„Engel mit den Eisaugen“ Wer ist Amanda Knox?

/AFP/Michael Bosch

Die US-Bürgerin Amanda Knox, die im Zusammenhang mit einem Mordfall in Italien vor Jahren für Schlagzeilen sorgte, ist erneut der Verleumdung schuldig gesprochen worden. Wer ist die Frau?

 
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Amanda Knox am Mittwoch vor Gericht in Italien. Foto: AFP/TIZIANA FABI

Das Justizdrama um den Mord an einer britischen Austauschstudentin 2007 in Italien hat nach vielen Schlagzeilen rund um die Welt noch einmal eine neue Wendung genommen: Ein Berufungsgericht in Florenz verurteilte die US-Amerikanerin Amanda Knox am Mittwoch überraschend zu drei Jahren Haft, weil sie einen offensichtlich Unschuldigen verleumdet haben soll. Im Hauptverfahren war die Angeklagte zuvor schon zwei Mal wegen Mordes schuldig gesprochen worden. In letzter Instanz gab es dann aber 2015 einen Freispruch von allen Mordvorwürfen. Nun hatte Knox darauf gehofft, von der italienischen Justiz völlig reingewaschen zu werden.

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Knox brach in Tränen aus, als die Richter in Florenz das Verleumdungsurteil aus früherer Instanz bestätigten. „Das habe ich nicht erwartet. Ich bin sehr enttäuscht“, sagte die Amerikanerin, die eigens zu dem Prozess nach Italien zurückgekehrt war. Zurück hinter Gitter muss sie aber nicht: Die dreijährige Haftstrafe hat sie bereits durch ihren früheren Aufenthalt in italienischen Gefängnissen verbüßt. Knox lebt längst wieder in ihrer Heimat an der Westküste der USA. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie sieht sich seit langem als Opfer der italienischen Justiz.

Wer ist Amanda Knox?

Die 36-jährige Knox stammt aus Seattle. Bekannt geworden ist sie als „Engel mit den Eisaugen“. Sie war 20 Jahre alt gewesen, als ihre britische Mitbewohnerin in der italienischen Stadt Perugia am 2. November 2007 halbnackt und mit durchgeschnittener Kehle in der gemeinsamen Wohnung entdeckt worden war. Die Leiche von Meredith Kercher wies 47 Messerstiche auf, die Studentin war zudem vergewaltigt worden. Der Fall, in dem Knox stets ihre Unschuld beteuerte, sorgte weltweit für Aufsehen.

Knox und ihr damaliger italienischer Freund Raffaele Sollecito wurden 2009 in erster Instanz zu 26, beziehungsweise 25 Jahren Haft verurteilt. Nach einem jahrelangen juristischen Tauziehen sprach das oberste italienische Gericht die beiden 2015 wegen schlampiger Ermittlungen in dem Fall endgültig frei. Knox saß vier Jahre in Italien im Gefängnis, bevor sie in die USA zurückkehren konnte.

Worum ging es im Verfahren gegen Amanda Knox?

In dem Verfahren jetzt ging es nicht direkt um den Mordfall von 2007, in dem Knox letztlich freigesprochen worden war, sondern um die fälschliche Anschuldigung eines Barbesitzers. Knox weinte, als das Gericht sie wegen Verleumdung erneut zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilte, die sie jedoch nicht antreten muss, da sie bereits im Zusammenhang mit dem Mordfall vier Jahre im Gefängnis saß. 

Knox hatte während einer Vernehmung durch die Polizei den unschuldigen kongolesischen Barbesitzer Patrick Lumumba des Mordes an ihrer Mitbewohnerin Meredith Kercher beschuldigt. Dafür war sie 2011 wegen Verleumdung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. 

Knox erklärte später, sie sei während der Polizeiverhöre angeschrien und geschlagen worden, und wandte sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser urteilte 2019, dass Knox während ihrer Vernehmung keinen angemessenen Rechtsbeistand oder professionellen Übersetzer an ihrer Seite gehabt habe. Mit Verweis auf dieses Urteil kassierte Italiens Oberstes Gericht im Oktober das Verleumdungsurteil und setzte eine Neuverhandlung an.

„Amanda ist sehr erschüttert über das Ergebnis dieser Anhörung. Ihr ging es um einen Schlusspunkt unter 17 Jahre gerichtlicher Verfahren“, sagte ihr Anwalt Carlo Dalla Vedova vor dem Gerichtsgebäude in Florenz. Sie würden die Urteilsbegründung, die binnen 60 Tagen vorliegen werde, sorgfältig lesen und dann über einen möglichen Widerspruch entscheiden.

Protokoll unter Zwang unterschrieben

Am Mittwoch schilderte sie die Umstände, unter denen sie Lumumba beschuldigt habe. „Ich stand unter Schock, war erschöpft, ohne Wohnung. Die Polizisten haben mich stundenlang verhört, in einer Sprache, die ich kaum verstanden habe, ohne Übersetzer oder Anwalt“, sagte sie. „Sie sagten mir, ich hätte etwas so Furchtbares erlebt, dass mein Kopf es verdrängt habe.“ Einer der Polizisten habe ihr eine Ohrfeige gegeben und gesagt, sie solle sich erinnern. Am Ende sei sie gezwungen gewesen, das Protokoll zu unterschreiben. 

„Es tut mir leid, dass ich nicht stark genug war, um dem Druck der Polizisten standzuhalten“, sagte sie am Mittwoch. Lumumba hatte nach der Anschuldigung durch Knox zwei Wochen lang in Untersuchungshaft gesessen, bevor er ohne Anklage freigelassen wurde. 

Lumumbas Anwalt Carlo Pacelli sagte am Mittwoch, die Verleumdung habe das Leben seines Mandanten geändert. Er sei für alle nur noch „das Monster von Perugia“ gewesen. Pacelli zufolge muss Knox seine Anwaltskosten übernehmen und eine Entschädigung zahlen, deren Höhe noch festgelegt werde. 

Wer die junge Britin tatsächlich ermordete, ist bis heute nicht geklärt. Wegen Beihilfe zum Mord wurde ein damals 20-jähriger Mann verurteilt, dessen Fingerabdrücke am Tatort gefunden worden waren. Nach 13 Jahren Haft ist er inzwischen wieder auf freiem Fuß. Der von Knox fälschlicherweise beschuldigte Barmann hat Italien längst verlassen. Auch zum Prozess erschien er nicht. Sein Anwalt Carlo Pacelli zeigte sich aber zufrieden mit dem Urteil. Er sagte: „Amanda Knox ist kein Opfer, sondern eine Verleumderin.“

Die Amerikanerin selbst hat ihre Erlebnisse bereits in einem Buch („Zeit, gehört zu werden“) verarbeitet. In der Netflix-Dokumentation „Amanda Knox“ kam sie ebenfalls ausführlich zu Wort. Derzeit arbeitet sie an einer weiteren Serie, in der sie sich nochmal mit dem eigenen Fall befassen will. Ausführende Produzentin ist Monica Lewinsky, die durch eine Affäre mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton in den 1990er Jahren weltweit in die Schlagzeilen geraten war.