als GmbH firmieren, deren Geschäftsführerinnen – Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier – den Opernbetrieb leiten, ist die Zuständigkeit für die Festspielleiter-Frage ungeklärt. Dazu kommen etliche personelle Überschneidungen zwischen GmbH und Stiftungsrat sowie einige Unsauberkeiten bei der Begriffswahl.

Hümmer war nur als Einspringer nach Wiesbaden gekommen: Ursprünglich war Wenning als Vorsitzender des Stiftungsvorstands als Gegenredner zu Nike Wagner vorgesehen, dann aber kurzfristig erkrankt. Wennings Rede verlas deshalb Hümmer und ergänzte sie um seine Sichtweise als Stiftungsaufseher. Und die lautete: „Es spricht viel dafür, dass Rechtsverletzungen vorliegen.“ Wie berichtet, erarbeitet der Stiftungsvorstand derzeit eine Neufassung der Satzung. Wie Hümmer sagte, wurde dabei offenbar erwogen, die Festspiele GmbH aus dem Organisationsgefüge herauszulösen und abzuschaffen. Dies wurde intern jedoch als „zu radikal“ verworfen.

Bilder