Epilepsie-Ärzte: Klinik bleibt hart

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Im Fall der zwei entlassenen Mediziner meldet sich jetzt deren Anwalt zu Wort. Oliver Gerhards sieht die Versorgung der neurologischen Patienten am Klinikum in Gefahr. Und er zweifelt an dem Vorgehen des Gutachters, der im Auftrag der Klinik die Vorwürfe der beiden Ärzte untersuchen sollte. Das Klinikum widerspricht – und klagt scharf an. Eine Wiedereinstellung komme nicht infrage.

 
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Wie berichtet, hat die Klinikum Bayreuth GmbH in der vergangenen Woche zwei Mediziner freigestellt, die schwere Vorwürfe erhoben haben: Sie sprachen von massenhaft fehlerhaften Untersuchungen bei EEGs an der Hohen Warte, von mangelnder Fachkenntnis ihrer Kollegen und davon, dass durch falsche Befunde das Leben von Patienten bedroht gewesen sein könnte. Ein Gutachter aus der Erlanger Klinik fand heraus, dass das Patientenwohl nie gefährdet gewesen sei.

 

Gerhards erklärt in seinem Schreiben, der Gutachter habe „lediglich sieben der ihm zur Verfügung gestellten EEGs“ überprüft. In allen sei die Befunderhebung fehlerhaft gewesen. Darüber wundert man sich am Klinikum: „Wie Gerhards an eine solche Information kommt, bleibt offen“, heißt es in einem Schreiben. Das Gutachten liege ausschließlich der Geschäftsführung des Klinikums sowie den von ihr beauftragten Rechtsanwälten vor. „Das Gutachten deckt die Annahmen von Gerhards in keiner Weise“, heißt es in dem Schreiben weiter. Zu diesem Ergebnis komme auch ein Fachanwalt für Medizinrecht. Die beiden Ärzte sprechen von einem „Gefälligkeits-Gutachten“.

Keinen Zugang verweigert

Klinik-Chef Joachim Haun hatte dem Kurier gegenüber betont, dass das Klinikum dem Gutachter „jede von ihm angeforderte Information zur Verfügung gestellt und ihm keinen Zugang verweigert“ hat. Nach Informationen des Kuriers bestätigte er die von den Medizinern erhobenen Vorwürfe nicht, wie viele angeblich zweifelhafte Fälle er geprüft hat, hält das Klinikum unter Verschluss.

Weiter zweifelt Gerhards an der Versicherung der Klinik, dass epilepsiekranke Kinder und Jugendliche gut versorgt seien, obwohl die Mediziner entlassen wurden. In dem neuen Schreiben der Klinikum Bayreuth GmbH heißt es dazu: „Die Akutversorgung hat am Klinikum nach wie vor Bestand und für weitere Behandlungen stehen auch die Epilepsiezentren in der Region zur Verfügung. Folglich ist die Versorgung hinsichtlich der Qualität und der Sicherheit gewährleistet.“

Mit Nachdruck Personal gesucht

Allerdings suche man „mit Nachdruck“ Personal. Das sei aber „nicht von der Klinik verursacht“. Zwar stehe eine wohnortnahe Versorgung und Behandlung im Interesse der jungen Patienten und ihrer Familien im Vordergrund. „Dem steht gegenüber, dass die freigestellte Ärztin in der Vergangenheit nicht grundsätzlich bereit war, ambulante Behandlungen in der Hohen Warte vorzunehmen.“

Dies ist ein neuer und scharfer Vorwurf aus der Klinik im Epilepsie-Streit. Bisher hatten die beiden Ärzte es eher andersrum dargestellt: Dass an der Hohen Warte zu wenig und zu schlecht qualifiziertes Personal vorhanden sei. Dabei soll mitgeschwungen sein, dass nur sie die erforderliche Fachkenntnis gehabt hätten, sagt ein am Verfahren Beteiligter.

Gnadenfrist abgelehnt

Gerhards sagt, für Patienten wäre es besser gewesen, mit der Freistellung der beiden zu warten, bis neue Ärzte gefunden worden wären. Diese mögliche Gnadenfrist lehnt die Klinik ab: „Ein Arbeitgeber muss in dem Moment handeln, in dem die Möglichkeit zur weiteren Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist.“ Dabei dürften juristische Fristen eine Rolle gespielt haben. Denn den beiden Medizinern wird „erhebliches arbeitsvertragsrechtliches Fehlverhalten“ vorgeworfen. „Jegliche Weiterbeschäftigung auch unter Berücksichtigung der den anderen Mitarbeitern des Hauses gegenüber zu beachtenden Fürsorgepflicht stand nicht zur Diskussion“. Auf Deutsch: Sie haben sich so schlecht verhalten, dass eine fristlose Kündigung nötig wurde. Im Raum stehen sogar Strafanzeigen unter anderem wegen Rufmordes und Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht.

Die beiden Mediziner hatten seit Sommer vergangenen Jahres ihre Vorwürfe erhoben und sie einem breiten Personenkreis zugänglich gemacht. „Trotz seit langem bestehender interner Gespräche und eines intensiven Meinungsaustausches haben die Mediziner ihre aus unserer Sicht nicht zutreffenden Vorwürfe verbreitet und damit versucht, dem Klinikum Schaden zuzufügen“, heißt es in dem Schreiben weiter. Dies habe zu einer öffentlichen Verunsicherung geführt, die verständlich sei, aber insbesondere am Standort Hohe Warte an den Fakten vorbeigehe. Klinik-Sprecher Frank Schmälzle: „Wie sich inzwischen sehr deutlich zeigt, ist es ihnen damit gelungen, die Versorgung von Epilepsiepatienten am Klinikum in Frage zu stellen.“

 

Der vollständige Wortlaut der Stellungnahme des Klinikums

 

"1. Herr Gerhards erklärt in seinem Schreiben, der Gutachter habe „lediglich sieben der ihm zur Verfügung gestellten EEGs“ überprüft. In all diesen Fällen sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, die Befunderhebung sei fehlerhaft gewesen. Wie Herr Gerhards an eine solche Information kommt, bleibt offen. Das Gutachten liegt ausschließlich der Geschäftsführung der Klinikum Bayreuth GmbH sowie den von ihr beauftragten Rechtsanwälten vor. Unabhängig von der Frage, ob der Rechtsanwalt der beiden Ärzte das Gutachten kennen kann oder tatsächlich kennt, bleibt festzuhalten: Das Gutachten deckt die Annahmen von Herrn Gerhards aus unserer Sicht in keiner Weise. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein Fachanwalt für Medizinrecht. Festzustellen bleibt weiter: Die Klinikum Bayreuth GmbH hat dem Gutachter jede von ihm angeforderte Information zur Verfügung gestellt und ihm keinen Zugang verweigert. Er bestätigt die erhobenen Vorwürfe nicht.

2. Herr Gerhards zweifelt an der Tatsache, dass die Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität für Kinder und Jugendliche gewährleistet sind. Die Klinikum Bayreuth GmbH hat zu einem frühen Zeitpunkt mitgeteilt, dass die Akutversorgung am Standort Klinikum nach wie vor Bestand hat und dass für weitere Behandlungen auch die Epilepsiezentren in der Region zur Verfügung stehen. Folglich ist die Versorgung hinsichtlich der Qualität und der Sicherheit gewährleistet. Angesichts der eingetretenen und nicht von ihr verursachten Situation sucht die Klinikum Bayreuth GmbH nunmehr mit Nachdruck nach qualifiziertem Personal. Eine wohnortnahe Versorgung und Behandlung ist im Interesse der jungen Patienten und ihrer Familien. Dieses Interesse muss im Vordergrund stehen. Dem steht gegenüber, dass die in der vergangenen Woche freigestellte Oberärztin der Kinderklinik, in der Vergangenheit nicht grundsätzlich bereit war, ambulante Behandlungen am Standort Hohe Warte vorzunehmen.

3. Herr Gerhards erklärt, die Freistellung der beiden Mediziner sei ohne Not erfolgt. Aus Sicht der Klinikum Bayreuth GmbH muss ein Arbeitgeber in dem Moment handeln, in dem die Möglichkeit zur weiteren Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist. Die beiden Mediziner haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten mehr und mehr von einer konstruktiven Zusammenarbeit entfernt. Trotz seit langem bestehender interner Gespräche und eines intensiven Meinungsaustausches, haben die Mediziner ihre aus unserer Sicht nicht zutreffenden Vorwürfe verbreitet und damit versucht, der Klinikum Bayreuth GmbH Schaden zuzufügen. Wie sich inzwischen sehr deutlich zeigt, ist es ihnen damit gelungen, die Versorgung von Epilepsiepatienten an der Klinikum Bayreuth GmbH in Frage zu stellen. Dies hat zu einer öffentlichen Verunsicherung geführt, die verständlich ist, aber insbesondere am Standort Hohe Warte an den Fakten vorbeigeht.

4. Eine weitere befristete Beschäftigung der beiden Mediziner, wie sie Herr Gerhards in seinem Schreiben anführt, hält die Geschäftsführung der Klinikum Bayreuth GmbH nicht für zielführend und auch nicht für umsetzbar. Wegen des erheblichen arbeitsvertragsrechtlichen Fehlverhaltens der beiden Oberärzte steht für die Klinikum Bayreuth GmbH jegliche Weiterbeschäftigung  auch unter Berücksichtigung der den anderen Mitarbeitern des Hauses gegenüber zu beachtenden Fürsorgepflicht nicht zur Diskussion."

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