Einzigartige Vielfalt Oberfranken ist Weltmeister der Genüsse

Roland Töpfer

Immer weniger Bäckereien und Metzgereien. Ihre Zahl nimmt massiv ab. Aber in einem wertvollen Punkt hält die Region ganz klar ihren Sonderstatus.

 
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In Oberfranken lassen sich über 300 regionale Spezialitäten genießen. Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Bayreuth/Hof/Coburg - Oberfranken ist ein Genussregion – Vielfalt wird großgeschrieben: In keinem anderen Landstrich der Welt gibt es, gemessen an der Zahl der Einwohner, mehr Bäckereien, Brauereien und Metzgereien, wirbt der Verein „Genussregion Oberfranken“. 2007 wurde er gegründet. Seitdem ist im Regierungsbezirk die Zahl der Metzgereien (minus 40 Prozent) und Bäckereien (minus 38 Prozent) drastisch gesunken, nur die der Brauereien legte leicht zu. Ist die Region noch Weltmeister, kann sie es bleiben?

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Auf der Website des Vereins wird dies klar bestätigt: „Wir haben Oberfranken mit Regionen in aller Welt verglichen und festgestellt: In Sachen Genuss halten wir gleich mehrere Weltrekorde. Gemessen an der Einwohnerzahl – denn nur so kann man unterschiedlich große Regionen vergleichen – gibt es in Oberfranken die meisten Bäcker- und Konditoreien, die meisten Metzgereien und die meisten Brauereien der Welt.“

Und das sei noch längst nicht alles. ,,Wir Oberfranken haben auch die meisten Brennereien und Mühlen, das größte Süßkirschen- und Meerrettichanbaugebiet Europas, die meisten Teichwirte, den ältesten archäologischen Brauereifund Deutschlands, das Wiener Würstchen kreiert, die ersten Kartoffeln im Land angebaut und wohl auch den Kloß erfunden.“

Mehr als 300 regionale Spezialitäten und Gerichte könne man genießen. Oberfranken sei die erste Region Deutschlands, die ihr kulinarisches Erbe vollständig erforscht habe. Die deutsche UNESCO-Kommission habe dies gewürdigt und die Genussregion in die Liste zum Erhalt des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Doch die Anzahl der Metzgereien und Bäckereien in Oberfranken ist dramatisch rückläufig. Bernd Sauer, Geschäftsführer der oberfränkischen Handwerkskammer (HWK), teilt auf Nachfrage mit, dass Ende Juni noch 283 Bäckereien, 411 Metzgereien und 176 Brauereien in der Handwerksrolle eingetragen waren. Zum Vergleich: Ende des Jahres 2007, dem Gründungsjahr der Genussregion, waren es 431 Bäckereien, 651 Metzgereien und 163 Brauereien.

Es sei allerdings zu beachten, meint Sauer, dass sich vor allem bei Bäckereien die Zahl der Filialen je Betrieb erhöht habe, also die Zahl der Verkaufsstellen nicht so stark gesunken sei wie die Betriebszahlen. Bei Konditoreien habe es sogar einen Zuwachs von 62 auf 70 gegeben. Bei den Brauereien sei der rückläufige Trend 2015 gebrochen worden, die Zahlen würden wieder steigen.

Warum gibt es in manchen Bereichen des Handwerks immer weniger Betriebe? Die Gründe sind vielfältig, sagt Sauer. Bei vielen Betrieben fehle es schlichtweg an geeigneten Nachfolgern. „Das ist aber übrigens kein handwerks- beziehungsweise lebensmittelspezifisches Problem. Es betrifft die gesamte Wirtschaft.“ Dazu komme dann noch das Thema fehlender Berufsnachwuchs. Das Handwerk habe aber auch viele Chancen. Trends hin zur Regionalität, zu Premiumprodukten und zur qualitätsorientierten Ernährung würden Bäckern und Metzgern in die Hände spielen.

Sauer fordert ein Umdenken in Politik und Gesellschaft – und vor allem in den Köpfen der Eltern. Als Ergebnis müsse feststehen: „Ein Metzgermeister oder eine Bäckermeisterin haben gleichwertige Karrieremöglichkeiten, oder gar bessere, wie ein Hochschulabsolvent.“

Oberfranken sei die erste Region in Deutschland, die ihr kulinarisches Erbe komplett erfasst und beschrieben habe. „Dieses jahrhundertealte Wissen bleibt der Nachwelt erhalten. Also nein, den Sonderstatus der Genussregion sehe ich nicht gefährdet. Dies gilt übrigens auch für unsere Brennereien, Mühlen, Teichwirte, unsere Streuobstwiesen, unsere Braugerste, unsere Direktvermarkter mit ihren Spezialitäten, den Meerrettich etc.“

Am 20. Oktober gibt es einen Lebensmittelgipfel in Kulmbach, der die große Bedeutung der Lebensmittelhandwerke in der in den Mittelpunkt stellen will. Und die Verbraucher noch stärker davon überzeugen soll, dass es sich lohnt, beim Bäcker und Metzger vor Ort einzukaufen.