Entlastungszeuge sagt in Vergewaltigungsprozess aus: Angeklagter beim Knobeln anstatt am Tatort? Mögliches Alibi im Sexprozess

Von Manfred Scherer

Ein Männerritual als Alibi? Eine Knobelrunde, an der ein wegen Verdachts der Serienvergewaltigung in Bayreuth vor Gericht stehender Unternehmer regelmäßig teilnimmt, könnte den Angeklagten entlasten.

Die protokollierte Teilnahme an einer Männerrunde könnte Entlastung für einen der Serienvergewaltigung angeklagten Mann bringen. Foto: red

Wie mehrfach berichtet, legt die Anklage dem 71-jährigen Unternehmer aus Westdeutschland eine Serie von Sexualverbrechen zur Last. Alleine seine heute 47-jährige Tochter soll der Mann mindestens in 23 Fällen vergewaltigt haben. Die Anklage listet auch seine Ex-Frau, seine Enkelinnen und eine Freundin der Enkelinnen als Opfer. Bis auf eine der Enkelinnen haben alle Opferzeugen ausgesagt und den Firmenpatriarchen entsprechend der Anklage belastet. Der Fall ist in Bayreuth anhängig, weil der Angeklagte auch in der Region Inhaber einer Firma ist. Dort waren seine Tochter und deren Ehemann Geschäftsführer. In der Region soll der 71-Jährige einen Teil der Taten begangen haben, in Bayreuth erstattete das mutmaßliche Hauptopfer Anzeige bei der Kripo.

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Die Anwesenheit beim Knobeln ist sogar protokolliert

Der 71-Jährige äußerst sich nicht zur Anklage, er nimmt sein Schweigerrecht wahr. Das heißt nicht, dass er sich nicht wehrt: Hierfür hat er den Hamburger Strafverteidiger Johann Schwenn engagiert. Schwenn trägt vor, er sei überzeugt, dass sein Mandant unschuldiges Opfer eines Komplotts sei und falsch bezichtigt werde.

Möglicher Widerspruch zur Aussage der Hauptzeugin

Am sechsten Verhandlungstag des Prozesses befragten die Richter der Großen Strafkammer des Landgerichts einen Zeugen aus Westdeutschland. Der Mann, ein ehemaliger Versicherungsmakler, berichtete, wo der Angeklagte am Donnerstag, den 2. Dezember 2010, war. Nämlich beim Würfeln in der Männerrunde. Acht Herren, ehemals Tennisspieler, treffen sich dort laut der Aussage des Zeugen jeden Donnerstag, spielen um Geld. Führen Protokoll über die Anwesenheit, über die Dauer des Spiels, darüber, wer eine Würfelrunde gewonnen oder verloren hat. Deshalb kann der Zeuge sagen: Der Angeklagte war an jenem Abend während eines bestimmten Zeitraums nicht in einem Hotel in derselben Stadt.

Das Datum ist genau bekannt

Das Hotel war von der Hauptzeugin als Tatort angegeben worden für eine Vergewaltigung, die ihr Vater in dem Hotel an ihr begangen haben soll. Der Tag ist deshalb so genau bekannt, weil an dem Datum eine Überschreibung von Firmenanteilen vom Vater auf die Tochter stattgefunden haben soll. Für das Treffen am Hotel zwischen Vater und Tochter – nicht für das von der Tochter vorgetragene Verbrechen – gibt es eine Zeugin: die Ex-Lebensgefährtin des Angeklagten.

Nach der Verteidigungstheorie von Rechtsanwalt Schwenn gehört die Ex-Lebensgefährtin zum Komplott-Personal. Er hält sie für nicht glaubwürdig.

Hauptzeugin wird wohl noch einmal vorgeladen

Auf den Antrag des Verteidigers, die Hauptbelastungszeugin erneut in den Zeugenstand zu rufen, reagierte das Gericht zunächst mit einer längeren Beratung. Das Ergebnis teilte der Gerichtsvorsitzende Michael Eckstein mit diesen Worten mit: „Es wird wohl das Bedürfnis bestehen, die Zeugin erneut zu laden.“ Der Prozess wird fortgesetzt.