Erschließungsbeiträge Sackgasse ist ein Fall fürs Ministerium

Von Peter Rauscher
Die Fertigerschließung der Vorderen Warmeleite in Bad Berneck war ein teurer Spaß. Wie viel der knapp 800.000 Euro die Stadt zahlt und wie viel die Anlieger berappen müssen, hat der Stadtrat zu entscheiden. Das Finanzministerium und das Landratsamt haben aber ein wichtiges Wort mitzureden. Foto: Peter Rauscher

BAD BERNECK. Müssen Anlieger für die Fertig-Erschließung einer alten Straße Beiträge in mittlerer fünfstelliger Höhe bezahlen? Muss eine Stadt sie gnadenlos abkassieren, nur weil sie kein Geld hat? Diese spannende Frage hat letztlich auch das bayerische Finanzministerium mitzuentscheiden.

 
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Eine kleine Anliegerstraße in Bad Berneck beschäftigt das große bayerische Finanzministerium. Von München hängt es ab, wie stark die 19 Anlieger für die knapp 800.000 Euro teure Sanierung und Resterschließung zur Kasse gebetenen werden. Für manche von ihnen geht es um mittlere fünfstellige Summen.

Was die Anwohner fürchten

Eigentlich könnte Weihnachtsruhe einkehren an der Vorderen Warmeleite. Alle Bauarbeiten sind seit längst beendet, aber noch nicht abgerechnet. Wie teuer das Ganze letztlich für die Anlieger wird, werden sie in diesem Jahr wohl nicht mehr erfahren. Seit fast zwei Jahren bangen sie, protestieren, schreiben Briefe, haben Unterschriften für ein – abgelehntes – Bürgerbegehren gesammelt. Sie fürchten fünfstellige Beiträge zur Straßenerschließung, obwohl manche bereits Erschließungsbeiträge bezahlt haben.

Von der Tagesordnung abgesetzt

Am Donnerstag wollte der Stadtrat entscheiden, wie sich Stadt und Anlieger die Baukosten von geschätzt 780.000 Euro aufteilen. Doch auf Antrag von Bürgermeisterstellvertreter Robert Fischer (CSU) wurde der Tagesordnungspunkt überraschend abgesetzt. Der Grund: Das Landratsamt hatte die Stadt kurz zuvor darauf hingewiesen, dass die Regierung von Oberfranken und das Finanzministerium gerade prüfen, ob ein Beitragsnachlass für die Anlieger die Stabilisierungshilfe gefährdet. 1,2 Millionen Euro „Stabi“ hatte das Finanzministerium Bad Berneck für das laufende Jahr zugesagt.

Diese Hilfszahlung hat der Freistaat an strenge Sparauflagen gebunden. Insbesondere muss die Stadt eigene Einnahmequellen möglichst ausschöpfen - und dazu gehören Erschließungsbeiträge.

Beitragsnachlass mit Bedingungen

Laut Gesetz haben Anlieger bis zu 90 Prozent von Straßenerschließungskosten zu tragen. Grundsätzlich sind auch Beitragsnachlässe, sogar ein kompletter Erlass möglich. Das muss sich eine Kommune aber leisten können. Denn was den Anliegern von den Kosten erlassen wird, muss die Stadt zahlen. Hohe Schulden und anstehende Großinvestitionen schränken den finanziellen Spielraum Bad Bernecks ein. Zu berücksichtigen ist außerdem der Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber anderen Grundstückseigentümern, die bereits Beiträge bezahlt haben.

Andererseits ist der Fall Warmeleite speziell: Wegen der teuren neuen Stützmauer am Hang sind die Kosten deutlich höher als bei einer normalen Erschließung, zudem handelt es sich um eine alte Straße, um deren Fertigerschließung sich die Stadt Jahrzehnte nicht gekümmert hat.

Abstimmung mit Rechtsaufsicht

Vor dem Hintergrund der komplizierten Lage hatte sich die Stadt vor der Donnerstagssitzung mit der Rechtsaufsicht im Landratsamt abgestimmt, welcher Beitragsnachlass möglich sein könnte. Nach Kurier-Informationen verständigte man sich auf einen möglichen Satz von bis zu 50 Prozent. Für die Grundstücksanlieger würde das eine Beitragsermäßigung von 38,55 Euro auf 21,42 Euro pro Quadratmeter ihres Grundstücks bedeuten.

Sondersitzung beantragt

Einstimmig billigte der Stadtrat Robert Fischers Antrag, den Tagesordnungspunkt Beitragserlass abzusetzen. Sobald die  Einschätzungen auch aus dem  Finanzministerium vorliegen, soll der Stadtrat in einer Sondersitzung über den Nachlass entscheiden. „Wenn es schlecht läuft, müssen die Anlieger doch den vollen Satz von 90 Prozent der Erschließungskosten zahlen“, sagte Fischer.

So schlecht scheinen die Aussichten aber nicht zu sein. Auf Kurier-Anfrage antwortete das Finanzministerium:   Ein teilweiser Verzicht auf Erschließungsbeiträge  „hat auf die Gewährung von Stabilisierungshilfen keine Auswirkung, soweit dies in enger Abstimmung mit der zuständigen Rechtsaufsicht und unter Aufrechterhaltung des zwingend erforderlichen Konsolidierungskurses erfolgt“.

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