Am heutigen 14. Januar wird Donnelly 70 – für sie aber noch lange kein Grund, in den Ruhestand zu gehen. Stattdessen schreibt sie unter anderem an ihrer Autobiografie. Das sei jedoch gar nicht so einfach: „Ich muss das Puzzle meines Lebens erst mal zusammensetzen.“ Und da gibt es bei Elfie Donnelly so einige Teile.
Geboren in Großbritannien als Tochter eines Briten und einer Österreicherin, geht ihr das Gefühl für Heimat schnell verloren. Als sie fünf Jahre alt ist, zieht sie mit ihrer Mutter nach Österreich. Der Vater ist schwer alkoholkrank, wie sie erzählt. Die Mutter stirbt, als Donnelly 15 ist. „Ich war früher permanent auf Heimatsuche“, sagt sie. Heute nennen sie und ihr dritter Ehemann viele Orte ihr Zuhause – darunter die Balearen und Lissabon, aber auch Wien, wo sie aufwuchs und mit 17 schwanger wurde. Und natürlich Berlin – „für mich eine der wichtigsten Städte überhaupt“.
In Berlin machte sie in den 1970er- und 1980er-Jahren ihre ersten Schritte als selbstständige Autorin, hier lernte sie ihren zweiten Ehemann Peter Lustig kennen, den Moderator der Kindersendung „Löwenzahn“. „Das war bei uns beiden Liebe auf den ersten Blick, obwohl er ja fast 13 Jahre älter war. Er hat mich ein bisschen aus meiner Heimatlosigkeit befreit.“ Und in Berlin hatte sie 1977 auch die Idee zu dem sprechenden Elefanten mit einer Vorliebe für Zuckerstückchen: Benjamin Blümchen. „Natürlich entwickelte sich die Geschichte aus meiner eigenen Sehnsucht nach einer heilen Welt“, erklärt sie.
Die Abenteuer des Elefanten haben überhaupt nichts mit der Erfahrungswelt der Kinder zu tun gehabt, erzählt sie. Trotz oder gerade deswegen entwickelten sich die Geschichten zu einem gigantischen Erfolg.
Mehr als 60 Millionen Hörspiele wurden den Kiddinx-Studios zufolge verkauft. Allein von Benjamin Blümchen gibt es 143 Hörspielfolgen, eine Zeichentrickserie, 2019 kam ein Film in die Kinos. Bibi Blocksberg hat es auf 130 Hörspielfolgen, drei Kinofilme und eine Trickserie gebracht. Die Auskoppelung „Bibi und Tina“ immerhin auf 95 Hörspielfolgen und ganze vier Kinofilme. Elfie Donnelly hat damit nur noch wenig zu tun. Schon 1988 trat sie ihre Rechte ab. Ein radikaler Schritt, einer, der sie finanziell einiges gekostet haben dürfte. Inzwischen ist sie nach eigener Aussage wieder in geringem Maße beteiligt. Bereuen tut sie die Entscheidung aber bis heute nicht. „Ich brauchte damals die Freiheit“, erzählt sie.
Sie wollte nicht mehr an Serien und Verträge gebunden sein, sondern „tabula rasa“ machen. Das führte sie und Peter Lustig unter anderem für mehrere Jahre in den Ashram des Gurus Bhagwan nach Indien. „Ich war auf Sinnsuche. Und Peter hatte als Flüchtlingskind viele Traumata durchlebt.“ Die beiden waren knapp 18 Jahre liiert, haben einen gemeinsamen Sohn und blieben auch nach ihrer Scheidung Freunde. Seitdem sie die Rechte abgetreten hat, beschäftigt sie sich nur noch wenig mit ihren Schöpfungen. Weder hört sie sich die neueren Hörspielfolgen an, noch schaut sie sich die Filme an – mit einer Ausnahme: „Bibi und Tina fand ich zu sexualisiert. Das ist nicht mehr meine Bibi“, sagt sie.
Aber auch ohne Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg wurde der Autorin in den vergangenen Jahren nicht langweilig. Nachdem sie mit zwei Krimis einen kurzen Ausflug in die Erwachsenenliteratur wagte, kehrte sie schnell wieder zu ihren Wurzeln zurück und veröffentlichte diverse Hörspiele für Kinder. Aktuell schreibt sie neue Folgen für ihre Hörspielserie „Draculino“ über einen kleinen Jungen, der zuerst in einem katholischen Waisenhaus, dann bei gutmütigen Vampiren aufwächst. Das Stück komme deutlich politischer daher als die früher, findet sie.
Denn trotz ihres für die damalige Zeit unkonventionellen Lebensstils – der Sohn aus der ersten Ehe wuchs ab seinem vierten Lebensjahr für einige Jahre beim Vater auf – gerieten ihre frühen Figuren recht klassisch. In den Bibi-Blocksberg-Hörspielen können zwar nur die Frauen der Familie hexen. Vater Blocksberg bleibe aber der Chef, findet Donnelly. „Das würde ich heute anders machen“, sagt die Autorin. Die Hörspiele seien eben ein Kind ihrer Zeit: „Auch wenn ich selbst ganz anders gelebt habe, hatte ich immer im Hinterkopf, wie es eigentlich sein müsste.“
Ginge es nach ihr, würde auch das Benjamin-Blümchen-Universum heute anders aussehen: Sie könne sich eine lesbische Karla Kolumna gut vorstellen, meint Donnelly. Die ein oder andere Sache haben ihre alten Stücke mit den neuen Hörspielen wie Draculino aber doch gemeinsam: „Es kommt mal wieder ein bestechlicher Bürgermeister vor – in meinen Hörspielen muss immer ein Politiker dabei sein, der seine Stellung ausnutzt“, sagt Donnelly und lacht.